• 25.08.2016, 21:00:01
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TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 26. August 2016 von Florian Madl - Lassen Sie sich Zeit, Herr Doskozil!

Innsbruck (OTS) - Und wieder wird er seziert, reformiert und
therapiert, der österreichische Sommersport. Weil schon bald
Ergebnisse erwartet werden, will sich keiner mehr mit der
Ursachenforschung aufhalten. Und 2020 könnten wir vor demselben
Problem stehen.

Erwartungshaltung führt zu Haltungsschäden, soll ein Erfolgstrainer
gemeint haben. Auf Österreich, das Land mit den stets unerfüllten
Erwartungen im Sommersport, trifft das nicht erst seit den jüngsten
Olympischen Sommerspielen zu. Ist das so? Ja, weil niemals die
richtigen Fragen gestellt wurden und doch ständig Antworten im Raum
stehen. Chronologisch aufgearbeitet liest sich das so:
Der um Anerkennung ringende Ex-Sportminister Gerald Klug
instrumentalisierte 2013 den resoluten Skiverbandspräsidenten Peter
Schröcksnadel im Sinne des Förderprojekts Rio 2016. Soll der es doch
ausbaden, wenn wir nichts gewinnen.
Der um keine Herausforderung verlegene Peter Schröcksnadel schickte
sich an, in drei Jahren einen verfahrenen Karren aus dem Morast zu
ziehen. Ihm das Scheitern jetzt vorzuwerfen, greift zu kurz – sein
Wunsch war es nicht, sein Kompetenzbereich allerdings genauso wenig.
Der neue Sportminister Hans Peter Doskozil präsentierte kürzlich,
inmitten der Olympischen Sommerspiele in Rio, ein Konzept zur Reform
des österreichischen Spitzensports. Ein Schluss daraus: In der
zweiten Olympia-Hälfte ist nichts mehr zu erwarten. Ein weiterer: Das
Projekt Rio war Makulatur, frischer Putz auf der bröckelnden Fassade
des Sommersports. Jetzt wird alles anders, wieder einmal. Was soll
nun passieren?
Wir werden eine neue GmbH für Spitzensport gründen. Mit allen
Experten, wie uns versichert wurde. Beim Bundes-Sportförderungsfonds,
beim Projekt Rio – niemals war die Wortwahl eine andere. Und auch für
die Personenwahl gilt das: Stets ging es in der politischen
Nachbesetzung wie in der Erbfolge der Habsburger zu. Und wehe, einer
wird übergangen – noch so eine österreichische Eigenart: Dann
marschieren sie auf, die honorigen Sportfunktionäre, um ihr nach dem
Zweiten Weltkrieg erworbenes Recht auf Anerkennung einzufordern.
Jene, die nicht Sportlern dienen, sondern umgekehrt. Die sich an
Buffets laben und Reden schwingen, ohne den Spitzensport des 21.
Jahrhunderts je verstanden zu haben. Ohne sie geht nichts, mit ihnen
noch weniger.
Österreichs Sportsystem ist auf Zufall aufgebaut, oftmals auf dem
Entstehen einer erfolgreichen Einzelzelle abseits des Regelapparats.
Wenn Hans Peter Doskozil dem Sport einen Gefallen tun will, soll er
seine GmbH gründen. Aber vor allem soll er die richtigen Fragen
stellen und in Ruhe auf Antworten warten. Das Ergebnis muss sich
nicht schon 2020 in Olympia-Medaillen widerspiegeln.

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