- 22.11.2020, 22:00:02
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" vom 23. November 2020 von Peter Nindler "Modellfall Südtirol"
Innsbruck (OTS) - Landeshauptmann Kompatscher ist es gelungen, die
Menschen aktiv zur Teilnahme an den Corona-Massentests zu bewegen:
unaufgeregt, aber zielgerichtet. Die Regierung in Wien sollte sich
deshalb an Südtirol und nicht an der Slowakei orientieren.
Unaufgeregt, konsequent und ohne öffentliche Inszenierung: So geht es
in der Corona-Krise auch, Südtirol macht’s derzeit vor.
Landeshauptmann Arno Kompatscher (Südtiroler Volkspartei) ist ein
politischer Krisenmanager auf Höhe der Zeit, der weder untertreibt
noch aufbauscht. Sachlich und nüchtern hat er seine Landsleute bisher
durch die für Südtirol ebenfalls schmerzliche Pandemie geführt. Wohl
wissend, dass die am Wochenende durchgeführten Massentests
keinesfalls das Virus beseitigen, aber möglicherweise ein wichtiger
Beitrag zur Eindämmung seiner Verbreitung sind. Andererseits hat die
österreichische Bundesregierung eine Woche benötigt, um die
freiwilligen Massentests in Südtirol überhaupt zu registrieren. Die
Slowakei war Wien offenbar näher als der südliche Teil Tirols.
Die jetzige Einschätzung von Gesundheitsminister Rudi Anschober
(Grüne) über den „Modellfall Südtirol“ ist zumindest mehr als
zutreffend: „Es zeigt sich, dass wir aus den Erfahrungen aus Südtirol
einiges lernen können – vor allem, dass eine durchgehende
Digitalisierung, deren durchgehende Funktionsfähigkeit trotz
Extrembelastung und die richtige Kommunikation entscheidend sind.“
Südtirol macht vieles richtig, was die österreichische Regierung in
den vergangenen Wochen bei der Krisenbewältigung vermissen ließ.
Nicht nur die Bevölkerung wird mitgenommen, wie die Teilnahme an den
Massentests beweist, sondern auch die Gemeinden, die Vereine und
Zivilschutzorganisationen. Innerhalb weniger Tage wurde mit ihnen
gemeinsam ein funktionierendes Netz für die Abwicklung der
Massentests geknüpft. Das könnte sich die heimische Politik zum
Vorbild nehmen, denn infrastrukturell tickt Südtirol ähnlich wie
viele Bundesländer.
Entscheidend für die Durchführung von Massentests sind einmal mehr
die Kommunikation und ein glaubwürdiges Konzept, nicht die
häppchenweise verabreichte politische Ausgestaltung. Südtirols
Landeshauptmann Arno Kompatscher ist es jedenfalls gelungen, die
Menschen aus einer passiven „Ich schütze mich“-Position in eine
aktive Rolle zu holen. Denn für die freiwilligen Tests benötigt es
nun einmal das Vertrauen der Bevölkerung und ihren Beitrag, sich
aktiv testen zu lassen.
In Österreich wird hingegen zuerst angekündigt und erst danach das
Programm erstellt. Das schürt Misstrauen und lässt die Menschen
ratlos zurück. Auch deshalb sollte die Regierung öfter nach Südtirol
blicken als in die Slowakei.
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