• 29.09.2017, 08:25:01
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  • OTS0011

Nationalratswahl ´17: Ergebnisse der Inklusions-Analyse der Wahlprogramme

Das sagen die Wahlprogramme der Parteien zu Inklusiver Bildung, Inklusiver Arbeit, Persönlicher Assistenz, Pflegegeld

Utl.: Das sagen die Wahlprogramme der Parteien zu Inklusiver
Bildung, Inklusiver Arbeit, Persönlicher Assistenz, Pflegegeld =

Wien (OTS) - Im Rahmen der 50-Jahr-Feier der Lebenshilfe Österreich
wurden gestern die Ergebnisse der Inklusions-Analyse der
Wahlprogramme vorgestellt. In anwesend vieler Gäste aus Parteien,
Ministerien, NGOs und aus den Lebenshilfen in ganz Österreich strich
die Lebenshilfe heraus, welche Parteien die Teilhabe aller Menschen
vorantreiben wollen und welche Schritte dabei laut Wahlprogrammen zu
erwarten sind. Besonderes Augenmerk galt der Chancengleichheit von
Menschen mit intellektuellen Behinderungen.

Wahlprogramme zeigen heterogene Parteienlandschaft hinsichtlich
Inklusion

„Im diesjährigen Wahlkampf zur Nationalratswahl gibt es zum einen
Parteien, die die Inklusions-Agenden aktiv vorantreiben indem sie
sich auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beziehen,
zum anderen Parteien, die Menschen mit Behinderungen zwar als
`Bereicherung für unsere Gesellschaft´ sehen, jedoch ohne
tatsächliche Umsetzungsvorschläge für ein inklusives Miteinander
vorzulegen“, so Germain Weber, Präsident der Lebenshilfe Österreich
und weiter: "Positiv ist zu bewerten, dass Persönliche Assistenz, die
Erhöhung des Pflegegelds und die Notwendigkeit von einfacher Sprache
von den Parteien mehrheitlich wahrgenommen werden. Es ist allerdings
noch viel zu tun in der Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention! Die Lebenshilfe wird weiterhin die
Rechte von Menschen mit Behinderungen mit aller Kraft einfordern."

Schule für alle: so denken die Parteien über Inklusive Bildung

Inklusive Bildung nimmt eine Schlüsselrolle für die Umsetzung von
Inklusion an, ist Voraussetzung für eine Inklusive Arbeitswelt und
selbstbestimmtes Leben.
„Im Bereich der Inklusiven Bildung driften die Ansichten der Parteien
weit auseinander. SPÖ und GRÜNE fordern die Umwandlung der
Sonderschulen in Regelschulen und betrachten Bildung als Schlüssel
für eine erfolgreiche Inklusion. Die ÖVP fördert die Segregierung,
indem sie Begabten-Förderung und statt Inklusion den klassischen
Integrations-Ansatz in den Vordergrund stellt. Hier wird
Chancengleichheit im Bereich Bildung nur im Sinne der Subsidiarität
gewährleistet, was bedeutet, dass Schule nicht für alle da ist. Die
NEOS dagegen sehen Schulen als Ort chancengerechter
gesellschaftlicher Durchmischung. Die FPÖ hält an der
Aufrechterhaltung von Sonderschulen fest und beruft sich auf das
Argument der Wahlmöglichkeit, lehnt jedoch auch die Gesamtschule für
10- bis 14-Jährige ab“, analysiert Lebenshilfe-Generalsekretär Albert
Brandstätter, "hier können turbulente Zeiten auf uns zukommen,
insbesondere schwarz-blau würde eine Bremse für die Schule für alle
bedeuten.“

Arbeit muss bezahlt werden: Forderung nach regulären
Arbeitsverhältnissen

Erwachsene Menschen mit Behinderungen arbeiten noch immer für ein
Taschengeld ohne sozialversicherungsrechtliche Absicherung.
„Die Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter der Lebenshilfe fordern
voll sozialversicherungspflichtige Stellen, auch in den Werkstätten.
Auch wenn laut ÖVP die Integrative Berufsausbildung und
Teilqualifizierung ausgebaut werden soll, die Erhöhung von
Taschengeld für Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten
arbeiten, geht an der Forderung nach regulären Arbeitsverhältnissen
deutlich vorbei. Diese wirkt dem Inklusionsgedanken und der
Durchlässigkeit des Arbeitsmarktes entgegen. Als
Diskriminierungsschutz im Bereich Arbeit fordern die GRÜNEN eine
Reform der Ausgleichstaxe und schlagen eine eigene AMS-Zielgruppe
`Menschen mit Behinderungen´ vor. Die SPÖ will für die Beschäftigung
von Menschen mit Behinderungen mehr Budget zweckgewidmet sichern und
Unternehmen unbürokratisch unterstützen. Die NEOS plädieren für die
Einführung von Teilarbeitsfähigkeit, so können jene Menschen
selbstbestimmter arbeiten, die nicht zu 100% arbeitsfähig sind und
entlasten dabei noch den Sozialstaat. Im Wahlprogramm der FPÖ finden
sich keine Vorschläge dazu. Gemessen an den Wahlprogrammen hoffen
wir, dass es in der nächsten Zeit deutliche Fortschritte im Bereich
der Inklusiven Arbeitswelt geben wird, das wäre auch
volkswirtschaftlicher. Mischformen, beispielsweise kleine
Angestelltenverhältnisse zusätzlich zur Arbeit in den Werkstätten,
werden sich verstärkt etablieren können, wenn Bund und Länder
gemeinsam an der Sache arbeiten“, unterstreicht Brandstätter.

Persönliche Assistenz für alle, die sie brauchen?

Derzeit wird Persönliche Assistenz nicht für alle gewährleistet, die
Unterstützung im Beruf, im Alltag und in der Freizeit brauchen um
selbstbestimmt in allen Lebensbereichen handeln zu können.
„Der Bedarf an Persönlicher Assistenz wird von den Parteien
neuerdings mehrheitlich wahrgenommen, die Notwendigkeit der
bundeseinheitlichen Regelung sowie die Ausweitung auch für Menschen
mit intellektuellen Behinderungen wird dabei speziell von der SPÖ und
den GRÜNEN gefordert. Die ÖVP spricht sich für Persönliche Assistenz
auch in der Freizeit aus, die FPÖ äußert sich nicht explizit zu
diesem Thema. Die NEOS machen ebenso keine direkte Aussage dazu,
sprechen allerdings von BürgerInnen-Geld, das die Selbstbestimmung
des Einzelnen fördert und die Persönliche Assistenz für alle die sie
brauchen finanzieren könnte. Eine Konsensfindung scheint in diesem
Bereich in Zukunft möglich, hier erwarten wir uns keine großen
politischen Wiederstände“, schlussfolgert Regina Senarclens de
Grancy, zuständig für Inklusionspolitik und Innovation bei der
Lebenshilfe, aus den Wahlprogrammen.

Pflegegeld: Jährliche Wertanpassung ist notwendig

„Damit das Pflegegeld zumindest im derzeitigen Wert erhalten wird,
muss es jährlich mit der Inflation erhöht werden. Durch
Nicht-Anpassung kam es in den letzten Jahren zu deutlichem
Wertverlust, das heißt zu deutlichen Abstrichen bei der Versorgung
pflegebedürftiger Personen. Selbst FPÖ etwa fordert dies schon
länger, gescheitert ist das Vorhaben stets am Finanzministerium. Die
NEOS schlagen sogar einen neuen Pflegefonds vor. Generell wollen alle
Parteien bis auf die ÖVP die jährliche Wertanpassung des
Pflegegeldes“, erläutert Brandstätter. Wir freuen uns über die
Forderungen von SPÖ und GRÜNEN , die Pflege auf eine solide
finanzielle Basis zu stellen und das Pflegegeld für
schwerstbehinderte Kinder anzuheben.

Einfache Sprache: So verständlich sind die Wahlprogramme der Parteien

Damit alle Österreicherinnen und Österreicher sich über die Ziele der
wahlwerbenden Parteien informieren können, braucht es Informationen
in einfacher Sprache. Das bedeutet einerseits die leicht
verständliche Ausdrucksweise, andererseits die Layoutierung in großer
Schriftart und ohne Kontraste.
„Im Bereich einfache Sprache nehmen wir allgemein eine positive
Entwicklung wahr. Waren bislang die Grünen Vorreiter in der
Veröffentlichung von Informationen in einfacher Sprache, ist das
Bewusstsein für deren Notwendigkeit heuer erstmals bei mehreren
Parteien zu beobachten. Das Programm der NEOS ist klar zu lesen, es
liegt auch eine Leichter Lesen-Version des Wahlprogramms vor. Die
GRÜNEN haben sowohl einen gut strukturierten Schriftsatz wie sogar
mehrere Varianten von Leichter Lesen-Versionen, beispielsweise auch
eine Version in Braille-Schrift. Das Programm der FPÖ ist in
einfacher Sprache gehalten und auch formal gut zu lesen. Auch die ÖVP
verwendet eine klare Sprache, allerdings ist das Programm an vielen
Stellen schwer zu lesen, etwa wenn kleine Schrift in weiß auf gelb
oder in weiß auf türkis gedruckt sind. Die SPÖ hält sich an
Formulierungen in einfacher Sprache, die Schrift ist dagegen eher
klein und mit unübersichtlicher Graphik ausgestaltet. Das Bewusstsein
für klare, einfache Sprache wächst, allerdings ist sicher, dass die
Wahlprogramme nicht allen Österreicherinnen als gute
Wahlinformationen dienen", fasst Brandstätter zusammen.

Mehr Infos und Details zur Inklusions-Analyse der Wahlprogramme:
www.lebenshilfe.at

Pressemitteilung in einfacher Sprache

Wahl 2017: So inklusiv sind die Wahlprogramme der Parteien

Die Lebenshilfe hat sich die Wahlprogramme genau angesehen.
Die Wahlprogramme zeigen, was die Parteien in Zukunft für Inklusion
tun wollen.
Es gibt Parteien, die konkrete Ziele zur Umsetzung vorschlagen.
Andere Parteien gehen wenig bis gar nicht auf Inklusion ein.
Die Ergebnisse wurden erstmals bei der Geburtstagsfeier der
Lebenshilfe am Donnerstag 28. September vorgestellt.

Inklusive Bildung
Die SPÖ und die GRÜNEN machen sich für Inklusive Bildung stark.
Auch die NEOS sehen Schulen als Ort für alle.
Nur ÖVP und FPÖ setzen sich nicht für eine Schule für alle ein.

Inklusive Arbeit
Arbeit muss bezahlt werden. Wir wollen volle Sozial- und
Pensionsversicherung. Das sehen auch die SPÖ, die GRÜNEN und die
NEOS so. Die ÖVP dagegen will nur das Taschengeld in den Werkstätten
erhöhen.

Persönliche Assistenz
Individuelle Unterstützung ist an die eigenen Bedürfnisse angepasst
ist. Man merkt, dass dieses Thema den meisten Parteien wichtig ist.
Wir erwarten, dass es in Zukunft hier positive Entwicklungen geben
wird.

Pflegegeld
Die Erhöhung des Pflegegeldes wird schon seit längerem gefordert,
selbst von der FPÖ. Die Umsetzung scheiterte stets an den Finanzen.
Bis auf die ÖVP haben alle Parteien diese Forderungen in ihre
Wahlprogramme aufgenommen. SPÖ, NEOS und GRÜNE wollen genug Geld
dafür geben, dass Pflege auch in der Zukunft gut abgesichert ist, und
besonders Familien mit schwerstbehinderten Kindern helfen.

Einfache Sprache: Wie verständlich sind die Wahlprogramme?
Das Bewusstsein für einfache Sprache wächst.
Früher waren es nur die GRÜNEN, die sich um klare Sprache bemüht
haben.
Mittlerweile bemühen sich alle Parteien um einfache Ausdrucksweise.
Die NEOS haben das Wahlprogramm in einfache Sprache übersetzt. Bei
den GRÜNEN gibt es sogar mehrere Leichter Lesen-Versionen und eine in
Braille-Schrift.

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