• 22.02.2013, 21:09:46
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TIROLER TAGESZEITUNG - Europa muss in höheren Gang schalten - Leitartikel von Alois Vahrner vom 23. Februar 2013

Innsbruck (OTS) - Ut.: Auch wenn der peinliche Budgetstreit der EU
ebenso entschärft scheint wie die Eurokrise: Mit seiner Politik des
kleinsten gemeinsamen Nenners verliert Europa zunehmend den
Anschluss. Und gefährdet damit seinen Wohlstand.

Und wieder hat der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, diesmal
bei seiner ersten europapolitischen Rede in Berlin, sehr viel
Richtiges und Wichtiges gesagt. Gauck konstatiert nicht nur
ökonomische Probleme, sondern - was vielleicht noch schwerer wiegt -
auch eine Krise des Vertrauens in das politische Projekt Europa.
Unter den Bürgern herrsche Ungeduld, Erschöpfung und Frustration.
Europa müsse viel enger zusammenrücken und damit auch Kompetenzen
nach Brüssel abgeben.
Gauck hat von A bis Z Recht. Die EU hat unbestreitbar riesige
Verdienste, der größte davon natürlich die fast 70 Jahre Frieden auf
dem früher so verfeindeten Kontinent, was ja im Vorjahr auch mit dem
Friedensnobelpreis honoriert wurde. Im Binnenmarkt EU wurden viele
Hürden und Schranken abgebaut, mit der Osterweiterung wurde der
"Eiserne Draht" zwischen Ost und West endgültig durchschnitten. Dass
in 17 von 27 EU-Mitgliedsländern mit dem Euro, einer einzigen
Währung, bezahlt wird, ist ebenfalls ein Quantensprung.
Aber gerade die Eurokrise (mit all ihren fehlenden zentralen
Durchgriffsrechten) oder die zunehmenden Egoismen haben gezeigt:
Europa ist noch nicht überm Berg. Ganz im Gegenteil: Es häufen sich
auch die Alarmsignale. Laut Umfragen sinkt die EU-Zustimmung in der
gesamten Union. In Großbritannien, wo Premier David Cameron für 2017
eine Volksabstimmung angekündigt hat, sind derzeit zwei Drittel für
den Austritt. Und statt engerer europäischer Integration wollen sich
in einigen Staaten Regionen (nicht nur die Schotten in
Großbritannien) vom jeweiligen Nationalstaat abspalten.
Dazu ist auch die Eurokrise keineswegs endgültig gelöst. Die Defizite
sind in einigen Ländern deutlich höher als geplant. Von den drei
großen Euroländern fungiert nur Deutschland als Lokomotive. Italien
droht, je nach Ausgang der Wahlen sich und die ganze Eurozone in
Turbulenzen zu stürzen. Frankreich, das sich lange mit den Deutschen
als Führungsduo präsentierte, steuert zusehends in eine Krise. Dazu
leidet nicht nur Griechenland, sondern fast ganz Südeuropa unter
einer verheerend hohen Arbeitslosigkeit, gerade unter Jugendlichen.
Europa steht vor wahren Mammutaufgaben, um nicht noch weiter Boden
gegenہber Amerika und Asien zu verlieren. Nichts weniger als der
Wohlstand und der soziale Friede stehen dabei auf dem Spiel.
Mangelnde Möglichkeiten und fehlender Wille der Verantwortlichen
stehen bisher gro█ßen Würfen entgegen. Diese braucht Europa aber
jetzt, sonst dreht sich die Spirale unaufhaltsam nach unten.

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