• 09.02.2019, 22:00:01
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Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 10. Feber 2019. Von LIANE PIRCHER. "Die große Last des Verdrängens".

Innsbruck (OTS) - Und wieder debattiert die Kirche über eine neue
Offenheit und einen Kulturwandel. Sie läuft Gefahr, ihre
Glaubwürdigkeit zu verspielen.

Wie viele Jahre diskutieren wir schon über den Zustand der
katholischen Kirche? Zum wievielten Male reden wir über aufgedeckte
Missbrauchsfälle, deren mangelnde Anerkennung und Aufarbeitung, über
das Fehlen unmittelbarer Konsequenzen und seine systematische
Vertuschung? – Zu lange. Wie schwer der Kirche die Aufarbeitung von
Missbrauch fällt, hat das jüngste TV-Gespräch von Kardinal Christoph
Schönborn mit dem Missbrauchsopfer Doris Wagner gezeigt. Die
beschuldigte Ordensgemeinschaft bestritt im Anschluss jegliche
Schuld. Wieder einmal. Da nützt es wenig, den Kardinal für „neue
Offenheit und mutige Positionen“ zu loben. Offenen Ohres muss man
aber hinhören, wenn Schönborn sagt, dass es innerhalb der Kirche an
einem gemeinsamen Bewusstseinsstand fehle. Das heißt, viele
Würdenträger glauben auch mehr als zehn Jahre nach Aufbrechen erster
Missbrauchsfälle den Opfern noch immer nicht. Sie wollen nicht sehen,
dass es sich um ein strukturelles Problem handelt, das Missbrauch
begünstigt. Eines, das nicht länger verteidigt werden kann.
Die Kirche hat ein großes Problem, das viel mit der Verdrängung und
systematischen Abwertung von Sexualität zu tun hat. Es ist gut, wenn
dazu Stimmen über Frauenpriestertum und das Zölibat laut werden. Aber
auch das hatten wir schon oft gehört. Wie lange will sich die Kirche
noch herumwinden, um sich einzugestehen, dass sie ein gestörtes
Verhältnis zur Sexualität hat? Auch ewige Predigten gegen schwule
Christen, gegen Kondome und gegen künstliche Befruchtung sprechen
nicht für Aufklärung. Ende Februar ruft der Papst die Bischöfe der
Welt nach Rom zu einem Krisengipfel über sexuellen Missbrauch. Die
Kirche kann nicht leugnen, dass ihre Bindung zu den Christen
bröckelt. Auch wegen der Art, wie mit Missbrauch umgegangen wird.

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