- 14.12.2023, 15:10:59
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Das Architekturzentrum Wien trauert um Herwig Udo Graf (1940–2023)
Mit den in den letzten Jahren durch zahlreiche Ausstellungen und Publikationen wieder in den Fokus gerückten Bauten des Brutalismus wurden auch dessen Architekten einer längst überfälligen Neubewertung unterzogen. Als einer der österreichischen Hauptvertreter dieser Architekturströmung konnte sich Herwig Udo Graf in einem Klima des Aufbruchs, das für Bauschaffende im Burgenland ab den 1960er-Jahren ein großes Betätigungsfeld eröffnete, rasch etablieren. Geboren am 04.02.1940 in Wiener Neustadt erwarb er nach Abschluss seines Architekturstudiums an der TU Wien (1964) durch die Teilnahme an zahlreichen Wettbewerben und beste Kontakte in Politik und Wirtschaft eine Reputation, die ihn – neben Matthias Szauer – vor allem in den 1970er-Jahren zu den meistbeschäftigen Architekten der Region machte.
Da es im jüngsten Bundesland Österreichs lange an ausreichender öffentlicher Infrastruktur mangelte, sollte ein umfangreiches Investitionsprogramm ab den 1960er-Jahren eine Modernisierung herbeiführen. Diese schlug sich vor allem in der Errichtung öffentlicher Bauten wie Schulen, Gemeindeämter, Krankenhäuser, Hallenbäder und Kulturzentren nieder. Man stellte damit einerseits sicher, dass die Burgenländer*innen flächendeckend Zugang zu Bildung und Kultur erhielten und überzog andererseits das Burgenland mit identitätsstiftender Architektur, die sich hauptsächlich am Brutalismus orientierte.
Grafs Œuvre umfasste praktisch jede Typologie, die für eine funktionierende Versorgung mit Infrastruktur benötigt wurde. Neben der Errichtung von Freibädern und ihren zugehörigen Bauten (1966-1969 Freibad Kaisersdorf, 1969 Seebad mit Seerestaurant in Breitenbrunn, 1968-1970 Yachtclub Rust am Neusiedlersee), waren das etwa das Finanzamt Eisenstadt (1968-1972), die Sparkasse Sauerbrunn in Mattersburg (1970-1972), das Parkhotel Mikschi in Eisenstadt (1970-1973), drei Aufbahrungshallen (1972-1975 in Kaisersdorf, Weingraben und Nickelsdorf) oder der Landtagssitzungssaal der burgenländischen Landesregierung in Eisenstadt (1991).
Der Fokus von Herwig Udo Graf lag aber zweifellos in der Errichtung von zahlreichen Bildungsbauten, unter denen besonders das Kulturzentrum in Mattersburg (1973–1976) – eine Ikone des burgenländischen Brutalismus – in der nationalen wie internationalen Rezeption eine Sonderstellung einnahm. Als eines der Leuchtturmprojekte der sozialdemokratischen Kulturpolitik im Burgenland eröffnet es im Mai 1976 als erstes von insgesamt fünf Kulturzentren (Mattersburg, Güssing, Jennersdorf, Oberschützen und Eisenstadt). Gemeinsam mit einer Hauptschule und einer Sporthalle bildete das KUZ ein städtebauliches Ensemble. Inzwischen ist ein Teilabbruch erfolgt, die Erhaltung des brutalistisch-sozialdemokratischen Erbes stieß auf Widerstand.
Herwig Udo Graf zeichnete sich mit seinen behutsam in die Landschaft gesetzten Bauten rund um den Neusiedlersee auch als Pionier des Holzbaus im Burgenland aus. Nun verstarb er 83-jährig am 12. Dezember 2023. Sein Archiv ist seit 2017 im Bestand der Sammlung des Architekturzentrum Wien und bleibt somit der Nachwelt erhalten.
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