- 23.06.2016, 19:31:41
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Sind Klimaschutz und leistbares Wohnen miteinander vereinbar?
Parlamentarische Enquete befasst sich mit Beitrag des Wohnbaus zum Klimaschutz
Utl.: Parlamentarische Enquete befasst sich mit Beitrag des Wohnbaus
zum Klimaschutz =
Wien (PK) - Um den Beitrag des Wohnbaus zur Erreichung der Klimaziele
ging es im vierten Panel der heutigen parlamentarischen Enquete unter
dem Titel "Schlüsselmaßnahmen im Sektor Gebäude und Kleinverbrauch".
Als Problembereiche kristallisierten sich dabei die zu geringe
Sanierung des Altbestandes und der starke Zuzug in die Städte heraus.
Vielfach hörte man auch den Appell, trotz aller Maßnahmen, auch in
Zukunft das Wohnen leistbar zu machen.
Landesrat Mayr problematisiert Baustoff
Dieses Thema des leistbaren Wohnens strich vor allem der Salzburger
Landesrat Hans Mayr hervor. Im Wohnbau sei man schon einen sehr
ambitionierten Weg gegangen, so Mayr, jede zusätzliche Nuance koste
nun viel Geld. Die Kosten für Wohnraum setzen sich aus drei
Komponenten - Grund, Gebäude und Betriebskosten - zusammen, wobei die
Beheizung die Betriebskosten besonders steigere. Als Problem sieht er
weniger den Energieverbrauch, der ständig kleiner werde, sondern vor
allem den Baustoff, da Beton noch immer im Vordergrund stehe und zum
Sondermüll werde.
Probleme Landflucht und Bevölkerungszuwachs in den Städten
Aus der Sicht der Gemeinden und der Städte nahmen Walter Leiss vom
Gemeindebund und Werner Prutsch vom Städtebund Stellung. Laut Leiss
findet die Energieerzeugung durch Windkraft und Photovoltaik bereits
in den Gemeinden statt, es gelte, die BürgerInnen mitzunehmen. In den
Gemeinden gebe es auch hohe Baulandreserven, das Problem bilde die
Verfügbarkeit. Leiss wies auf die Bemühungen der Gemeinden hin,
mittels eines modernen Flächenmanagements Bauland in
zusammenhängender Form zur Verfügung zu stellen, die Ortskernbelebung
bilde aber eine Mammutaufgabe. Als einen weiteren Problembereich
nannte Leiss die ZweitwohnbesitzerInnen, hier braucht es seiner
Meinung nach stringentere gesetzliche Rahmenbedingungen. Um der
Ausdünnung der ländlichen Regionen zu begegnen, müssen Leiss zufolge
die Lebensbedingungen auf dem Land mit jenen in der Stadt angeglichen
werden. Den ländlichen Regionen müsse man eine Entwicklung
ermöglichen - durch die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur,
inklusive Datenautobahnen, sowie durch Anreize, um Arbeitsplätze zu
schaffen.
Während Leiss die Landflucht beklagte, kämpfen Städte mit einem
Bevölkerungszuwachs, wie Werner Prutsch dies ausführte. Vor allem in
den Städten stehe man bei der Sanierung des Altbestandes vor großen
Herausforderungen, da hier nur begrenzt Maßnahmen gesetzt werden
können. Bei den Neubauten laufe die Sache viel besser. Darüber hinaus
müsse man sich auch mit dem Denkmalschutz auseinandersetzen und der
Trend zu immer mehr Ausstattung und Wohnfläche führe ebenfalls zu
mehr Schwierigkeiten in Richtung Klimaschutz. Dazu komme die
Sommerkühlung, die bereits höher sei als die Heizwerte. Insbesondere
hinterfragte Prutsch auch die niedrigen Energiepreise.
Generell hält Prutsch einen Marshallplan für den Klimaschutz für
erforderlich, er sieht auch einen massiven Förderbedarf im privaten
Sektor und einen Innovationsbedarf im öffentlichen Sektor.
Fünf Punkte für Dekarbonisierung
Fünf Punkte nannte Karl Schellmann vom Ökobüro für eine klare
Klimastrategie: die Dekarbonisierung müsse vorangetrieben werden; ein
Schwerpunkt sei auf die Bereitstellung erneuerbarer Energieträger bei
Einhaltung des Naturschutzes zu legen. Schellmann forderte zudem die
Halbierung des gesamten Energieverbrauchs und Maßnahmen zur
Bekämpfung der Energiearmut, insbesondere durch Förderung,
Information und Bewusstseinsbildung. Schließlich bedarf es seiner
Meinung nach Rahmenbedingungen, die eine erfolgreiche wirtschaftliche
und arbeitsmarktpolitische Entwicklung ermöglichen. Schellmann trat
für ein sofortiges Verbot für fossile Heizsysteme ein - eine
Forderung, die später auch von Heinz Kopetz (energy peace)
unterstützt wurde - und er regte an, über eine
Sanierungsverpflichtung nachzudenken, um die Sanierungsrate von
derzeit 1% pro Jahr auf 3% zu heben. Ferner sollte es verpflichtende
Energieausweise mit wesentlich mehr Informationen als bisher geben.
Der Experte forderte zudem, im Rahmen des neu zu verhandelnden
Finanzausgleichs, die Wohnbauförderung an Bedingungen in Bezug auf
Energie und Klimaschutz zu binden.
Problemkind Sanierung
Die Frage der geringen Sanierungsrate wurde in der Diskussion des
Öfteren aufgegriffen. So wies Ingmar Höbarth vom Klima- und
Energiefonds darauf hin, dass die alten Gebäude 40% der Energie
benötigen und daher in diesem Bereich noch ein großes Potential
liege. Bei der Sanierung gehe es aber nicht nur um die Quantität,
sondern auch um die Qualität - insgesamt könne dieser Bereich einen
Hebel zur Erreichung der Klimaziele aber auch zur Schaffung von
Arbeitsplätzen sein. Für neue Rechenregeln sprach sich der Vertreter
der Industriellenvereinigung in diesem Zusammenhang aus.
Energie ist zu billig
Die Einsparungen auf dem Gebäudesektor mit aktuell 36% - das ist ein
Drittel zur Halbzeit auf dem Weg bis 2050 - hält Robert Lechner vom
Österreichischen Ökologieinstitut für zu gering. Er tritt daher für
strenge Vorgaben ein, da vor allem Einfamilienhäuser zu viel Energie
verbrauchen und man den Trend zu großen Wohnflächen wieder
zurückdrehen müsse. Für ihn bedarf es eines noch stärkeren Einsatzes
erneuerbarer Energien. Georg Willi von den Grünen warf dazu ein, dass
Energie viel zu billig ist und man bei leistbarem Wohnen auch den Weg
von der Wohnung zum Arbeitsplatz mitberücksichtigen müsse.
Die Forderung nach einer ökologischen Steuerreform kam schließlich
von Heinz Kopetz von energy peace. Georg Strasser von der ÖVP
thematisierte in diesem gesamten Themenkomplex auch die Frage der
Bürokratie sowie die Frage hoher Standards, die nicht realisiert
werden, weil sie sich nicht rechnen.
Resümee der UmweltsprecherInnen
Am Ende der Enquete zogen die UmweltsprecherInnen der sechs
Parlamentsfraktionen ein positives Resümee. Die offene Diskussion sei
wichtig gewesen, um gemeinsame Wege finden und Verständnis für andere
entwickeln zu können, sagte Johann Höfinger (V), denn die Meinungen
klaffen auseinander: Der Standort bestimme den Standpunkt. Für eine
gemeinsame Vorgangsweise plädierte auch Rudolf Plessl (S), der jedoch
die soziale Verträglichkeit der Maßnahmen einmahnte. Plessl hält
nicht nur eine bundesweite strategische Raumplanung für notwendig, er
sieht auch die Länder gefordert. Sowohl für Plessl als auch für
Höfinger stehen die Chancen gut, dass die Erreichung der Klimaziele
auch gelingt, da die Voraussetzungen für erneuerbare Energie in
Österreich gegeben seien.
Auch die Grüne-Umweltsprecherin und Ausschussvorsitzende Christiane
Brunner ortete noch wirtschaftliche und soziale Argumente gegen eine
konsequente Klimapolitik, meinte aber, im 21. Jahrhundert könne man
weder Wirtschaftspolitik noch Sozialpolitik ohne Klimapolitik
betreiben. Man könne zwar warten, bis alles hereinbricht, sie aber
stehe für ein Mitgestalten. Die Dekarbonisierung bis 2050 sei eine
große Herausforderung, aber auch eine große Chance, das Parlament
müsse sofort handeln, die Zeit der Ausreden sei vorbei. Konkret
drängte Brunner auf die Streichung fossiler Subventionen und auf eine
ökologische Steuerreform. Die gesamte Bundesregierung müsse sich der
Einhaltung der Klimaziele stellen.
Auch NEOS-Abgeordneter Michael Pock sah die Stoßrichtung der heutigen
Diskussion eindeutig. Er warf in diesem Zusammenhang der Politik
Mutlosigkeit vor und kritisierte die letzte Steuerreform, da diese
keine ökologischen Elemente enthält. Für Pock ist es unabdinglich,
umweltschädliche Förderungen und Privilegien abzuschaffen.
Kritik am Vorgehen der Regierung in Sachen Pariser-Abkommen übte
seitens der FPÖ Walter Rauch. Er wandte sich dagegen, das Abkommen zu
ratifizieren, ohne den Weg dahin zu kennen. Das sei eine fahrlässige
Vorgangsweise, sagte er. Rauch griff das Thema Landflucht auf und
vermisste Ansätze für eine Trendumkehr. Eine Verkehrsabgabe werde es
mit der FPÖ nicht geben, machte er klar, zeigte aber Sympathie für
die Zweckbindung der Mineralölsteuer. Rauch sprach sich auch gegen
Biomasse und Biogas aus, denn dafür würden hochwertige
landwirtschaftliche Nutzflächen verwendet werden.
Dem Wollen müsse endlich ein Tun folgen, forderte auch Ulrike
Weigerstorfer vom Team Stronach im Einklang mit vielen ihrer
VorrednerInnen. Sorgen bereiten ihr aber der Investitionsschutz bei
den Freihandelverträgen CETA und TTIP, denn dieser könnte allen
Anstrengungen einen Strich durch die Rechnung machen. Auch habe der
republikanische Präsidentschaftskandidat der USA bereits angedeutet,
die Unterzeichnung des Pariser Abkommens wieder rückgängig machen zu
wollen, gab sie zu bedenken. (Schluss Enquete) jan
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