- 14.03.2017, 20:16:27
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Von den Pauschalreisen bis zum Kartellrecht: Justizausschuss setzt EU-Vorgaben um
Weitere Beschlüsse: Anpassungen bei der Gerichtsorganisation, Zeitgeschichte-Curriculum für angehende RichterInnen und StaatsanwältInnen
Utl.: Weitere Beschlüsse: Anpassungen bei der Gerichtsorganisation,
Zeitgeschichte-Curriculum für angehende RichterInnen und
StaatsanwältInnen =
Wien (PK) - Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben sind der Hintergrund
eines Pauschalreisegesetzes sowie von Änderungen im Firmenbuchgesetz
und im Kartell- und Wettbewerbsrecht, die der Justizausschuss heute
verabschiedete. Auf den Weg ins Nationalratsplenum schickten die
Abgeordneten auch eine Novelle zum Gerichtsorganisationsgesetz, die
vor allem praxisgerechte Anpassungen - so etwa bei den
Sicherheitsmaßnahmen - enthält. Grünes Licht kam aus dem Ausschuss
zudem für ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Rechtshilfe
in Strafsachen und für weitere Beitritte zum Übereinkommen über die
zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung.
Die Opposition wiederum brachte mit einer Reihe von Anträgen
Themenbereiche wie das Scheidungs- und Unterhaltsrecht, die
Strafobergrenzen von jungen Erwachsenen oder die strafrechtliche
Ahndung von Hasspostings zur Sprache, eine Petition schließlich
vertrat das Anliegen der Entkriminalisierung von professioneller
Sterbehilfe. Diese Initiativen wurden jeweils vertagt.
Einheitliche europäische Standards für Pauschalreisen
Mit dem Pauschalreisegesetz (1513 d.B.) setzt Österreich nun, wie
Eva-Maria Himmelbauer (V) erklärte, die von einer entsprechenden EU-
Richtlinie für diesen Bereich vorgegebenen europaweit einheitlichen
Standards um. Vorgesehen sind u.a. umfangreiche vorvertragliche
Informationspflichten sowie Bestimmungen über die Änderung von
Pauschalreiseverträgen und die Rechtsfolgen bei nicht ordnungsgemäßer
Erfüllung der vertraglichen Leistungen.
Für das Gesetz stimmten die Regierungsparteien und die Grünen,
während NEOS-Justizsprecher Nikolaus Scherak überbordenden
Verwaltungsaufwand befürchtete und im Einklang mit Harald Stefan (F)
und Christoph Hagen (T) die Richtlinie als überzogen einstufte.
Besserer Zugang zu grenzüberschreitenden Unternehmensinformationen
Einstimmig beschlossene Änderungen im Firmenbuchgesetz und im
Verschmelzungsgesetz (1517 d.B.) wiederum ergeben sich aus der
sogenannten BRIS-Richtlinie der EU, die die Verknüpfung von Zentral-,
Handels- und Gesellschaftsregistern zum Gegenstand hat. Ziel ist es
dabei, den grenzüberschreitenden Zugang zu Unternehmensinformationen
über das Europäische Justizportal zu erleichtern, wobei auch die
Möglichkeit einer automatisierten Kommunikation der nationalen
Registerbehörden im Wege einer zentralen europäischen Plattform
besteht.
Mehr Transparenz und Rechtssicherheit im Kartellrecht
Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben sind schließlich auch der Anstoß zu
Änderungen im Kartell- und Wettbewerbsrecht (1522 d.B.), die im
Wesentlichen auf die Schaffung von Rechtssicherheit bei der
Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen aus
Wettbewerbsrechtsverletzungen und auf die Verbesserung der
Transparenz von kartellrechtlichen Verfahren hinauslaufen. Weiterer
Schwerpunkt der einstimmig verabschiedeten Vorlage ist zudem die
Qualitätssicherung von Sachverständigengutachten in
kartellrechtlichen Angelegenheiten.
Praxisgerechte Anpassungen bei der Gerichtsorganisation
Anpassungen im Zusammenhang mit der Praxis des Gerichtsalltags
sind der Hauptgesichtspunkt einer Novelle zum
Gerichtsorganisationsgesetz (1504 d.B.), über die der Ausschuss
ebenfalls Einstimmigkeit erzielte. So wird etwa klargestellt, dass
zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen aus besonderem Anlass auch dann
angeordnet werden dürfen, wenn diese nicht ausdrücklich in der
Hausordnung enthalten sind. Für die VorsteherInnen von
Bezirksgerichten wiederum wird eine Justizverwaltungsquote
festgelegt, darüber hinaus schafft die Novelle eine klare Zuteilung
der Gerichtsabteilungen zu den bei einem Gericht tätigen
RichterInnen.
Mit breiter Mehrheit angenommen wurde in diesem Zusammenhang ein
Antrag der Grünen (2019/A(E)), in dem Harald Walser ein Curriculum in
Zeitgeschichte als verpflichtenden Teil der Ausbildung von angehenden
RichterInnen und StaatsanwältInnen fordert. Der Antragsteller
reagiert damit auf die Einstellung eines Verfahrens gegen die
Zeitschrift "Aula" wegen eines Artikels mit dem Titel "Mauthausen-
Befreite als Massenmörder". Empört zeigte sich Walser in diesem
Zusammenhang über die von der Staatsanwaltschaft Graz angeführte
Begründung, wo es heißt, es sei nachvollziehbar, "dass die
Freilassung mehrerer Tausend Menschen aus dem KZ Mauthausen eine
Belästigung für die betroffenen Gebiete darstellte".
Ausdrückliche Unterstützung fand die Initiative der Grünen bei
Beatrix Karl (V), Elisabeth Großmann (S), Nikolaus Scherak (N) sowie
bei Justizminister Wolfgang Brandstetter. Johannes Hübner (F) und
Christoph Hagen (T) wandten hingegen ein, es gehe nicht an, einen
Einzelfall zum Anlass für eine historische Schulung der RichterInnen
zu nehmen.
Kindesentführung, Rechtshilfe in Strafsachen: Ausschuss gibt grünes
Licht für internationale Beschlüsse
Einstimmig genehmigt wurde seitens der Abgeordneten der Beitritt
zusätzlicher Staaten zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen
Aspekte internationaler Kindesentführung (1459 und 1476 d.B.).
Konkret geht es dabei um Albanien, Andorra, Armenien, Marokko,
Russland, die Seychellen, Singapur, Kasachstan, Peru und Korea.
Konsens bestand auch hinsichtlich des Zweiten Zusatzprotokolls zum
Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (1470
d.B.), das im Wesentlichen die geltenden Bestimmungen ergänzt und
präzisiert. Geregelt werden u.a. auch die wechselseitige
Unterstützung durch den Einsatz verdeckter Ermittler sowie die
grenzüberschreitende Observation.
Team Stronach fordert Gesamtreform des Scheidungs- und
Unterhaltsrechts
Eine Serie von Anträgen der Opposition eröffnete Christoph Hagen (T)
mit seiner Forderung nach einer Gesamtreform des Scheidungs- und
Unterhaltsrechts (1925/A(E)). Durch teilweise zu hoch bemessene und
"immerwährende" Fortzahlungen an den ehemaligen Ehepartner würden den
Unterhaltsschuldnern oft die Grundlage entzogen, eine neue Familie zu
gründen, argumentierte der Team Stronach-Justizsprecher, dem es vor
allem darum geht, die Bemessung von Unterhaltsansprüchen mit der
Möglichkeit der Selbstversorgung zu verknüpfen. Die Initiative wurde
allerdings unter Hinweis auf eine entsprechende Arbeitsgruppe im
Justizministerium mehrheitlich vertagt.
FPÖ will Strafobergrenzen von jungen Erwachsenen an jene bei
Erwachsenen angleichen
Nach derzeit geltendem Recht sind bei jungen Erwachsenen zwischen 18
und 21 Jahren die Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes und damit
die für jugendliche Straftäter vorgesehenen niedrigeren Strafrahmen
anzuwenden. Dies hält Harald Stefan (F) für nicht angemessen, wobei
er auf eine in jüngster Zeit feststellbare Häufung von besonders
schweren Straftaten verweist, die von jungen Erwachsenen begangen
wurden. In einem Entschließungsantrag (2048/A(E)) fordert der
Justizsprecher der Freiheitlichen nun eine Angleichung der
Strafobergrenzen für junge Erwachsene an jene bei Erwachsenen. Nicht
rütteln will Stefan allerdings an dem besonderen Milderungsgrund der
Tatbegehung nach Vollendung des 18. und vor Vollendung des 21.
Lebensjahres sowie an den Strafuntergrenzen.
Auch hier entschied die Ausschussmehrheit auf Vertagung, zumal, wie
Elisabeth Großmann (S) erinnerte, die Thematik im Rahmen der nächsten
StGB-Novelle diskutiert wird.
Hasspostings: Grüne wollen Strafrechtsbestimmung verschärfen
Nachschärfungen schlagen die Grünen beim sogenannten "Hassposting-
Paragraphen" vor. Der seit einem Jahr geltende § 107c StGB könne für
Opfer massiver Beleidigungen keine Abhilfe bringen, zumal die
Bestimmung erst bei einer über eine längere Zeit fortgesetzten
Tatbegehung greift, gab Albert Steinhauser zu bedenken. Konkret will
der Justizsprecher der Grünen auch im Fall einer bloß einmaligen
Äußerung das Gutheißen von Gewalt gegen eine Person sowie schwerste
sexualisierende Beleidigungen unter Strafe stellen (2020/A(E)).
Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt, wobei die Regierungsparteien
ebenso wie Justizminister Brandstetter Gesprächsbereitschaft
signalisierten.
Entkriminalisierung der Sterbehilfe: Petition für juristische Prüfung
Schließlich lag dem Ausschuss auch eine von Nikolaus Scherak (N)
vertretene Petition (73/PET) des Vereins DIGNITAS vor, der sich für
einen Rechtsanspruch auf professionelle Sterbehilfe einsetzt. Die
Bundesregierung wird darin ersucht, die moralisch-ethischen und
medizinischen Implikationen einer Entkriminalisierung von
assistiertem Suizid zu diskutieren und juristisch prüfen zu lassen.
Dabei sollte das Thema allerdings nicht isoliert, sondern vielmehr im
Zusammenhang mit einer Verbesserung der Hospiz- sowie der
palliativmedizinischen Versorgung behandelt werden, heißt es.
ÖVP-Mandatarin Beatrix Karl erinnerte an die Enquete "Würde am Ende
des Lebens", bei der das Thema bereits diskutiert wurde. Angesichts
der erst kurzen Zeitspanne sei eine Behandlung derzeit nicht
zielführend, meinte sie, worauf die Ausschussmehrheit eine Vertagung
beschloss. (Schluss) hof
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