• 20.08.2025, 08:08:33
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  • OTS0008

Urteil gegen Religions- und Meinungsfreiheit: Katar verurteilt angesehenen Bahá’í-Bürger zu fünf Jahren Haft

Die Verurteilung von Remy Rowhani stößt international auf Empörung und macht die religiöse Diskriminierung in Katar deutlich.

Die Verurteilung des Bahá’í Remy Rowhani stößt international auf
Empörung und macht die religiöse Diskriminierung in Katar deutlich.
Wien (OTS) - 

Ein Gericht in Doha hat den Vorsitzenden des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in Katar, Remy Rowhani, am 13. August 2025 zu fünf Jahren Haft verurteilt – einzig wegen der friedlichen Ausübung seiner Religion und seines Rechts auf freie Meinungsäußerung. Darauf machten die Internationale Bahá’í-Gemeinde (BIC) und Human Rights Watch (HRW) in einer gemeinsamen Erklärung vom 15. August aufmerksam.

Rowhani, ein hochangesehener Bürger Katars und ehemaliger Direktor des Regionalbüros der Internationalen Handelskammer für den Nahen Osten und Nordafrika, war bereits am 23. Dezember 2024 am internationalen Flughafen von Doha festgenommen worden, als er zu einem Kurzurlaub aufbrechen wollte. Seine Haft wurde seither mehrfach verlängert, während sich sein Gesundheitszustand zunehmend verschlechtert. Elf UN-Experten zeigten sich kürzlich „zutiefst besorgt“ über seine Behandlung und die anhaltende Diskriminierung der Bahá’í in Katar.

Ein zentraler Auslöser der Anklage waren zwei Social-Media-Accounts, die die Bahá’í in Katar vertreten und mit Rowhanis Kontaktdaten verknüpft sind. Seit fünf Jahren veröffentlichen sie Zitate aus Bahá’í-Schriften sowie Glückwünsche zu islamischen und nationalen Feiertagen. Die katarische Justiz behauptet, der Account habe religiöse Werte verletzt. In Wirklichkeit verbreitete er jedoch universelle Prinzipien wie die Einheit Gottes, den Dienst an der Menschheit und die Ehrung der Eltern, wie Human Rights Watch betonte.

Dennoch wird der 71-jährige Rowhani laut Gerichtsakten auf Grundlage von Artikel 259 des Strafgesetzbuches beschuldigt, eine Ideologie zu verbreiten, die „die Grundlagen des Islam in Frage stellt“, soziale Werte zu verletzen und „destruktive Prinzipien“ zu fördern. Darüber hinaus wurde er gemäß Artikel 8 des Gesetzes zur Verhütung von Cyberkriminalität von 2014 und Artikel 47(b) des Gesetzes über Veröffentlichungen von 1979 wegen „Verstoßes gegen soziale Werte“ und der „Verbreitung zerstörerischer Grundsätze“ angeklagt.

Die Internationale Bahá’í-Gemeinde (BIC) analysierte zudem mehrere Fatwas, die von katarischen Religionsbehörden erlassen und dem Ministerium für Stiftungen und Islamische Angelegenheiten zugeordnet wurden. Diese offenbaren tiefsitzende religiöse Vorurteile, die Hass und Diskriminierung gegen die Bahá’í schüren und ihre Anhänger als „Ungläubige“ diffamieren. Mehrere dieser Fatwas wurden auch im Gerichtsurteil gegen Rowhani zitiert.

„Das Urteil gegen Remy Rowhani ist ein schwerer Rückschlag für die Menschenrechte in Katar. Wir appellieren an die katarischen Behörden, seine sofortige Freilassung zu ermöglichen“, erklärte Isma Forghani, Menschenrechtsbeauftragte der Bahá’í-Gemeinde in Österreich. „Dies wäre ein wichtiges Signal an die internationale Gemeinschaft, dass Katar seinen Anspruch auf Toleranz und den Schutz religiöser Minderheiten ernst nimmt.“

Die Diskriminierung der Bahá’í in Katar hat eine lange Geschichte. Seit über 80 Jahren versucht die Gemeinde vergeblich, mit den Behörden über Missstände ins Gespräch zu kommen. Aufenthaltsgenehmigungen wurden entzogen, Führungszeugnisse verweigert und Familienzusammenführungen blockiert. Diese Politik bedroht mittlerweile das Fortbestehen der gesamten Gemeinschaft.

Ein ähnliches Muster zeigt sich international: In Ägypten und im Jemen sind Bahá’í ebenfalls Ausgrenzung ausgesetzt. Im Iran hingegen, wo sie die größte nicht-muslimische Minderheit bilden, werden sie systematisch verfolgt – ein Vorgehen, das Human Rights Watch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet. Ein aktuelles Beispiel ist Isfahan: Dort beschlagnahmten die Behörden Häuser und Eigentum von mehr als 20 Bahá’í – oft ohne Gerichtsverfahren, teils sogar nur per SMS – unter Missbrauch von Artikel 49 der iranischen Verfassung.

„Artikel 49 wurde geschaffen, um gestohlenes Eigentum zurückzugeben – nicht, um Menschen ihre Lebensgrundlagen zu rauben. Was wir derzeit in Isfahan erleben, ist staatlich organisierter Diebstahl“, erklärte Isma Forghani in einer OTS-Mitteilung vom 15. August. „Heute kann eine einzige SMS Jahrzehnte harter Arbeit zunichtemachen. Der Missbrauch von Artikel 49 treibt Familien gezielt in Armut, raubt ihnen Haus und Habe und nimmt ihnen sogar den Zugang zu medizinischer Versorgung."

Unter den vielen Persönlichkeiten, die ihre Empörung über diese Praxis geäußert haben, ist auch die iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi. Sie schrieb am 18. August auf X: “Ich habe hautnah miterlebt, wie meine Bahá’í-Freunde und Mitbürger mit großem Einsatz und Verantwortung gearbeitet haben – und wie ihre mühsam erarbeiteten Errungenschaften von der Regierung beschlagnahmt wurden. (...) Die Enteignung Bahá’í Eigentums verletzt Gerechtigkeit, missachtet grundlegende Bürger- und Menschenrechte und greift Ethik wie Menschlichkeit an. (...) Ich fordere, dass dies sofort beendet wird”.

Human Rights Watch:

https://www.hrw.org/news/2025/08/15/qatar-five-year-sentence-for-bahai-dignitary-on-abusive-charges

UN-Menschenrechtsexperten:

https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/07/qatar-un-experts-gravely-concerned-about-discrimination-against-bahai

OTS-Mitteilung:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20250815_OTS0027/iran-willkuerliche-enteignung-von-bah-in-isfahan-per-sms-aufgrund-ihres-glaubens

Rückfragen & Kontakt

Menschenrechtsbeauftragte
Mag Isma Forghani
Telefon: public@at.bahai.org

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