• 31.07.2025, 11:38:04
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OeNB-BLOG: Kein Trumpf gegen Trump: Auswirkungen des Zollabkommens zwischen der EU und den USA auf Österreich

Wien (OTS) - 

Am 27. Juli 2025 einigten sich die EU und die USA über die grundsätzliche Ausgestaltung eines neuen Handelsabkommens. Ziel der EU war es, einen unmittelbar drohenden Handelskrieg abzuwenden und noch höhere US-Importzölle (30 %) ab dem 1. August zu verhindern. In diesem Beitrag erläutern wir, was diese Vereinbarung umfasst, welche Branchen besonders betroffen sind und welche ökonomischen Effekte kurzfristig zu erwarten sind.

Im Mittelpunkt des Abkommens steht ein einheitlicher Zollsatz von künftig 15 % auf nahezu alle Waren, die aus der EU in die USA exportiert werden. Darunter fallen insbesondere Fahrzeuge und Pharmazeutika. Für Stahl- und Aluminiumerzeugnisse gilt weiterhin der erhöhte Zollsatz von 50 %. Hingegen wird kein Zoll auf Flugzeuge, Flugzeugkomponenten sowie bestimmte Medikamente, Chemikalien, landwirtschaftliche Produkte, seltene Erden und Chip-Herstellungsausrüstungen eingehoben.

Neben der Erhöhung der US-Zollsätze akzeptiert die EU:

  • in den kommenden Jahren amerikanische Energieprodukte (vor allem Flüssigerdgas) um 750 Mrd US-Dollar zu kaufen

  • bis zu 600 Mrd US-Dollar in den USA zu investieren, worunter aber auch Importe der Rüstungsindustrie und KI-Chips fallen.

  • die Zölle der EU auf Fahrzeuge und landwirtschaftliche Produkte aus den USA stark zu reduzieren bzw. vollständig abzuschaffen.

Die Reaktionen auf die Vereinbarung sind geteilt. Politische Vertreter:innen begrüßen die Vereinbarung. Sie sorge für mehr Planungssicherheit, verhindere eine Spirale wechselseitiger Zollerhöhungen und trägt zumindest unmittelbar zu keinen weiteren sicherheitspolitischen Spannungen zwischen den USA und Europa (Ukraine, etc.) bei. Andere wiederum kritisieren den Kompromiss und meinen, dass die EU ihn sich teuer erkauft habe. Außerdem hat die EU versprochen, mehr Produkte aus den USA zu kaufen und dort zu investieren. Das mache die EU wirtschaftlich stärker von den USA abhängig.

Mittels des globalen Input-Output-Modells der OeNB (siehe unseren Blog vom 7.5.2025) haben wir die unmittelbaren Auswirkungen der nun geltenden US-Zölle auf die Wirtschaftsleistung in Österreich und der EU simuliert.

Das österreichische Bruttoinlandsprodukt (BIP) sinkt durch die Zollerhöhungen um 0,2 %. Das ist ein moderater Rückgang. Einzelne Branchen sind aufgrund der hohen Bedeutung der USA als Absatzmarkt und der Höhe der Zölle jedoch deutlich stärker betroffen. Am stärksten sinkt die Wirtschaftsleistung in den Branchen Herstellung von pharmazeutischen und medizinischen Erzeugnissen (–2,1 %), Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (–1,4 %) und Metallerzeugung und -bearbeitung (–0,8 %).

Für die EU zeigt sich ein gleich starker BIP-Rückgang wie für Österreich. Irland ist mit einem Rückgang von 1,2 % am stärksten betroffen. Das liegt an den hohen Pharmazieexporten in die USA. Aus diesem Grund sind Dänemark (–0,4 %) und Belgien (–0,3 %) ebenfalls überdurchschnittlich betroffen.

Diese Ergebnisse zeigen nur die unmittelbaren Rückgänge aufgrund der internationalen Produktions- und Lieferverflechtungen. Ein weiterer dämpfender Faktor ist das hohe Ausmaß an Unsicherheit, das durch die unberechenbare US-Zollpolitik hervorgerufen wird. Unserer Einschätzung nach bringt die Vereinbarung zwar kurzfristig etwas mehr Planungssicherheit. Das Abkommen muss aber noch im Detail verhandelt werden und die US-Handelspolitik könnte weiterhin unberechenbar bleiben. Deshalb bleibt die Unsicherheit bestehen, was mittelfristig zu höheren Wachstumsverlusten führen könnte.

(Autoren des Blogs: Martin Schneider, Richard Sellner, beide OeNB)

Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten müssen nicht zwingend mit den Ansichten der OeNB bzw. des Eurosystems übereinstimmen.

Rückfragen & Kontakt

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Mag. Marlies Schroeder, MiM
Telefon: +43-1-404 20-6900
E-Mail: marlies.schroeder@oenb.at
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