- 09.01.2015, 09:36:27
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Österreich beim Europäischen Menschengerichtshof verklagt und Petition "Kinderglück" gestartet

Linz (OTS) - Nach über 4 Jahren Diskriminierung und Rechtsstreit um
die Ausstellung einer Adoptionseignungsbestätigung hat nun das blinde
Paar, Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger, eine Klage gegen die
Republik Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
in Strasbourg eingebracht.
Denn das Land OÖ will trotz 3 Sachverständigengutachten, die dem
blinden Paar die positive Eignung als Adoptiveltern attestieren sowie
einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Diskriminierung des Paares
im Adoptionseignungsverfahren, eine Eignungsbestätigung nicht
Ausstellen.
Die Eingabe des Paares beim Obersten Gerichtshof (OGH) wurde mit der
Begründung zurückgewiesen, dass er nicht zuständig sei, sondern das
Land OÖ dem Paar seit 2010 einen Bescheid schuldet, den sie dann über
dieVerwaltungsgerichte beeinspruchen können. Das Land OÖ wiederrum
verweigert die Ausstellung dieses Bescheides, da es der Meinung ist,
sie würden in Adoptionsangelegenheiten nicht hoheitlich sondern wie
ein privatwirtschaftliches Unternehmen agieren und da gibt es keine
Bescheide.
Auch der Behindertenanwalt Dr. Erwin Buchinger forderte vergeblich in
einem Schreiben an die OÖ-Landesrätin Gertraud Jahn sowie die
Verantwortlichen beim Land OÖ die Beendigung der Diskriminierung von
Janoschek und Dallinger bzw. Ausstellung eines positiven Bescheides.
Verfassungsgerichtshof und Europäischer Gerichtshof für
Menschenrechte prüft
Da sich sowohl die Verwaltung, als auch das Zivilgericht als nicht
zuständig sieht, muss nun vom Verfassungsgerichtshof entschieden
werden, ob die Zivilgerichte oder die Verwaltung zuständig ist und
entweder dem OGH oder dem Land OÖ, diese Angelegenheit zur erneuten
Bearbeitung zuweisen. Erfahrungsgemäß kann das viele weitere Jahre
dauern.
Janoschek: "Der Rechtskonflikt zwischen den Behörden wird auf unserem
Rücken ausgetragen. Wie kommen wir dazu, dass wir auf unsere Kosten
ausjudizieren lassen müssen, ob nun die Jugendwohlfahrtsbehörden in
Österreich in Adoptionsangelegenheiten hoheitlich oder nicht
hoheitlich agieren und ob AdoptivwerberInnen über die Verwaltungs-
oder die Zivilgerichte ihr Recht einklagen können. Wir haben uns nun
mit unserem Anwalt entschlossen, die Republik Österreich beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf endgültige
Durchführung des Verfahrens ohne Diskriminierung zu klagen. Die
Europäische Menschenrechtskonvention sieht vor, dass jeder einen
Anspruch darauf hat, dass seine Angelegenheiten innerhalb einer
angemessenen Frist verhandelt werden (Art. 6 MRK). Außerdem geht es
um die Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 MRK) und das
Recht auf Nicht-Diskriminierung (Art. 14 MRK). Gegenstand unserer
Beschwerde gegen die Republik Österreich ist die Annahme, dass das
Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie das OÖ Kinder- und
Jugendhilfegesetz die Menschenrechtskonvention verletzen.
Wir ersuchen die zuständigen Behörden, die notwendigen Maßnahmen zu
ergreifen, die für ein Adoptionsverfahren notwendig sind.
Petition gestartet
Wir haben auch eine Petition gestartet, mit der wir auf die
Ungerechtigkeit aufmerksam machen. Wir wenden uns darin an die
Politiker des Landes OÖ und der Bundesregierung, unserer
Endlosschleife im Adoptionsverfahren endlich ein Ende zu machen.
Außerdem fordern wir im Sinne der vielen Kinder die sich Eltern
wünschen, klarere Gesetze sowie mehr Transparenz und gerechtigkeit,
für alle Menschen die Kinder Adoptieren wollen".
Bitte Unterstützen sie die Petition auf:
http://www.ots.at/redirect/Petition2
Rückblick
Dir. Dietmar Janoschek, 44, Präsident von freiraum-europa sowie
Bausachverständiger und Elfriede Dallinger, 48, Hausfrau, sind 1991
erblindet. Sie leben seit 1992 zusammen und bemühen sich aufgrund von
Fehlgeburten und einem Kinderwunsch seit dem Jahr 2000 um eine
Adoption. Bereits damals wurde vom Jugendamt von einer Anmeldung als
Adoptionswerber aufgrund der Blindheit dem Paar abgeraten. 2010
stellte das Paar trotzdem den Antrag auf Adoption. Bei der
Eignungsüberprüfung durch die Bezirkshauptmannschaft Linz Land kam es
zu einem Hausbesuch und Befragungen des Paares. Dabei entstand bei
diesem der Eindruck, die Behinderung sei von vornherein ein
Hinderungsgrund für eine Adoptionseignung und das negative Ergebnis
der Adoptionseignungs-Überprüfung sei nicht objektiv. Zwei vom Paar
sowie ein vom Gericht beauftragte Sachverständige kamen in ihrem
Gutachten zum Schluss, dass kein Grund vorliege, den Klägern den
Adoptionswunsch zu versagen und die Beurteilung der Jugendwohlfahrt
des Landes OÖ fachlich nicht nachfolziehbar ist und nicht dem Stand
der Wissenschaft entspricht.
Die BH ist trotz dieser Gutachten der Meinung, das Paar sei als
Adoptiveltern nicht geeignet.
Klage erfolgreich
Das Paar klagte das Land Oberösterreich aufgrund der
diskriminierenden Ablehnungsgründe nach dem
Antidiskriminierungsgesetz mit der Begründung, es werde wegen seiner
Erblindung von einer Adoption ausgeschlossen.
Der Klage wurde vom Bezirksgericht Linz im Juni 2013 stattgegeben und
das Land OÖ wegen Diskriminierung von Janoschek und Dallinger
aufgrund ihrer Behinderung verurteilt. Weiters wurde das Land OÖ
verpflichtet, eine Adoptionseignungsbestätigung auszustellen, mit der
das blinde Paar ein Kind adoptieren kann. Das Land OÖ legte Berufung
ein. Das Landesgericht Linz (als Berufungsgericht) bestätigte nach
erneuter Überprüfung in seinem Urteil von Dezember 2013 die
Diskriminierung des blinden Paares. Das Gericht war allerdings der
Auffassung, das Land OÖ könne nicht zur Herausgabe einer
Adoptionseignungsbestätigung verpflichtet werden und das blinde Paar
müsse sich mit je Euro 1000,-- Schadenersatz für die erlittene
Diskriminierung durch das Land OÖ begnügen.
Da das blinde Paar aber kein Geld, sondern einem blinden Waisenkind
eine positive Zukunft schencken will, brachte es Revision beim OGH
ein.
Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger stehen gerne für Interviews
zur Verfügung.
freiraum-europa setzt sich als gemeinnützige Interessenvertretung für
Gleichberechtigung und Barrierefreiheit ein und unterstützt Menschen
mit Behinderung. Außerdem werden Beratungs- und Planungsleistungen
für barrierefreies Bauen und Gestalten sowie diverse
Mitarbeiterschulungen für Unternehmen und Organisationen angeboten.
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