- 12.06.2014, 13:26:35
- /
- OTS0203 OTW0203
NEOS fordern im Nationalrat mehr Gerechtigkeit im Pensionssystem
Hundstorfer: Schwierige Übergangsphase, aber Reformen sind auf dem Weg
Utl.: Hundstorfer: Schwierige Übergangsphase, aber Reformen sind auf
dem Weg =
Wien (PK) - Die heutige Nationalratssitzung startete mit einer von
den NEOS beantragten Aktuellen Stunde zum Thema "Systematische
Ungerechtigkeit im österreichischen Pensionssystem". Klubobmann
Matthias Strolz (N) warf der Regierung Mutlosigkeit in dieser Frage
vor, da sie keine entschlossenen Strukturreformen angehe und damit
die Zukunft der jungen Menschen aufs Spiel setze. Sozialminister
Hundstorfer entgegnete ihm, dass bereits im Jahr 2003 der Übergang
zum ASVG für alle Beschäftigte beschlossen wurde und kontinuierlich
weitere Reformschritte, wie etwa die Neuregelung der Sonderpensionen,
gesetzt werden.
Strolz: Enkelfites Budget und generationengerechtes Sozialsystem
Da sich die NEOS als Sprachrohr der Jungen sehen, sei ihnen nicht nur
das Bildungsthema ein Herzensanliegen, sondern auch die Frage, wie
man ein gerechteres Pensionssystem auf die Beine stellen könne,
erklärte einleitend NEOS-Abgeordneter Matthias Strolz. Die beiden
Koalitionsparteien, die schon seit so vielen Jahren
Regierungsverantwortung tragen, seien nicht imstande, ein enkelfites
und generationengerechtes Budget und Sozialsystem zu entwickeln,
beklagte der Klubobmann. Auch im Fall der Sonderpensionen habe man
gesehen, dass es erst den Druck von Seiten der Öffentlichkeit und
mancher Oppositionsparteien bedurft habe, um etwas in Bewegung zu
bringen. Das Credo der Regierung laute offenbar, lieber ein paar
Milliarden Euro mehr Schulden in Kauf nehmen als die eigene Klientel
zu beschneiden. Seine Partei sei jedoch nicht bereit, diesen über
Jahrzehnte gewachsenen Privilegienstadel zu decken und dem "Klub der
Besitzstandswahrer" beizutreten, bekräftigte Strolz.
Alle Analysen zeigten deutlich, dass die Entwicklung im Bereich
Pensionen völlig aus dem Ruder laufe, was auch von allen namhaften
Experten und vielen Institutionen bestätigt wird. So kam die OECD
etwa zum Schluss, dass Österreich im internationalen Vergleich im
Jahr 2020 Spitzenreiter bei den Pensionsausgaben sein wird. Es gebe
gute Beispiele in anderen Ländern, wie z.B. Schweden
(durchschnittliches Pensionsantrittsalter 64 Jahre) oder Italien
(Angleichung des Frauenpensionsalters an die Männer), an denen man
sich orientieren könne, schlug Strolz vor. Wenn man endlich diesem
negativen Trend in Österreich entgegensteuern würde, dann hätte man
auch Luft für die Erhöhung der kleinen Pensionen und vor allem für
Investitionen in die wichtigen Zukunftsbereiche, war Strolz
überzeugt. "Vamos, packen wir es an".
Hundstorfer: Beschlossene Reformen befinden sich in Umsetzung
Sozialminister Rudolf Hundstorfer gab seinem Vorredner gegenüber zu
bedenken, dass das ASVG seit dem Jahr 1997 kontinuierlich
weiterentwickelt und verändert wurde. Außerdem sollten auch die NEOS
bereits wissen, dass es bei den Beamten eine große Reform gegeben
hat. Beim öffentlichen Dienst gehe es nämlich bereits in Richtung der
vierzigjährigen Durchrechnung. In der Tat gibt es nur mehr 7.000
Bundesbedienstete, die noch im "Uraltsystem" sind, zeigte der
Minister auf. Außerdem leisten die bereits pensionierten BeamtInnen
einen Sicherungsbeitrag in der Höhe von 270 Mio. € im Jahr. Damit
sind sie die einzige Berufsgruppe im Land, die aus ihrer Pension noch
etwas dazu zahlt. All diese Fakten sollten auch die Vertreter der
NEOS einmal zur Kenntnis nehmen.
Sodann ging der Sozialminister noch auf die Höhe der Pensionsausgaben
ein, wo aus seiner Sicht einige Klarstellungen erforderlich sind.
Österreich sei z.B. eines der wenigen Länder, das die Mindestpension
nicht über die Sozialhilfe oder ähnliches regelt, sondern über das
Pensionsrecht (dies kostet etwa 1 Mrd. € pro Jahr). Diese Regelung
wurde im Jahr 1956 mit der Intention beschlossen, dass die Länder
entlastet werden. Ähnliches gelte für den Bereich der Rehabilitation,
der nicht über die Krankenkassen abgerechnet wird, sondern über die
Pensionsversicherung; dies sei eine weitere Milliarde €. Wenn man
dann noch die Entlastung beim Krankenversicherungsbeitrag (1,4 Mrd.
€) und die Anrechnung von Kindererziehungs- sowie Präsenz- und
Zivildienstzeiten abzieht, dann bleiben nur mehr 4 Mrd. € übrig und
nicht die genannten 10 Mrd. €, zeigte der Minister auf. Es sei
richtig, dass man sich derzeit in einer Übergangsphase befinde, die
nicht einfach sei, räumte der Minister ein. Weitere Maßnahmen werden
notwendig sein und werden auch umgesetzt. Als Beispiel führte
Hundstorfer die Neuregelung der Sonderpensionen an, wo er sich eine
Zustimmung der NEOS erwarte, da es sich um einen wichtigen
Reformschritt handle.
SPÖ kritisiert die Vorschläge der NEOS zum Pensionssystem
Im Laufe der weiteren Diskussion befasste sich Abgeordnete Sabine
Oberhauser (S) kritisch mit den Vorschlägen der NEOS zur Umgestaltung
des Pensionssystems. Wenn man sich diese Rechenmodelle genauer
ansehe, dann könne man nur zum Schluss kommen, dass die staatliche
Pension auf Basis eines Umlagesystems deutlich besser sei. Außerdem
gebe es Pläne, die man sehr wohl als "aktiven Pensionsraub"
bezeichnen könne und die einen Generationenkonflikt auf anderer Ebene
herbeischwören. Ihr Fraktionskollege Wolfgang Katzian (S) hegte die
Vermutung, dass die NEOS nach dem Flop bei den EU-Wahlen, wo sie mit
ihren Ideen bezüglich Privatisierung der Wasserversorgung, der
Spitäler etc. nicht punkten konnten, nun mit dem Pensionsthema die
Menschen beeindrucken wollen. Diese Strategie sei seiner Meinung nach
ziemlich schief gegangen, da nicht nur viele falsche Fakten in die
Diskussion geworfen werden, sondern auch Vorschläge gemacht werden,
die keinerlei Bezug zur Realität hätten. Die Finanzierbarkeit einer
sozialen Struktur hänge nicht davon ab, was ein Buchhalter
ausrechnet, sondern davon, was sich eine Gesellschaft leisten wolle,
unterstrich Katzian. Auch das von den NEOS betriebene Ausspielen der
Generationen - Ausgaben für die Pensionen versus Mittel für die
Bildung - sei schäbig.
Österreich hat ein gutes Pensionssystem, das immer wieder angepasst
werden muss
ÖVP-Mandatar August Wöginger (V) verwahrte sich dagegen, dass von
Seiten der NEOS ständig ein Bild vermittelt werde, wonach das
österreichische Pensionssystem schon morgen zum Scheitern verurteilt
ist. Seine Partei stehe weiterhin zum umlagefinanzierten Modell, das
auch ein Auffangnetz für Schwächere bietet. Darauf aufbauend habe man
in der Vergangenheit immer wieder notwendige Reformen eingeleitet,
wobei jene im Jahr 2003/2004 eine der größten war. Da damals auch für
den öffentlichen Dienst ein vierzigjähriger Durchrechnungszeitraum
beschlossen wurde, gebe es keinerlei Anlass für ein "Beamten-
Bashing". Für Eva-Maria Himmelbauer (V) lag die Wahrheit in der
Pensionsdebatte in der Mitte. Denn es gehe weder darum, das aktuelle
System schlecht zu reden, noch darum, in Euphorie auszubrechen. Sie
erinnerte ebenfalls an wichtige Reformschritte in der Vergangenheit
und zeigte u.a. auf, dass es seit 1997 keine so genannten
Politikerpensionen mehr gibt. Im Sinne der Generationengerechtigkeit
werde es aber notwendig sein, dass das Pensionssystem immer wieder
auf seine Tragfähigkeit überprüft werde.
FPÖ beklagt reale Enteignung der PensionistInnen
Abgeordneter Heinz-Christian Strache (F) konnte sich den
Jubelmeldungen der VertreterInnen der Koalitionsparteien nicht
anschließen, da die reale Situation der österreichischen
PensionistInnen nicht sehr rosig aussehe. Über 240.000 Personen
erhalten etwa eine Ausgleichszulage und immer mehr ältere Menschen
leben u.a. aufgrund der steigenden Lebensmittel- und Mietpreise an
oder unter der Armutsgrenze. Dennoch habe sich die Regierung
geweigert, entsprechend gegenzusteuern und die Pensionen seit Jahren
nicht an die Inflation angepasst, kritisierte Strache. Gleichzeitig
wolle man eine leichte Reduktion von Luxuspensionen als angebliche
Reform verkaufen, was eine weitere Verhöhnung der Betroffenen
darstellt. In diesem Zusammenhang kritisierte FPÖ-Mandatar Werner
Neubauer massiv die Haltung der Grünen in dieser Frage, die dem
jetzigen Vorschlag zustimmen und nicht bereit waren, noch bis Ende
des Jahres über eine bessere Regelung zu verhandeln. Ebenso wie
Strache forderte er ein gerechtes Pensionsmodell, das auf einem ASVG-
System für alle basiert, und zwar ohne jegliche Privilegien.
Grüne: Investitionen in Zukunftsbereiche sind Garant für Finanzierung
des Pensionssystems
Auch die Grünen traten vehement für ein gerechteres Pensionssystem
ein. Da Strukturen aber über Jahrzehnte hinweg gewachsen sind, könne
man nicht von heute auf morgen alles ändern, räumte Abgeordnete
Judith Schwentner ein. Was die Sonderpensionen betrifft, so handle es
sich dabei um eine riesige Ungerechtigkeit, die für viele Menschen im
Land überhaupt nicht nachvollziehbar sei. Aber dass FPÖ-Klubobmann
Strache, der sich an den monatelangen Verhandlungen über mögliche
Änderungen nicht beteiligt hat, die nun vorliegende Lösung als
"Reförmchen" bezeichnet, sei so doch sehr kühn, meinte die Rednerin.
Ihre Fraktion hingegen habe sich intensiv eingebracht und darum
bemüht, zumindest in die Richtung eines einheitlichen
Pensionssystems, das wirklich notwendig sei, zu gehen. Abgeordneter
Julian Schmid (G) artikulierte die Sorgen der jungen Menschen in
Österreich, die das diffuse Gefühl haben, dass es ihnen einmal
schlechter gehen werde als der Elterngeneration. Gründe dafür seien
sicher die längeren Ausbildungszeiten, die prekären
Arbeitsverhältnisse vor allem beim Berufseinstieg sowie geänderte
Lebensrealitäten, die mit einem häufigerem Wechsel der Jobs verbunden
sind. Die zentrale Frage sei daher für ihn, wie man das gute
solidarische Pensionssystem ins 21. Jahrhundert holen kann. Die
Antworten der Grünen darauf sind u.a. eine massive Aufstockung der
Mittel für Bildung, Wissenschaft, Innovation und Forschung; die
Eindämmung von unbefristeten Verträgen sowie die Einführung einer
Grundpension.
Team Stronach: Gute Familienpolitik und eine Pensionskasse für alle
Wohl nicht zu Unrecht fürchten sich 70 % der ÖsterreicherInnen vor
der Altersarmut, gab Abgeordnete Waltraud Dietrich vom Team Stronach
zu bedenken. Es sei einfach eine Tatsache, dass sich Menschen die
täglichen Lebensmittel oder die Miet- und Energiepreise nicht mehr
leisten können. Auf der anderen Seite gebe es ein total
privilegiertes System, das durch nichts zu rechtfertigen sei. Sie
selbst habe sich vor einigen Jahren freiwillig für den Umstieg auf
das ASVG-System entschieden, obwohl sie aufgrund ihrer politischen
Funktion im steirischen Landtag die Möglichkeit gehabt hätte, eine
privilegierte Sonderpension zu erhalten. Viele ihrer ehemaligen
Kollegen aus der FPÖ-Fraktion hätten das aber nicht gemacht; sie
hätten "Wein gepredigt und Champagner getrunken". Dietrich zeigte
sich froh darüber, dass in der Frage der Sonderpensionen endlich
einmal etwas in Bewegung kommt, obwohl das natürlich bei weitem nicht
reiche. Abgeordneter Marcus Franz (T) stellte dem österreichischen
Pensionssystem ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Einzelne Parameter
zeigen zwar eine leicht positive Tendenz auf, den Rest habe man aber
längst nicht mehr im Griff. Generell könne man sagen, die
Österreicher gehen zu gern, zu früh und zu krank in die Pension.
Obwohl die Ursachen für diese Entwicklung längst bekannt sind, werde
nur an einzelnen Punkten "herumgedoktert", bemängelte Franz, aber
nichts Wesentliches verändert. Ein Problem sei sicher die sinkende
Geburtenrate. Man sollte daher schleunigst darüber nachdenken, ob das
Umlageverfahren in Zukunft noch ausreichen wird. Dringend notwendig
sei auch eine bessere Familienpolitik, die gewährleiste, dass Frauen
keine Angst davor haben müssen, in die Armutsfalle zu geraten, nur
weil sie Kinder bekommen.
NEOS kritisieren den viel zu langsamen Abbau der Privilegien
Abgeordneter Gerald Loacker (N) wies den Sozialminister darauf hin,
dass der Rechnungshof noch keine Trendumkehr im Pensionsbereich
erkannt habe und etwa "steinalte Privilegien" kritisiert, die auf
Jahrzehnte hin festgeschrieben seien. Nicht richtig sei auch, dass
nun für die Beamten die gleichen Bedingungen gelten. Erstens werde
die Umstellung auf das Pensionskonto für sie erst 21 Jahre später
schlagend und auch bei der Durchrechnung gebe es beträchtliche
Unterschiede. Massive Kritik übte Loacker an der Lösung für die
Sonderpensionen, weil damit Privilegien auf Jahre hinaus
einzementiert werden; und die Grünen spielten da leider auch mit. Ein
gemeinsames und einheitliches Pensionsrecht für alle
ÖsterreicherInnen bleibe damit in weiter Ferne. Abgeordnete Beate
Meinl-Reisinger (N) trat im Sinne der Generationengerechtigkeit vor
allem für schnellere Schritte in Bezug auf die Anhebung des
faktischen Pensionsantrittsalters ein, was auch von vielen Experten
gefordert werde. Wichtig wäre auch mehr Ehrlichkeit in der
Diskussion, forderte sie. Die Menschen werden mit Hilfe des
Pensionskontos nun ohnehin erkennen, dass sie wohl gezwungen sind,
privat vorzusorgen. Um dies zu erleichtern sollten nach Ansicht der
NEOS steuerliche Anreize geschaffen werden. Schließlich plädierte
Meinl-Reisinger dafür, dass die Bundesländer endlich die
Pensionsreform nachvollziehen. (Fortsetzung Nationalrat) sue
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA






