- 17.07.2025, 13:23:02
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Aktuelle Stunde im Bundesrat zu psychischer Gesundheit an Schulen
Breite Mehrheit für Einführung von Orientierungsunterricht
In einer Aktuellen Stunde im Bundesrat diskutierte heute Bildungsminister Christoph Wiederkehr mit den Mandatar:innen unter dem Titel "Starke Schule - starke Gesellschaft" über das Maßnahmenpaket der Bundesregierung für psychische Gesundheit und Prävention an Schulen.
Mit breiter Mehrheit befürworteten die Bundesrät:innen zudem eine Gesetzesnovelle zur Einführung von Orientierungsunterricht. Zugewanderte, quereinsteigende Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, die keinerlei Vorerfahrung aus einem beständigen Bildungssystem haben, sollen ab September für die Dauer von maximal sechs Monaten in Orientierungsklassen auf den Unterricht im österreichischen Schulsystem vorbereitet werden. In der Sitzung dazu eingebrachte Anträge der FPÖ blieben in der Minderheit.
Schule als sicherer Ort: Mehr Schulpsychologie und Schulsozialarbeit
Um sicherzustellen, dass die Schule "ein sicherer Ort" sei, habe die Bundesregierung intensiv daran gearbeitet, ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Unterstützung der psychosozialen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auf den Weg zu bringen und schnell zu implementieren, sagte Wiederkehr. Vorgesehen sei die schrittweise Verdopplung der Planstellen für Schulpsychologie in den kommenden Jahren, die deutliche Stärkung der Schulsozialarbeit, psychosoziale Begleitmaßnahmen für Schüler:innen bei Schulsuspendierungen und die Evaluierung und Erweiterung von Krisenplänen in Schulen. Ein Schwerpunkt solle auch auf die Stärkung der Prävention durch Workshops an Schulen gelegt werden. Wichtig sei es, an den Schulen über psychische Gesundheit zu reden und über Beratungsangebote zu informieren, so der Bildungsminister.
FPÖ: Jugend mit "brutalen Corona-Maßnahmen an die Wand gefahren"
Das vorgelegte Maßnahmenpaket lindere Symptome, statt Ursachen anzupacken. Diese würden in der "verfehlten Politik der Einheitspartei" liegen, kritisierte Isabella Theuermann (FPÖ/K). Die Jugend sei mit "brutalen Corona-Maßnahmen an die Wand gefahren" und in einer prägenden Phase ihres Lebens "eingesperrt, isoliert und mit Maskenpflicht und Lockdowns gequält" worden. Auch für die FPÖ habe die Gesundheit der Jugend höchste Priorität, aber die "ideologisch eingefärbten Maßnahmen" der Bundesregierung seien nicht nur naiv, sondern auch zynisch. Denn bei derart strukturellen Problemen würden "ein paar Workshops und Sesselkreise" nicht helfen, so Theuermann. In Wien stehe man vor den Trümmern des ehemalig berühmten und großartigen Wiener Bildungssystems", meinte Nikolaus Amhof (FPÖ/W). Am schlimmsten sei die Situation in Volksschulen mit einem Anteil von außenordentlichen Schüler:innen von 45 %, sagte er.
Wiederkehr betont Komplexität der Situation
Zu der von der FPÖ vorgebrachten Kritik sagte Bildungsminister Christoph Wiederkehr, dass alle westlichen Demokratien ähnliche Probleme im Bildungsbereich hätten. Die Analyse der FPÖ, dass die österreichische Bundesregierung alleine die Probleme verursacht habe, sei "zu kurz gedacht" und der "komplexen Situation nicht ansatzweise gerecht". Es sei richtig, dass die Corona-Pandemie massive Auswirkungen bis heute habe. Daneben würden internationale Krisen Verunsicherungen bei jungen Menschen auslösen und die Nutzung von Social Media negative Auswirkung auf die Gesundheit und das eigene Empfinden haben. Auch die starke Migration insbesondere aus Bereichen, aus denen "weniger hohe Bildungsabschlüsse nach Österreich mitgebracht werden", sei eine "irrsinnige Herausforderung" für das Schulsystem in Österreich, aber auch in anderen Ländern, so der Bildungsminister. Aufgrund dieser Analyse würde die Bundesregierung Maßnahmen in all diesen Problembereichen setzen, so Wiederkehr.
ÖVP: Schulpsychologie mehr Raum geben
Bernhard Ruf (ÖVP/OÖ) drückte seinen Stolz auf das österreichische Bildungs- und Schulsystem aus, in dem jeder und jede jederzeit die Möglichkeit hätte, den höchsten Bildungsabschluss zu erreichen. Doch aus seiner eigenen Zeit als Lehrer wisse er, wie schwer es sei, den einzelnen Bedürfnissen der Schüler:innen gerecht zu werden. Daher begrüßte Ruf eine Entlastung der Lehrkräfte durch den Ausbau der Schulpsychologie, der auch in der Lehrkräfteausbildung noch mehr Raum gegeben werden solle. Zudem zeigte er sich nach persönlichen Erfahrungen von "fast Käfighaltung in Konferenzzimmern" erfreut über angekündigte Maßnahmen zur Attraktivierung des Lehrberufs. Margit Göll (ÖVP/NÖ) forderte, dass in Schulen "niemand übersehen" werde. Die Gründe, warum Schüler:innen leiden, seien vielfältig. Belasten würden die Zeit der Pubertät, in der Körper und Seele aus dem Gleichgewicht geraten, der Krieg in Europa, die Klimakrise und familiäre Unsicherheit.
SPÖ: Schüler:innen bei der Entwicklung von Maßnahmen einbinden
Die junge Generation lebe in "einer Zeit, in der Krisen der neue Normalzustand" seien und die Schule, die eigentlich Halt geben solle, bedeute für viele nur noch Druck, sagte Amelie Muthsam (SPÖ/NÖ). Schule sei für viele ein Ort, an dem zwar die Noten zählen, das eigene Wohlbefinden aber oft nicht. Wenn man Angst vor der nächsten Stunde habe, sei dies keine starke Schule, so Muthsam. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) meinte, dass ein noch proaktiverer Zugang bei Suspendierungen und Schulabbrüchen notwendig sei. Gemeinsam mit der Kinder- und Jugendhilfe solle nachgesehen werden, wo sich Kinder und Jugendliche, "die von der Bildfläche verschwunden sind", aufhalten und wie diese unterstützt werden könnten. Zudem forderte sie den Bildungsminister auf, die Jugend bei der Entwicklung neuer Maßnahmen miteinzubinden.
NEOS: Psychische Gesundheit ins Zentrum rücken
Julia Deutsch (NEOS/W) betonte, dass psychische Gesundheit in das Zentrum der Bildungspolitik gerückt werden müsse. Psychische Belastungen habe es auch schon vor den aktuellen Krisen gegeben - doch früher sei nicht darüber gesprochen worden. Dies werde nun anders gemacht und dafür sei es höchste Zeit, so Deutsch. Wichtig sei Prävention, denn es dürfe nicht erst reagiert werden, wenn es eskaliere.
Grüne: Dauerhafte und flächendeckende Strukturen aufbauen
Die Realität an Schulen sei alarmierend und dies sei auch nicht erst seit gestern bekannt, sagte Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/OÖ). Prävention dürfe nicht "ein Projekt" sein, es brauche "verbindliche, dauerhafte und flächendeckende Strukturen", forderte sie. Pro Schule sei mindestens eine fixe Schulsozialarbeiterin oder ein fixer Schulsozialarbeiter nötig, um für die Schüler:innen zur Vertrauensperson zu werden. Außerdem fehle es insbesondere auch an Unterstützung für Lehrkräfte, die Kinder mit Inklusionsbedarf betreuen, so die Mandatarin.
Orientierungsklassen ab September
Die Gesetzesnovelle zur Schaffung der Orientierungsklassen ab September sieht zusätzlich auch die Einführung digitaler Studierendenausweise an Pädagogischen Hochschulen vor. Zudem wurden in das Anstellungserfordernisse-Grundsatzgesetz neue Ausbildungsangebote für Elementarpädagog:innen aufgenommen. Keine Mehrheit gab es für zwei während der Debatte eingebrachte Entschließungsanträge der FPÖ. Mit diesen forderten die Freiheitlichen Sofortmaßnahmen gegen Mobbing und Gewalt an Schulen sowie ein Verbot des Tragens von Kopftüchern oder Verschleierung für Lehrerinnen und Schülerinnen in öffentlichen Pflichtschulen. (Fortsetzung Bundesrat) bea/mbu
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