- 26.05.2025, 10:04:02
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AVISO: Pressegespräch "Encampment" – Lager in der sowjetischen Besatzungszone Österreichs 1945 - 1955
Dokumentation und virtuelle Karte
Das Forschungsprojekt „Encampment“ identifizierte und dokumentierte rund 250 Lager, die während der Nachkriegszeit von 1945 bis 1955 auf dem Gebiet der damaligen sowjetischen Besatzungszone (Niederösterreich, Burgenland, Teile Oberösterreichs und Wiens) existierten. Die Informationen und Materialien wurden auf einer Website mit Online-Lagerkarte gesammelt, die im Rahmen eines Pressegesprächs in Wien am 3. Juni 2025 präsentiert wird.
Lager sind jene Orte, an denen sich die sozialen, politischen und menschlichen Folgen von Krieg und Besatzung in besonderer Deutlichkeit zeigen. In der sowjetischen Besatzungszone Österreichs – in Niederösterreich, dem Burgenland, dem nordöstlichen Oberösterreich (Mühlviertel) sowie in mehreren Bezirken Wiens – bestanden zwischen 1945 und 1955 zumindest rund 250 Lager zur Unterbringung von Personen verschiedenster Herkunft. Lager existierten hier in den unterschiedlichsten Formen – von Anhalte- und Arbeitslagern über Frontlager, Wohnlager, Firmenlager, Entlausungslager, Sammel-, Durchgangs-, Entlassungs- und Auffanglager bis hin zu Überprüfungs-, Repatriierungs- und Filtrationslagern.
Das vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und dem Land Niederösterreich geförderte Forschungsprojekt Encampment (Grant-DOI: 10.55776/P34085) erschließt nun dieses bislang weitgehend unbeachtete Terrain und macht die Erkenntnisse der Öffentlichkeit online zugänglich.
Mit Hilfe umfangreicher Analyse von Zeitzeugenerinnerungen und -interviews, Literatur- sowie Quellenanalysen – unter anderem aus Gemeinde-, Stadt- und Landesarchiven, dem Österreichischen Staatsarchiv und internationalen Dokumentationszentren und Archiven wie den Arolsen Archives – wurden bislang rund 250 Lager systematisch identifiziert und auf einer digitalen Lagerkarte verortet und beschrieben. Die Website dokumentiert damit erstmals systematisch die historische Lagerlandschaft der sowjetischen Besatzungszone und lädt dazu ein, dieses bislang kaum sichtbare Kapitel österreichischer Geschichte zu erkunden.
Das Forschungsprojekt, das der Website zugrunde liegt, wurde zwischen Anfang 2022 und Ende 2024 unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Barbara Stelzl-Marx am Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung durchgeführt – in Kooperation mit dem Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung, der FH St. Pölten sowie dem Institut für Geschichte der Universität Graz.
Hinter den einzelnen Lagern verbirgt sich eine enorme Bandbreite von Funktionen und Nutzungen. Untergebracht wurden hauptsächlich sieben Gruppen von Insassen: sowjetische Front- und/oder Besatzungssoldaten, ehemalige sowjetische Kriegsgefangene, ehemalige Repressierte des NS-Regimes (Zwangsarbeiter:innen und KZ-Insassen), österreichische und deutsche Kriegsgefangene (ehemalige Wehrmachtsangehörige), Flüchtlinge, Vertriebene und Umsiedler, ehemalige Nationalsozialist:innen sowie aus dem Ausland rückkehrende bzw. rückgeführte Österreicher:innen. Obgleich die ursprünglichen Planungen der Sowjetunion eine rasche Repatriierung oder Weiterreise der meisten dieser Gruppen vorgesehen hatten, existierten manche Lager länger als beabsichtigt und wurden so zu einem langfristigen Provisorium.
Die Ergebnisse des Projektes Encampment geben Einblick in eine bislang fast vergessene Lagerlandschaft im besetzten Nachkriegsösterreich, die die Lebensrealität hunderttausender Menschen verschiedenster Nationen in den ersten beiden Nachkriegsjahren zwar nur kurzfristig, aber dafür umso nachhaltiger geprägt hat. Die online verfügbare Lagerkarte dokumentiert nicht nur den aktuellen Forschungsstand, sondern versteht sich auch als offenes Projekt. Hinweise auf bislang nicht erfasste Lager, ergänzende Informationen oder insbesondere Bildmaterial sind ausdrücklich willkommen. Die Arbeit an Encampment ist nicht abgeschlossen, sondern lädt zur Mitwirkung weiterer Fachleute und Interessierter ein.
Weitere Informationen zum Projekt, zur Karte und zum Forschungsteam finden Sie ab 3. Juni 2025 auf der Projektwebsite: https://encampment-bik.lbg.ac.at/
Präsentation der Ergebnisse und der Online-Lagerkarte
- Dienstag, 3. Juni 2025, 11:00 Uhr
- Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung
Georg Coch-Platz 2, 1010 Wien - Kontakt: Mag. Dieter Bacher
+43 316 380 8263
dieter.bacher@bik.ac.at
Moderation
- Dieter Bacher, wissenschaftlicher Mitarbeiter LBI für Kriegsfolgenforschung/Universität Graz
Begrüßung
- Barbara Stelzl-Marx, Universität Graz, Leiterin LBI für Kriegsfolgenforschung
- Christof Gattringer, Präsident des FWF
- Hermann Dikowitsch, Leiter Abteilung Kunst und Kultur Land Niederösterreich
- Johannes Pflegerl, Leiter Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung
Zu Projekt und Website
- Katharina Bergmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, LBI für Kriegsfolgenforschung
In Kooperation mit FH St. Pölten, Universität Graz und Ludwig Boltzmann Gesellschaft. Gefördert von Das Land Steiermark, Stadt Graz und first (Forschungsnetzwerk Interdisziplinäre Regionalstudien).
Rückfragen & Kontakt
Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung
Mag. Dieter Bacher
Telefon: +43 316 380 8263
E-Mail: dieter.bacher@bik.ac.at
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