• 06.05.2022, 10:04:58
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Pandemie führt 2021 erstmals seit mehr als 20 Jahren zu einem Leistungsbilanzdefizit

Nationalbank präsentiert österreichische Zahlungsbilanz für 2021

Utl.: Nationalbank präsentiert österreichische Zahlungsbilanz für
2021 =

Wien (OTS) - Die mit der globalen Pandemie verbundenen
wirtschaftlichen Einschränkungen haben erstmals seit mehr als 20
Jahren zu einem Leistungsbilanzdefizit Österreichs in Höhe von 2,1
Mrd EUR geführt. Der weiterhin stark beeinträchtigte Reiseverkehr war
dafür ebenso ausschlaggebend wie die durch gestiegene Energiepreise
beeinflusste negative Güterbilanz. Österreichische
Technologiedienstleistungen stießen im Ausland auf wachsende
Nachfrage und lösten den massiv eingebrochenen Tourismus als
wichtigsten Exportsektor im Dienstleistungshandel vorerst ab. Im
grenzüberschreitenden Kapitalverkehr bauten heimische Investoren ihre
Forderungen in Form von Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen
deutlich aus und profitierten gleichzeitig von hohen
Bewertungsgewinnen.

„Österreichs Außenwirtschaft war auch 2021 in hohem Maß durch die
globalen Auswirkungen der Pandemie beeinträchtigt“, erklärte
Vize-Gouverneur Gottfried Haber im Rahmen einer Pressekonferenz in
der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). „Unterbrochene
Lieferketten, steigende Energiepreise sowie volatile Märkte werden
Österreichs Wirtschaft auch in unmittelbarer Zukunft ebenso
beinträchtigen wie die unabwägbaren Folgen des Kriegs in der
Ukraine“, ergänzte Haber. Die Leistungsbilanz zeigte im Jahr 2021 mit
–2,1 Mrd EUR bzw. –0,5 Prozent des BIP zum ersten Mal seit dem Jahr
2001 ein Defizit, da die Importe (+23 Prozent) deutlich stärker
anwuchsen als die Exporte (+18 Prozent). Im Jahr 2020 war noch ein
Überschuss in Höhe von 7,2 Mrd EUR verzeichnet worden.
Ausschlaggebend für das Leistungsbilanzdefizit war der infolge der
Pandemie eingebrochene Reiseverkehr, der mit 2,0 Mrd EUR nur noch ein
geringes Plus lieferte. Gleichzeitig drehte die Güterbilanz – vor
allem bedingt durch verteuerte Energieimporte – ins Defizit (–1,7 Mrd
EUR).

Güterexporten in Höhe von 168,5 Mrd EUR (+22 Prozent gegenüber 2020)
standen Importe von 170,2 Mrd EUR (+26 Prozent) gegenüber. Wichtigste
Partnerregion war 2021 weiterhin der Euroraum, auf den mehr als die
Hälfte des Güter- und Dienstleistungshandels entfiel. Die Länder
Zentral-, Ost- und Südosteuropas standen für rund ein Fünftel des
Handelsvolumens.

Die im österreichischen Außenhandel dominierende Warengruppe der
Maschinen und Fahrzeuge, die rund ein Drittel der Güterein- und
-ausfuhren ausmacht, legte exportseitig um 13 Prozent und
importseitig um 17 Prozent zu. In allen Warengruppen konnten
deutliche Zuwächse im Vergleich zum Vorjahr, aber auch gegenüber dem
Jahr 2019 verzeichnet werden. Bemerkenswert sind die hohen
Zuwachsraten in den Warengruppen „Erdöl und Erdgas“ sowie
„Rohstoffe“, die auf starke Preissteigerungen im Jahr 2021
zurückzuführen sind.

„Abseits des klassischen Außenhandels, also der Ein- und Ausfuhr von
Waren über die österreichische Grenze, gewannen internationale
Produktions- und Vertriebsketten für die Wertschöpfung in Österreich
an Bedeutung“, erklärte Johannes Turner, Direktor der
OeNB-Hauptabteilung Statistik. Dahinter steckt vor allem technisches
Know-how, das aus Österreich stammt und im Zuge des Technologie- und
Digitalisierungsschubs während der Pandemie verstärkt nachgefragt
wird. Treibende Kraft sind multinationale Unternehmen, die in
Österreich große Forschungs- und Produktionsstätten betreiben.
„Technologiedienstleistungen wurden 2021 zum wichtigsten
österreichischen Exportsektor, da der Reiseverkehr infolge der
Pandemie dramatisch eingebrochen war. Die Exporterlöse wuchsen 2021
um fast 14 Prozent auf 17,7 Mrd EUR“, ergänzte Turner.

Österreichs Tourismuserlöse sanken gegenüber 2019, dem Niveau vor
Ausbruch der Pandemie, um mehr als die Hälfte und markierten einen
historischen Tiefpunkt von 8,8 Mrd EUR bzw. 2,2 Prozent des BIP. Im
Zuge der Pandemie hat Deutschland, das langfristig für den heimischen
Tourismus zulasten von Fernmärkten an Bedeutung verloren hatte, bei
sinkenden Nächtigungszahlen seinen Anteil als Herkunftsmarkt auf fast
zwei Drittel deutlich erhöht. Der vergleichsweise geringe Rückgang
der Nächtigungen aus Deutschland wurde durch die regionale Nähe zu
Österreich, die eine Anreise per PKW ermöglicht, begünstigt und
federte die Verluste im österreichischen Tourismus ab.

Österreichs grenzüberschreitender Kapitalverkehr war 2021 vor allem
durch den Aufbau von Wertpapierpapierforderungen und
Unternehmensbeteiligungen im Ausland gekennzeichnet. „Aufgrund
außergewöhnlich hoher positiver Bewertungseffekte, vor allem bei den
Wertpapierinvestitionen, stieg der Stand der Nettoforderungen
Österreichs 2021 gegenüber dem Ausland um 24 Mrd EUR an“, hob
Vize-Gouverneur Haber hervor.

Im Zuge der Pandemie wurde 2020 und 2021 deutlich mehr in
ausländische Aktien und Investmentfondszertifikate investiert als in
den Jahren davor. Die Bewertungsgewinne im Jahr 2021 führten dazu,
dass sich die vermehrten Investitionen auch rentierten.

Auf Erholungskurs lag 2021 das Geschäft mit grenzüberschreitenden
Unternehmensbeteiligungen, während im ersten Pandemiejahr 2020
deutliche Einbußen zu verzeichnen waren. Mit 215,9 Mrd EUR erreichten
aktive Direktinvestitionen im Ausland einen historischen Rekordstand.
Umgekehrt markierten ausländische Veranlagungen in Österreich mit
175,1 Mrd EUR ebenfalls eine Höchstmarke. Die beschleunigte
Entwicklung im Bereich der Digitalisierung und Technologie im Zuge
der Pandemie ist auch in den Direktinvestitionen zu beobachten. So
lukrierten Österreichs Start-ups in der Informations- und
Kommunikationsbranche sehr erfolgreich ausländisches Kapital (+0,6
Mrd EUR).

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