• 10.09.2014, 11:30:17
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Blindes Paar: Adoption weiterhin nicht möglich

Neues Gerichtsurteil: OGH nicht zuständig- Behindertenanwalt Buchinger sieht Diskriminierung

Utl.: Neues Gerichtsurteil: OGH nicht zuständig- Behindertenanwalt
Buchinger sieht Diskriminierung =

Wien (OTS) - Nach einer langen Reihe von Klagen, Urteilen und
Revisionen steht das blinde Paar Janoschek und Dallinger nun wieder
am Anfang. Ihr Wunsch, ein Waisenkind aus dem Ausland zu adoptieren,
lässt sich nicht erfüllen. Die beiden klagten wegen Diskriminierung
und bekamen Recht. Doch nun fehlt es an der
Adoptionseignungsbestätigung, die das Jugendwohlfahrtsamt nicht
ausstellen will. Ein neues Urteil des Obersten Gerichtshofes weist
die Zuständigkeit nun von sich.

Das OGH kommt nun in seinem Urteil zum Ergebnis, dass es nicht
zuständig sei, da die BH Linz-Land bzw. das Land OÖ in dieser
Angelegenheit hoheitlich tätig sei. Das bedeutet, dass Janoschek und
Dallinger bereits im Dezember 2010 einen Bescheid von der BH erhalten
hätten müssen, den sie dann beim Landesverwaltungsgericht bzw. in
weiterer Folge beim Bundesverwaltungsgericht hätten beeinspruchen
können.

Damit steht das blinde Paar wieder fast am Anfang. Denn genau diesen
Bescheid verlangte das blinde Paar von Dezember 2010 bis Juni 2011
von der BH bzw. dem Land OÖ. Die Behörde stellte diesen Bescheid aber
mit der Begründung nicht aus, sie würde in dieser Angelegenheit nicht
hoheitlich, sondern wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen tätig
sein (und da gibt es keine Bescheide und damit auch keine
Berufungsmöglichkeiten).

Auch der Behindertenanwalt Dr. Erwin Buchinger stellt sich ein
weiteres Mal hinter das blinde Paar und hat in einem Schreiben an die
OÖ-Landesrätin Gertraud Jahn sowie die Verantwortlichen beim Land OÖ
die Ausstellung eines positiven Bescheides für Janoschek und
Dallinger eingefordert.

Das blinde Paar wurde gezwungen, den Zivilrechtsweg über
Bezirksgericht, Landesgericht bis zum Obersten Gerichtshof
einzuschlagen. Das OGH Urteil steht damit im Widerspruch zur
Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, der in einigen Urteilen
bereits festgehalten hat, die Behörde würde in
Adoptionsangelegenheiten nicht hoheitlich agieren.

Janoschek: "Nun wird also auch noch ein Rechtskonflikt auf unserem
Rücken ausgetragen. Wie kommen wir dazu, dass wir nun auf unsere
Kosten ausjudizieren lassen müssen, ob nun die
Jugendwohlfahrtsbehörden in Österreich in Adoptionsangelegenheiten
hoheitlich oder nicht hoheitlich agieren und ob AdoptivwerberInnen
über die Verwaltungsgerichte oder die Zivilgerichte ihr Recht
einklagen können? Wir hoffen aufgrund des OGH Urteiles, dass uns nun
das Land OÖ einen positiven Bescheid bezüglich unserer
Adoptionseignung ausstellt, damit diese immer noch anhaltende
Diskriminierung des Landes OÖ uns gegenüber endlich ein Ende findet".

Sollte dieser positive Bescheid nicht ausgestellt werden und somit
die Diskriminierung fortgesetzt werden, wird das blinde Paar einen
Antrag beim Verfassungsgerichtshof auf Klärung des Rechtskonfliktes
sowie eine Säumnisbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht
einbringen, da die BH laut OGH Urteil seit Dezember 2010 dem blinden
Paar einen Bescheid schuldig ist. Im Falle eines negativen Bescheides
wird dieser ebenfalls beim Verwaltungsgericht beeinsprucht.

Rückblick

Dietmar Janoschek, 43 und Elfriede Dallinger, 48, sind 1991
erblindet. Sie leben seit 1992 zusammen und bemühen sich aufgrund von
Fehlgeburten und einem Kinderwunsch seit dem Jahr 2000 um eine
Adoption. Bereits damals wurde vom Jugendamt von einer Anmeldung als
Adoptionswerber aufgrund der Blindheit dem Paar abgeraten.

2010 stellte das blinde Paar trotzdem den Antrag auf Adoption. Bei
der Eignungsüberprüfung durch die Bezirkshauptmannschaft Linz Land
kam es zu einem Hausbesuch und Befragungen des Paares. Dabei entstand
bei diesem der Eindruck, die Behinderung sei von vornherein ein
Hinderungsgrund für eine Adoptionseignung und das negative Ergebnis
der Adoptionseignungs-Überprüfung sei nicht objektiv. Zwei vom Paar
sowie ein vom Gericht beauftragte Sachverständige kamen in ihrem
Gutachten zu dem Schluss, dass kein Grund vorliege, den Klägern den
Adoptionswunsch zu versagen. Die BH ist trotz dieser Gutachten der
Meinung, das Paar sei als Adoptiveltern nicht geeignet.

Klage erfolgreich

Das Paar klagte das Land Oberösterreich aufgrund der
diskriminierenden Ablehnungsgründe nach dem
Bundesbehinderten-Gleichstellungsgesetz mit der Begründung, es werde
wegen seiner Erblindung von einer Adoption ausgeschlossen.

Der Klage wurde vom Bezirksgericht Linz im Juni 2013 stattgegeben und
das Land OÖ wegen Diskriminierung von Janoschek und Dallinger
aufgrund ihrer Behinderung verurteilt. Weiters wurde das Land OÖ
verpflichtet, eine Adoptionseignungsbestätigung auszustellen, mit der
das blinde Paar ein Kind adoptieren kann. Das Land OÖ legte Berufung
ein. Das Landesgericht Linz (als Berufungsgericht) bestätigte nach
erneuter Überprüfung in seinem Urteil von Dezember 2013 ein weiteres
Mal die Diskriminierung des blinden Paares. Das Gericht war
allerdings der Auffassung, das Land OÖ könne nicht zur Herausgabe
einer Adoptionseignungsbestätigung verpflichtet werden und das blinde
Paar müsse sich mit je Euro 1000,-- Schadenersatz für die erlittene
Diskriminierung durch das Land OÖ begnügen.

Nicht nur Recht, sondern ein Kind

Da das blinde Paar aber kein Geld, sondern ein Waisenkind aus
ärmlichen Verhältnissen adoptieren und diesem Zukunft schenken will,
brachten Janoschek und Dallinger mit dem Ziel, die
Adoptionseignungsbestätigung ausgestellt zu bekommen, Revision beim
OGH ein.

Außerdem ist eine Petition an die Verantwortlichen Politiker beim OÖ
Landtag geplant. Jeder, der diese Petition mit der Forderung, die
Diskriminierung des blinden Paares zu beenden und die Adoption
zuzulassen, unterstützen will, findet näheres dazu auf
www.freiraum-europa.org

Zeit läuft davon

Da der Altersunterschied zwischen den Eltern und dem Adoptivkind
nicht mehr als 45 Jahre betragen darf, läuft bei diesem bis dato über
4-jährigen Rechtsstreit dem blinden Paar die Zeit davon. "Wir und
viele andere Menschen haben den Eindruck, genau das ist das Ziel der
Behörden, nämlich auf Zeit zu spielen und uns mürbe zu machen, damit
sich diese Sache quasi selbst erledigt. Warum das Land OÖ unbedingt
die Zukunftschancen und ein geborgenes zu Hause für ein blindes
Waisenkind verhindern will, ist uns unverständlich. Außerdem ist
bereits sehr viel Steuergeld für die Prozesse ausgegeben worden. Ich
kenne als Präsident der Hilfsorganisation freiraum-europa die
erschütternden Verhältnisse der behinderten Waisenkinder in
bulgarischen Heimen nur zu gut, da wir seit 2011 Kinder auch dort
unterstützen. Für mich ist das hartherzig und gemein", so Dietmar
Janoschek.

freiraum-europa setzt sich als Interessenvertretung und mit
Hilfsprojekten für Menschen mit Behinderung ein und bietet Beratungen
und Planungen für barrierefreies Bauen und Gestalten sowie diverse
Mitarbeiterschulungen für Unternehmen und Organisationen an.

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