- 22.11.2013, 19:05:58
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Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 23. November; Leitartikel von Mario Zenhäusern: "Politische Bankrotterklärung"
Innsbruck (OTS) - Utl: Wer die Krise bewältigen will, muss auf
Bildung und Innovation setzen. Vollkommen unverständlich, dass die
ÖVP angesichts dieser Situation ausgerechnet auf das Ministerium für
Wissenschaft und Forschung verzichten will.
Am 17. Dezember will die künftige Bundesregierung ihr Programm
präsentieren. Das bedeutet, dass der Koalitionspakt spätestens in
zwei Wochen ausverhandelt sein muss. Inklusive jener Personen, die
das Programm in den einzelnen Ministerien umsetzen sollen.
Gerade bei den Köpfen zeichnen sich Überraschungen ab. Schon früh
klar war, dass Maria Fekter, Beatrix Karl, Niki Berlakovic oder Alois
Stöger dem neuen Regierungsteam nicht mehr angehören werden. Aber
dass auch Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle plötzlich zu den
Wackelkandidaten zählt, damit haben die wenigsten gerechnet. Zwar
sorgten in den vergangenen zweieinhalb Jahren seit Amtsantritt immer
wieder parteipolitische Zwänge dafür, dass auf der sachpolitischen
Habenseite nicht die gewünschten Erfolge aufscheinen. Der
Universitätsprofessor machte das aber durch fachliche Kompetenz wett
und glänzte am Wiener Parkett mit außergewöhnlicher Eloquenz.
Die Partei stand dem Stubaier immer schon skeptisch gegenüber -
wie übrigens jedem Quereinsteiger, dem in der bündisch strukturierten
ÖVP jegliche Lobby fehlt. Argwöhnisch beäugten sie den Erfolg des
grün angehauchten Altphilologen, der der ÖVP in Tirol den Zugang zu
neuen Wählerschichten ermöglichte und mithalf, bei den
Nationalratswahlen das beste aller Bundesländer-Ergebnisse zu
erreichen.
Karlheinz Töchterle ist sachlich und lösungsorientiert, die
Politik ist für ihn Mittel zum Zweck. Das bringt zwar Punkte bei der
Bevölkerung, schadet aber parteiintern - dort, wo er ohnedies nie als
Politiker angesehen wurde und wird. Und das ist gefährlich. ÖVP-Chef
Michael Spindelegger muss nämlich - so wie sein SPÖ-Gegenüber Werner
Faymann - in den kommenden zwei Wochen ein Ministerium einsparen. Bei
der SPÖ scheinen die Würfel gefallen zu sein: Hier verschmelzen das
Gesundheits- und das Sozialressort. In der ÖVP hingegen ist der
Nachdenkprozess noch nicht abgeschlossen. Hartnäckig hält sich das
Gerücht, dass Töchterles Agenden für Wissenschaft und Forschung in
ein anderes Ressort wandern sollen. Nicht nur in Tirol stößt dieser
Plan auf Widerstand.
Wer die Zukunft halbwegs meistern, die Krise bewältigen will, da
sind sich alle Experten einig, muss verstärktes Augenmerk auf Bildung
und Innovation legen. Wenn die ÖVP in so einer Situation das
Ministerium für Wissenschaft und Forschung aufgibt, das noch dazu mit
einem Fachmann besetzt ist, dann ist das eine politische
Bank█rotterklärung.
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