- 08.11.2017, 22:00:01
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Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 9. November 2017. Von ALOIS VAHRNER. "Elchtest für kriselnde Sozialpartner".
Innsbruck (OTS) - Metaller-Lohnrunde, Clinch bei der Angleichung von
Arbeitern und Angestellten, Scheitern bei flexiblen Arbeitszeiten:
Die in Diskussion geratene Sozialpartnerschaft lieferte zuletzt nicht
gerade viele Argumente in eigener Sache.
Die österreichische Sozialpartnerschaft, die nach dem Krieg statt
Eskalation und offenem Konflikt wesentliche Entscheidungen über
Kompromisse am Verhandlungstisch zwischen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern ermöglichte, wurde oft gepriesen – und auch vom Ausland
vielfach als vorbildhaft angesehen. Immerhin war sie wesentlicher
Teil des Erfolgsweges, der Österreich zu einem der wohlhabendsten
Länder gemacht hat.
Das ist die Alpenrepublik noch immer, aber statt der tatkräftigen
Nebenregierung, als die sie sehr oft tituliert wurde, entwickelte sie
sich gerade in der jüngeren Vergangenheit zunehmend als Teil des sich
breitmachenden rot-schwarzen Polit-Stillstands. Besonders drastisch
drückte dies kürzlich ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling aus, der
meinte: „Die Sozialpartnerschaft ist tot, sie weiß es nur noch
nicht.“
Das ist wohl ein sehr überspitzter und übetriebener Befund, sehr viel
Sand im Getriebe steckt aber zweifellos: Die früher oft geäußerte
Kritik von Regierungen, dass die Sozialpartnerschaft zu mächtig sei,
weil ohne deren Sanktus wenig gehe, ist verstummt. Die
Sozialpartnerschaft ist in einer Krise, solange sie nicht oder kaum
noch imstande ist, die unmittelbarsten Fragen von Regeln von Arbeit
und Löhnen zu lösen, quasi ihr absolutes Kerngeschäft. Und das mitten
in den Debatten über Beibehaltung oder Abschaffung auch der
Pflichtmitgliedschaft in den Kammern.
Die Sozialpartner sind in einer Krise: Bei der Fixierung von
flexibleren Arbeitszeiten war man heuer spektakulär gescheitert und
musste sogar einräumen, dass dann eben die Politik die Frage lösen
wird müssen. Die (an sich überfällige) Angleichung von Arbeitern und
Angestellten wurde im Parlament beschlossen, jedenfalls an den
Arbeitgebern vorbei (und gegen die Stimmen der ÖVP). Das Vertrauen
erhöht hat auch dieser Schritt nicht gerade.
Schlecht lief bisher auch die Metaller-Lohnrunde. Die Arbeitgeber
boten zunächst gar keine Erhöhung und wollten zuerst als Bedingung
eine europäische Inflationsrate als Basis – die Lebenshaltungskosten
der Beschäftigten fallen aber schon noch in Österreich an. Die
Gewerkschaften pochten indes bis zuletzt auf völlig unrealistische 4
Prozent Lohnplus, als ob es keinen internationalen Wettbewerb gebe.
Nachdem zuvor vier Runden Mikado gespielt wurde, konnte Runde 5 nicht
plötzlich zum Erfolg führen. Statt Streiks wird jetzt heute doch
weiterverhandelt. Ein Elchtest für das Funktionieren der
Sozialpartnerschaft und den Willen beider Seiten, diese fortzuführen.
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