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Bezeichnung als „IS-Mörder“ verstößt gegen die Unschuldsvermutung

Wien (OTS) - Der Senat 1 des Presserats beschäftigte sich mit der Schlagzeile „Vom Bio-Händler zum IS-Killer“ und dem dazugehörigen Artikel „Mohamed H.: Vom Bio-Händler zum IS-Mörder“, erschienen am 7.07.2017 in der Tageszeitung „Österreich“. Nach Meinung des Senats verstoßen die Veröffentlichungen gegen den Punkt 5 des Ehrenkodex für die österreichische Presse (Persönlichkeitsschutz; Schutz der Unschuldsvermutung).

In den Veröffentlichungen wird über einen Mordfall in Oberösterreich berichtet. Der mutmaßliche Täter wird dabei als „IS-Killer“ bzw. als „IS-Mörder“ beschrieben und unverpixelt in Großaufnahme gezeigt. Nach Ansicht des Senats ist das ein Eingriff in den Schutz der Unschuldsvermutung: Der Verdächtige wird als „IS-Killer“ bzw als „IS-Mörder“ bezeichnet, obwohl er zum Zeitpunkt des Erscheinens der Veröffentlichungen noch nicht rechtskräftig wegen Mordes verurteilt war. Im letzten Satz des zu prüfenden Artikels wird zwar darauf hingewiesen, dass für den Tatverdächtigen der Schutz der Unschuldsvermutung gelte. In einer Gesamtbetrachtung hält dies der Senat jedoch nicht für ausreichend. Der Schlagzeile und auch der Überschrift des Artikels kommt ein eigenständiger Aufmerksamkeitswert zu.

Der Senat stellt den Ethikverstoß fest und fordert die Medieninhaberin auf, die Entscheidung in der Tageszeitung „Österreich“ freiwillig zu veröffentlichen.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINER LESERIN

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig. Im vorliegenden Fall führte der Senat 1 des Presserats aufgrund einer Mitteilung einer Leserin ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob ein Artikel den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht. Die Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats anerkannt.

Rückfragen & Kontakt:

Tessa Prager, Sprecherin des Senats 1, Tel.: 01/21312-1169

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