• 11.07.2025, 15:14:04
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Meinl-Reisinger sieht "kleines Fenster der Hoffnung" für Frieden in Nahost

Fragestunde im Nationalrat: Israel, Gaza, Türkei, Ukraine und Entwicklungszusammenarbeit im Zentrum

Wien (PK) - 

Am Beginn des letzten Sitzungstages des Nationalrats vor Tagungsende stand Außenministerin Beate Meinl-Reisinger den Abgeordneten Rede und Antwort. Themen waren unter anderem die Lage im Nahen Osten, der Krieg in der Ukraine, die Situation in der Türkei, Energieimporte aus Russland und Prioritäten der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Meinl-Reisinger betonte die Bedeutung aktiver Diplomatie in Konfliktregionen, verwies auf ein "kleines Fenster der Hoffnung" im Nahost-Friedensprozess und unterstrich Österreichs sicherheitspolitisches wie wirtschaftliches Interesse an einer stabilen Ukraine. Auch Rückführungsabkommen, internationale Sanktionen und der Reformbedarf in der Entwicklungszusammenarbeit wurden von den Abgeordneten angesprochen.

Meinl-Reisinger über Friedensoptionen im Nahen Osten

Zu der Lage im Nahen Osten und den verschiedenen Konfliktlagen hielt Meinl-Reisinger grundsätzlich fest, dass der Diplomatie wieder der Weg geebnet werden sollte. Sie berichtete auf Nachfrage Andreas Minnichs (ÖVP) von verschiedenen Reisen, etwa nach Ägypten, Jordanien und Israel und erklärt, dass sie derzeit ein "kleines Fenster der Hoffnung und der Option auf Frieden" sehe. So könne etwa die Freilassung der israelischen Geiseln eine Grundlage für eine Befriedung des Gaza-Krieges bieten. Insbesondere die USA, Katar und Ägypten seien maßgeblich daran beteiligt, für Stabilität in der Region zu sorgen und damit auch die Basis für wirtschaftliche Prosperität zu schaffen. Dieses Fenster sollte laut Meinl-Reisinger auch genutzt werden, um etwa weitere Friedensverträge Israels etwa mit dem Libanon, Syrien und Saudi Arabien abzuschließen.

Die österreichische Bundesregierung werde die Friedensbemühungen "nach Leibeskräften" unterstützen, da es auch im "ureigensten Interesse" Europas liege, mit einer Stabilisierung der Region etwa auch Fluchtursachen auszuräumen, antwortete Meinl-Reisinger etwa Sebastian Schweighofer (FPÖ). Auch die Forcierung von Rückführungsabkommen sei neben der Schaffung legaler Migrationswege für ausgebildete Arbeitskräfte ein Anliegen ihrer Reisen gewesen.

In Israel habe sie "freundschaftliche, aber sehr ernste Gespräche" über die "unerträgliche humanitäre Situation" in Gaza geführt, berichtete Meinl-Reisinger der Abgeordneten Pia Maria Wieninger (SPÖ). Auch wenn diese die Beziehungen Israels zur EU belasteten, habe Österreich nicht für eine Aussetzung des Assoziierungsabkommens gestimmt, um die "Gesprächskanäle offen zu halten". Schließlich sei in Israel nun ein Kabinettsbeschluss gefasst worden, durch den wieder weitere Hilfslieferungen nach Gaza zugelassen werden sollen. Ihre Sorge äußerte Meinl-Reisinger auch über die Handlungen extremistischer israelischer Siedler:innen im Westjordanland, da diese eine Zweistaatenlösung - an der nicht nur Österreich festhalte - erschweren würden. Sanktionen gegen die Siedler:innen seitens der EU seien an einem Veto Ungarns gescheitert.

Im Konflikt zwischen Israel und dem Iran, den Andreas Minnich (ÖVP) ansprach, führe ebenfalls kein Weg an einer Verhandlungslösung vorbei und Österreich habe sich für die Gespräche als Schauplatz angeboten, so Meinl-Reisinger. Es sei jedenfalls im Interesse Österreichs, einen nuklear bewaffneten Iran zu verhindern.

Für die aktuelle Situation in der Türkei interessierten sich Petra Bayr (SPÖ) und Süleyman Zorba (Grüne). Meinl-Reisinger erklärte angesichts der Verhaftung von Ekrem İmamoğlu, dem ehemaligen Bürgermeister Istanbuls, sowie von über 100 weiteren Oppositionspolitiker:innen, dass die dortige "Repressionswelle eine neue Dimension erreicht" habe. Die Rückschritte in der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit würden auch das Verhältnis zur EU belasten, deren Mitgliedstaaten in dieser Frage geschlossen auftreten und etwaige Schritte gegen die Türkei "überlegen" müssten. Meinl-Reisinger selbst habe bereits im Juni gegenüber ihrem türkischen Amtskollegen Hakan Fidan ihre Sorge zum Ausdruck gebracht.

Ukraine: Unterstützung nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch aus Eigeninteresse

Der Krieg in der Ukraine "tobt mit Brutalität" weiterhin, nur Wochen nachdem sich die ukrainische Führung zu einem umfassenden Waffenstillstand bekannt habe, erklärte Meinl-Reisinger gegenüber Dominik Oberhofer (NEOS). Es sei wichtig, dass dieser Krieg angesichts anderer weltpolitischer Krisengebiete nicht aus dem Fokus gerate. US-Präsident Donald Trump habe Russland einen "guten Weg" zur Beendigung des Konflikts aufgezeigt, doch Wladimir Putin sei an Frieden offenbar nicht interessiert und halte an seinen Maximalforderungen fest. Der Druck auf Russland müsse nun erhöht werden, um Putins Verhandlungsbereitschaft zu erhöhen. "Am Tag von Frieden zu sprechen und in der Nacht Zivilisten anzugreifen" sei keine glaubwürdige Position, so Meinl-Reisinger. Christian Oxonitsch (SPÖ) antwortete sie, dass es Österreich auch ein großes Anliegen sei, einen Sondergerichtshof zur Verfolgung russischer Kriegsverbrechen einzurichten. Gespräche dazu seien auch in Wien abgehalten worden.

Meinl-Reisinger betonte zudem gegenüber Andreas Minnich (ÖVP), dass Österreich die Ukraine nicht nur aus moralischen Gründen unterstütze. Es liege in Österreichs Interesse als kleinem Land, dass derartige Verletzungen des Völkerrechts "nicht Schule machen". Zudem befinde sich die Ukraine in einer "Pufferlage" zu Russland, das offensichtlich an keiner Normalisierung der Beziehung zu Europa interessiert sei. Beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Juni seien mehrere Vereinbarungen unterzeichnet worden, die unter anderem die wirtschaftliche Zusammenarbeit insbesondere beim Wiederaufbau der Ukraine zum Gegenstand hatten, berichtete Meinl-Reisinger. Hier biete sich auch der österreichischen Wirtschaft eine "Riesenchance".

Harald Thau (FPÖ) fragte, welche Mittel die Außenministerin Selenskyj trotz der eigenen angespannten Budgetlage Österreichs zugesagt habe. Meinl-Reisinger bezeichnete es als "ein bisschen schäbig, das eine gegen das andere auszuspielen", da die "Dimensionen nicht vergleichbar" seien. Man habe der Ukraine zur Ausstattung von Schulen und Kindergärten mit Schutzräumen 3 Mio. Ꞓ zur Verfügung gestellt.

Zur Frage der Energieimporte aus Russland, nach der sich Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und Meri Disoski (Grüne) erkundigten, erklärte Meinl Reisinger, dass Österreich den Vorschlag der Kommission, diese Importe bis 2027 zu beenden, unterstütze. Österreich habe sich Anfang dieses Jahres bereits von russischem Gas "befreit". Es sei jedoch notwendig, diese Frage vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit Europas zu betrachten und auch die Preisentwicklung "ehrlich zu evaluieren". Die Sanktionen müssten dem Sanktionierten mehr schaden, als den Initiatoren. Meinl-Reisinger betonte, dass man die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen dürfe und mit einer Diversifizierungsstrategie Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten und damit "Erpressbarkeit" vermeiden müsse.

Entwicklungszusammenarbeit, Verteidigungspolitik und weitere Themen

Ein weiteres Thema in der Fragestunde war die Entwicklungszusammenarbeit. So bezweifelte etwa Axel Kassegger (FPÖ) die Effizienz und Effektivität einiger "fragwürdiger Projekte", etwa zur Erhöhung der Akzeptanz von COVID-19-Impfungen in Georgien und Armenien. Auch Gudrun Kugler (ÖVP), Henrike Brandstötter (NEOS) und Antonio Della Rossa (SPÖ) fragten nach der Mittelverwendung angesichts der angespannten Budgetlage. Außenministerin Meinl-Reisinger anerkannte ebenfalls dieses Spannungsfeld und die Notwendigkeit der Wahrung österreichischer Interessen. In diesem Sinne müsse die Entwicklungszusammenarbeit effizienter werden und Doppelgleisigkeiten vermieden werden. Besonders der Rückzug einiger Staaten wie der USA aus der Entwicklungszusammenarbeit bereite ihr "große Sorgen", sagte Meinl-Reisinger. Doch Österreich "kann und will" diesen Rückzug angesichts der eigenen Budgetlage nicht kompensieren - dies wäre den Steuerzahler:innen nicht zumutbar. Das Niveau der österreichischen Entwicklungshilfe sei jedoch immer noch hoch. Es gelte, klare Priorisierungen zu treffen und etwa durch ein verbessertes Monitoring "mit jedem eingesetzten Euro" mehr Wirkung zu erzielen, so Meinl-Reisinger.

Volker Reifenberger (FPÖ) und David Stögmüller (Grüne) thematisierten darüber hinaus die österreichische und europäische Verteidigungspolitik. So äußerte Reifenberger neutralitätsrechtliche Bedenken bezüglich des Verteidigungsabkommens zwischen der EU und Kanada. Österreich sei verpflichtet, an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU mitzuwirken, antwortete Meinl-Reisinger. Die EU könne "völlig demokratisch legitimiert" auch Kooperationen in diesem Bereich eingehen. Kanada sei dahingehend ein "wunderbarer Partner", der die europäischen Werte teile. Österreich werde weiterhin ein verlässlicher sicherheitspolitischer Partner sein und an der "Vollendung der Verteidigungsunion" mitarbeiten, um den Frieden auch für die nächsten Generationen zu sichern, so Meinl-Reisinger.

Weiters interessierten sich Christofer Ranzmeier (FPÖ) und Josef Hechenberger (ÖVP) für Südtirol, wo Meinl-Reisinger "bedeutsame Fortschritte" bezüglich der Revision des Autonomiestatuts sieht. Gudrun Kugler (ÖVP) sprach die dänische EU-Ratspräsidentschaft und die Lage in Georgien an. Elke Hanel-Torsch (SPÖ) thematisierte den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan. (Fortsetzung Nationalrat) wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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