- 01.09.2015, 13:43:45
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Mitterlehner zur Asylsituation: "Wir haben es gemeinsam in der Hand"
Erklärung des Vizekanzlers in der Sondersitzung des Nationalrats
Utl.: Erklärung des Vizekanzlers in der Sondersitzung des
Nationalrats =
Wien (OTS/ÖVP-PK) - "Wir können uns nicht wegducken - das Thema ist
da, wir müssen es aufgreifen und sollten es lösen", verwies heute,
Dienstag, Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner in seiner Erklärung
in der Sondersitzung des Nationalrats auf den Ansturm der Flüchtlinge
nach Österreich und Deutschland. "Das Thema wird uns länger
verfolgen." "Bei der heutigen Diskussion über eine
Verfassungsänderung sollten wir uns auch vor Augen halten, dass wir
nicht über 'Ware, Material' oder Menschen erster, zweiter oder
dritter Klasse reden, sondern über den ersten Punkt der Deklaration
für Menschenrechte: Jeder Mensch ist an Rechten und Würde gleich!"
Mitterlehner zitierte in seiner Erklärung die Wortwahl einer
Oppositionspartei im Vorfeld der Landtagswahlen, die sich kritisch
zur Aufnahme von Leuten äußerte, die "anders seien, eine andere
Religion hätten und nicht zu uns passen würden". "Glauben Sie, dass
das ein menschengerechter Zugang ist und diese Gleichwertigkeit an
Würde und Rechten aufgreift?", forderte der Vizekanzler einen
wertschätzenden Umgang ein. Selbstverständlich seien die Ängste und
Sorgen der Österreicher ernst zu nehmen - sie fürchten um
Arbeitsplatz und teilweise um die Sicherheit. "Aber wozu ist Politik
da? Um die Angst zu verschärfen oder die Angst zu bewältigen und
Probleme zu lösen? Ich glaube, die Antwort liegt auf der Hand", so
der Vizekanzler weiter.
Es gebe ein Sperrfeuer von Besserwissern, Schuldzuweisungen, und die
Suche nach einem einzigen leicht verständlichen Grund. Leider sei die
Problematik komplexer. Weder könne man die Schuld einfach den USA
zuweisen noch der EU. "Die EU sind wir." Er, Mitterlehner, werde
Freitag bei seinem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker diesen darauf aufmerksam machen, dass etwas mehr Dynamik
notwendig sein werde und ein Besuch in Traiskirchen oder Calais nicht
genüge.
Aber auch wir selbst seien gefordert. "Glauben Sie wirklich, dass es
hilft, dem Innenministerium oder der Innenministerin die Schuld zu
geben?" Mitterlehner verglich die Situation mit einem Hochwasser -
auch wenn rechtzeitig Warnungen bekannt gegeben würden, trete oft ein
Schaden sein. Mikl-Leitner weise bereits seit einem Jahr auf die
Thematik hin. In den letzten Monaten habe es zudem eine
Vervielfachung der Flüchtlingsströme gegeben, so Mitterlehner, der
allen Einsatzkräften in diesem Zusammenhang für ihre an die
Belastbarkeit grenzende Arbeit dankte.
Der Vizekanzler verwies auf die gestrigen Worte von Kardinal
Christoph Schönborn beim Gedenkgottesdienst, der meinte, es sei genug
des Sterbens und auch genug der Schuldzuweisungen. Wir müssten das
Problem gemeinsam lösen. "Also statt Panikmache ist eine gemeinsame
Vorgangsweise gefragt", unterstrich Mitterlehner.
Für eine Lösung sehe er, Mitterlehner, eine Doppelstrategie
notwendig. "Wir können das Thema nur an den Außengrenzen lösen, indem
wir dort Sicherheitszonen schaffen, die Verfahren dort machen und den
Schleppern die Grundlage entziehen." Quoten und innereuropäische
gemeinsame Standards werde der Zukunftsweg sein. Zudem seien auch
"Hausaufgaben" zu erledigen, verwies er auf das
Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von
hilfs- und schutzbedürftigen Fremden.
Die Vorgabe von 1,5 Prozent Flüchtlingen pro Gemeinden bedeute bei
1.000 betroffenen Bürgerinnen und Bürgern 15 Personen, wies
Mitterlehner Aussagen einer drohenden Überfremdung zurück. "1,5
Prozent sind uns zumutbar. Die Österreicherinnen und Österreicher
haben schon mehr Probleme gemeinsam gelöst", erinnerte er an die
Flüchtlinge aus Ungarn, Tschechien und Bosnien.
Der Vizekanzler ging auch auf die immer wieder geforderten schärferen
Grenzkontrollen ein. "Glauben Sie, dass Menschen, die um ihr Leben
kämpfen, sich von Stacheldraht und Schüssen abhalten lassen? Not und
Elend können sie nicht aufhalten. Wir brauchen verstärkte Kontrollen,
um Schlepper aufzugreifen, europäische Lösungen und auch eine
gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in Österreich mit dem neuen
Gesetz." Mitterlehner verwies in diesem Zusammenhang auf Aussagen des
Verfassungsrechtlers Bernd-Christian Funk, der dieses Gesetz als
einen ersten Schritt sieht und auf Verfassungsrechtler Heinz Mayer,
der es als zulässig bezeichnete. Der Rechtsstaat werde durch das
Gesetz nicht ausgehebelt, so Mitterlehner weiter. 1,5 Prozent seien
österreichweit um die 100.000 Personen - "das ist zumutbar und
beeinträchtigt unseren Wohlstand nicht".
Der Vizekanzler hob zudem die operative Unterstützung durch einen
Regierungsbeauftragten hervor. Der Flüchtlingskoordinator habe die
Aufgabe, bei der Flächenwidmung und Gebäudebeschaffung zu
koordinieren, den Kontakt mit den Hilfsorganisationen herzustellen
und auch Best practice-Projekte vorzustellen sowie Plattformen zu
bilden.
"Wir haben hier in all den Tagen zu beweisen, ob wir über das Thema
sachlich diskutieren können und gemeinsam einen Erfolg haben oder
gemeinsam scheitern - wir haben es gemeinsam in der Hand", schloss
Mitterlehner.
(Schluss)
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