- 23.06.2016, 15:08:39
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Enquete zur Klimapolitik: ExpertInnen fordern rasches, konsequentes und politisches Handeln
Klimapolitik ist Querschnittsmaterie, sie braucht integrativen Ansatz
Utl.: Klimapolitik ist Querschnittsmaterie, sie braucht integrativen
Ansatz =
Wien (PK) - Rasches, konsequentes und praxisorientiertes Handeln, um
die in Paris vereinbarten Klimaziele auch zu erreichen, und eine
stringente integrative Politik, die in viele Bereiche hineingreift -
das sind zusammengefasst die Forderungen, die man vom ersten Panel
der heutigen Parlamentarischen Enquete "Was kommt nach Paris"
mitnehmen konnte. Diese Diskussion widmete sich dem Thema "Umsetzung
des Klimaabkommens innerhalb und durch die Europäische Union".
Impulse dazu lieferten Anne Bergenfelt als Vertreterin der
Ratspräsidentschaft und der EU-Kommission sowie der EU-Parlamentarier
Paul Rübig, Vorsitzender des STOA-Ausschusses (Science and Technology
Options Assessment Panel). Dieser beschäftigt sich mit den wichtigen
technologischen und wissenschaftlichen Herausforderungen der Zukunft
und beurteilt ihre Auswirkungen auf die europäische Gesellschaft und
die Wirtschaft - er ist damit einer der wichtigsten Think Tanks auf
EU Ebene.
Der Klimawandel ist auch ein Sicherheitsproblem geworden
Der Klimawandel stelle in der Zwischenzeit nicht nur ein globales
ökologisches Problem, sondern auch ein globales Sicherheitsproblem
dar, gab Anne Bergenfelt zu bedenken, Klimawandel sei auch eine der
Ursachen für die Migration. Deshalb hätten die EU-AußenministerInnen
dieses Thema auf ihre Agenda gehoben, man müsse die Klimapolitik als
eine Querschnittsmaterie behandeln.
Die EU-Vertreterin zeigte sich zuversichtlich, dass man die Pariser
Ziele auch erreichen könne, denn in Paris habe eine weltweite Allianz
den Abschluss des Abkommens ermöglicht. In den letzten 20 Jahren habe
sich viel getan, sagte sie, Klimawandel werde längst nicht mehr nur
als ökologisches Thema verstanden, sondern auch als Wirtschaftsthema,
das eine Win-win-Situation schaffe. Die EU habe das erkannt und sich
in einer gemeinsamen Aktion aller Mitgliedstaaten als ein wichtiges
Zugpferd bei den Verhandlungen in Paris erwiesen. Mit dieser Allianz
habe man auch die Road-map 2050 erarbeitet, mit dem Ziel, die CO2-
Emissionen drastisch zu kürzen.
Paris wäre aber auch nicht ohne das Engagement von UNO-
Generalsekretär Ban Ki-moon und ohne engagierte Zivilgesellschaft und
Unternehmen gelungen, machte Bergenfelt Mut, die Dinge aufgrund der
geänderten Haltung positiv zu sehen. Paris habe Schwung in die
Politik gebracht. Die EU und damit auch Österreich müssten weiter
vorne mit dabei sein, sagte sie und mahnte dafür nicht nur mehr
finanzielle Mittel sondern auch eine Änderung der globalen
Spielregeln ein.
Heute die wissenschaftlichen Grundlagen für die Gesellschaft von
morgen schaffen
Auf die Bedeutung der Arbeit des STOA-Ausschusses im Hinblick auf die
wissenschaftlichen Grundlagen für die Generation 2050 ging EU-
Parlamentarier Paul Rübig ein und skizzierte fünf wesentliche Fragen,
die zu beantworten seien.
Vor allem sei zu klären, wie die Mobilität der Zukunft aussieht,
sagte er, und meinte beispielsweise, man könne die Feinstaubbelastung
durch kontinuierlichen Verkehr signifikant senken. Darin steckten
zudem auch große Energieeffizienzpotentiale. Eine weitere Frage sei,
wie man 10 Milliarden Menschen ernähren könne und dabei sei auch die
Wassertechnologie von Bedeutung. Hier hält Rübig Anreizsysteme in der
Steuer- und Umweltpolitik für wesentlich. Effizienzpotentiale sieht
er darüber hinaus auch durch die Informations- und
Kommunikationstechnologie. Rübig kritisierte den aktuellen Wettlauf
um die Militärinvestitionen und gab ein Plädoyer für neue
Technologien ab, welche die Menschen motivieren. Handlungsbedarf
ortet er bei der EU-Kommission, von der er zusätzliche Anstrengungen
einfordert, um mehr Wirtschaftsleistung (Gross Domestic Product, GDP)
wieder nach Europa zu holen. Laut Rübig könnte man durchaus auch den
Energieproduzenten mehr Belastungen auferlegen, im Gegenzug aber die
produzierenden Betriebe entlasten. Oberste Aufgabe müsse es sein, die
Arbeitsplätze in der EU wieder attraktiver zu gestalten.
Gigantische Herkulesarbeit steht bevor
In der Diskussion machten einige TeilnehmerInnen auf die
Dringlichkeit des politischen Handelns aufmerksam. So hält Heinz
Kopetz von "energy peace" die Brüsseler Ziele für ungenügend. Seiner
Meinung nach müsste man bereits in fünf Jahren den Einsatz fossiler
Energieträger beenden. Den Emissionshandel kritisierte er ebenso wie
der FPÖ-Experte Johann Precht. Der Energiehandel funktioniere nicht,
meinten beide, nachdem Anne Bergenfelt im Vorfeld vom großen Erfolg
des Emissionshandels gesprochen hatte. Für Kopetz wäre eine
Kohlenstoffsteuer viel effizienter.
Dem schloss sich auch Grün-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber
vollinhaltlich an und drängte vor allem auf die Ökologisierung der
Landwirtschaft und die Regionalisierung der Ökonomie. Bundesrat
Ferdinand Tiefnig (V/O) und Abgeordneter Georg Strasser (V)
unterstrichen, dass die Atomenergie keinesfalls als saubere Energie
betrachtet werden dürfe und übten dabei Kritik an der EU-Kommission.
Diese erkenne die Zeichen der Zeit nicht, sagte Tiefnig. Den
bedeutenden Anteil der österreichischen Waldwirtschaft für die
Klimapolitik umriss Peter Mayer vom Bundesforschungs- und
Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landwirtschaft.
Seitens des Umweltdachverbands warnte Reinhold Christian davor, mit
der herkömmlichen Politik fortzufahren. Das Handeln müsse
praxisorientiert sein, man müsse rechtliche Hemmnisse ausräumen -
etwa in der Raumordnung oder im Wohnrecht - und eine konsequente
Strategie verfolgen. Eingriffe in alle Lebensbereiche seien
unvermeidlich, sagte er, man stehe vor einer gigantischen
Herkulesarbeit. Auch Gottfried Kirchengast von der Universität Graz
forderte verbindliche rechtliche Rahmenbedingungen ein, nicht nur im
Umweltrecht.
Mit Technologie allein werden sich die Probleme auch nicht lösen
lassen, gab Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien zu
bedenken. Vielmehr bedürfe es einer Verhaltensveränderung, die
selbstverständlich kein "Kasteiprogramm" sein könne. Notwendig sei
eine attraktive Infrastruktur, meinte sie und drängte auf eine
ökologische Steuerreform. Ihr zufolge müsse man sich überlegen, wie
man die Eigentümer der fossilen Energie abgelten kann. Als weitere
Herausforderung nannte sie die bestehende Ungleichheit in der
Bevölkerung, denn die Vermögenden würden viel mehr Ressourcen
verbrauchen.
Einen ganz anderen Bereich sprach Angela Köppl vom WIFO an, nämlich
die sozioökonomische Transformation, um alle zu erreichen. Sie warb
dafür, über Alternativen zum BIP als Gradmesser für den Wohlstand
nachzudenken. (Fortsetzung Enquete) jan
HINWEIS: Fotos von dieser Enquete finden Sie im Fotoalbum auf
www.parlament.gv.at.
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