• 10.07.2025, 19:34:32
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Nationalrat: Dringlicher Antrag der Grünen zu deutlicher Verschärfung des Waffengesetzes abgelehnt

Regierungsfraktionen wollen Novelle des Waffengesetzes im Sommer erarbeiten, FPÖ spricht sich gegen generelles Waffenverbot aus

Wien (PK) - 

Mit einem Dringlichen Antrag setzten sich die Grünen heute im Nationalrat für eine deutliche Verschärfung des Waffengesetzes ein. Habe bisher ein Waffenverbot als Ausnahme gegolten, solle zukünftig der Waffenbesitz die Ausnahme bilden, so die Forderung der kleinsten Oppositionspartei. Die Grünen begründeten dies mit dem starken Anstieg legaler Schusswaffen sowie deren zunehmende Verwendung bei Gewaltverbrechen. ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ stimmten mehrheitlich gegen den Antrag. Während die Regierungsparteien darauf verwiesen, dass "mit Hochdruck" an einer Gesetzesnovelle des Waffenrechts gearbeitet werde und im September beschlossen werden solle, lehnte die FPÖ ein generelles Waffenverbot ab.

Die Bundesregierung habe die Lehren aus dem Attentat in Graz gezogen und werde die Maßnahmen zur Verschärfung des Waffengesetzes so rasch wie möglich umsetzen, betonte Staatssekretär Jörg Leichtfried. Sicherheit müsse ein Grundrecht und kein Privileg sein. Das Waffenrecht sei "viel zu liberal", das sehe er ähnlich wie die Grünen, so der Staatssekretär. Deswegen habe man bereits im Juni eine Novellierung auf den Weg gebracht. Daneben seien aber auch Präventionsmaßnahmen wichtig. Leichtfried verwies etwa auf die geplante Verdoppelung der Mittel für schulpsychologische Betreuung. Prävention bedeute, hinzusehen bevor etwas passiert.

Grüne fordern "Prinzipienumkehr"

Werner Kogler (Grüne) sagte, es müsse Schluss damit sein, dass es in Österreich "einen quasi mehr oder weniger selbstverständlichen Anspruch" darauf gebe, sich als Privater nicht nur eine Waffe, sondern, wenn man will, sogar ein "ganzes Waffenarsenal" anlegen könne. Er forderte eine Prinzipienumkehr für den Privatwaffenbesitz: Statt "Freiheit für Waffen" solle "Freiheit von Waffen" gelten, meinte Kogler. Österreich habe eines der "laschesten Waffengesetze in Europa" und es sei eine Illusion, dass mehr Waffen in Händen von vielen für mehr Sicherheit sorgen würden, betonte Kogler. Auch mit legalen Waffen würde immer mehr "Unfug und Böses" passieren, meinte Kogler und drückte seine Sorge darüber aus, dass die Bundesregierung mit der bereits angekündigten Gesetzesnovelle "nur an Schräubchen" drehen und im Großen nichts verändern" werde. Akuten Handlungsbedarf sah auch Alma Zadić (Grüne), die betonte, dass die Menschen in Österreich zu den "am stärksten bewaffneten Bevölkerungen" gehörten.

Agnes Sirkka Prammer (Grüne) forderte mehr Mut seitens der Regierungsparteien ein. Immerhin würden laut Umfragen 75 % der Österreicher:innen Waffen im Privatbesitz ablehnen. Zudem hätten bisher rund 100.000 Menschen eine diesbezügliche Petition unterzeichnet. Sie wolle nicht, dass eine weitere Frau sterbe, "weil wir nicht den Mut hatten, die Lücken im Waffengesetz zu schließen, erklärte Meri Disoski (Grüne).

FPÖ: "Generelle Waffenverbote beschränken und bestrafen rechtstreue Bürger"

Kein Waffengesetz - egal wie streng - hätte die Tat vor einem Monat am BORG Dreierschützengasse in Graz verhindern können, sagte Volker Reifenberger (FPÖ). Denn hätte der Täter keinen legalen Zugriff zu Waffen gehabt, hätte er sich diese wohl illegal am Schwarzmarkt besorgt - dies wäre "wohl schneller und günstiger gegangen", so Reifenberger. Er meinte daher, dass es sogar "ein Glück" gewesen sein könnte, dass der Täter legale und nicht illegale vollautomatische Waffen verwendet habe, da dies die Opferzahl wohl erhöht hätte. Die Grünen würden sich mit ihrem heutigen Dringlichen Antrag als "Verbotspartei" entlarven, denn generelle Waffenverbote würden "rechtstreue Bürger beschränken und bestrafen". Eine Entwaffnung der eignen Bevölkerung sei typisch für totalitäre Regime, so Reifenberger.

Die Grünen würden sich einen Kriminalfall "herauspicken", um ihren Kampf gegen Waffen fortzuführen, kritisierte Susanne Fürst (FPÖ). Internationale Vergleiche würden zeigen, dass weniger legale Waffen und ein strengeres Waffenrecht nicht mehr Sicherheit bedeuten. Ein angenommener Antrag der Grünen würde im Gegensatz dazu die Botschaft "Tun Sie was sie wollen" an Kriminelle aussenden, so die FPÖ-Mandatarin. Ihr Fraktionskollege Christian Ragger (FPÖ) sprach sich gegen "ideologisch motivierte Einschränkungen" des Waffenrechts aus. Für Christian Lausch (FPÖ) wird mit dem Antrag der Grünen, der in der Praxis nichts bringen würde, kein einziger Anschlag verhindert. Immerhin würden 70 % der Straftaten mit illegalen Waffen verübt.

ÖVP: Gesetzesnovelle wird über den Sommer erarbeitet

Die Bundesregierung habe nach den schrecklichen Ereignissen in Graz sehr schnell ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, betonte Ernst Gödl (ÖVP) und ging darauf ein, dass derzeit eine Novelle zur Verschärfung des Waffengesetzes in Ausarbeitung sei. Der Innenausschuss werde daher nicht in die Sommerpause geschickt, kündigte Gödl an.

Das "schreckliche Attentat" zeige "dringenden Handlungsbedarf" auf, unterstrich Margreth Falkner (ÖVP). Es sei die Aufgabe der Politik, überlegt und faktenbasiert "an allen möglichen Schrauben zu drehen". Neben einem schärferen Waffenrecht brauche es aber auch strengere nationale und europäische Regeln für den Umgang mit sozialen Medien, meinte Falkner.

SPÖ: Mehr an Waffen bedeutet mehr Tote

Derzeit werde an der "größten Verschärfung seit es das Waffengesetz gibt" gearbeitet, betonten Maximilian Köllner und Julia Elisabeth Herr (beide SPÖ). Denn ein Mehr an Waffen bedeute nicht mehr Sicherheit, sondern mehr Tote. Daher solle es künftig strenge Zugangs- und Eignungsvoraussetzungen für den Besitz einer Waffe geben. Es könne nicht sein, dass es schwieriger sei, einen Fahrradführerschein zu machen, als sich als 18-Jähriger eine Schrotflinte zu kaufen, so Köllner.

Es gebe keine Studie und kein Land der Welt, wo durch die Bewaffnung der Bevölkerung die Sicherheit gestiegen wäre, hielt Melanie Erasim (SPÖ) der FPÖ entgegen. Die SPÖ-Mandatarin bezeichnete die Freiheitlichen als "Sprachrohr der Waffenlobby". Man wolle mit einem modernen Waffengesetz alles politisch Mögliche tun, um Taten wie in Graz künftig bestmöglich zu verhindern.

NEOS: Strenger Waffengesetze senken Zahl an Frauenmorden

Henrike Brandstötter (NEOS) ging auf den Schutz von Frauen vor tödlicher Gewalt ein. Im Durchschnitt würden in Österreich pro Monat zwei Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet. Ein erheblicher Anteil dieser Morde werde mit Schusswaffen begangen, die oft von den Tätern legal besessen würden. Studien würden zeigen, dass strengere Waffengesetze die Zahl an Femiziden senke - insbesondere jene, die mit Schusswaffen verübt werden, so Brandstötter. Deshalb arbeite die Regierung "mit Hochdruck" an einer Verschärfung des Waffenrechts, betonte Brandstötter.

Auch für Martina von Künsberg Sarre (NEOS) sind neben der Änderung der Waffengesetze Präventionsmaßnahmen, wie etwa der Ausbau der schulpsychologischen Betreuung, wichtig. Hier gebe es "noch viel Luft nach oben". Die Menschen in Graz würden sich von der Politik erwarten, "das wir was zusammenbringen", so die NEOS-Abgeordnete. (Fortsetzung Nationalrat) bea/med

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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