VKI: SPAR-Stickersammelbuch-Kaufaufforderung ist verbotene Kinderwerbung
Oberlandesgericht Linz bestätigt Unterlassungsurteil gegen SPAR
Wien (OTS/VKI) - Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat SPAR wegen seiner Werbung für das Stickersammelbuch "Wüsten und Steppen" ("Hol dir hier das Buch dazu") auf Unterlassung geklagt. Diese Werbeaussagen richten sich direkt an Volksschulkinder und stellen eine unzulässige direkte Kaufaufforderung und damit verbotene aggressive Werbung dar. Das Oberlandesgericht (OLG) Linz hat ein entsprechendes Unterlassungsurteil des Landesgerichtes Salzburg bestätigt und eine ordentliche Revision nicht zugelassen.
"Die Entdeckungsreise zu den Wüsten und Steppen beginnt! Hol Dir das Buch dazu" lautete die Überschrift und darunter war zu lesen "Stickersammelbuch zum Sensationspreis Euro 1,99". Dazu die Zeichentrickfigur Garfield, der neben einer mit Stickern gefüllten Schatztruhe inmitten einer Wüstenlandschaft lehnte. 2.500 solcher Plakate wurden in 1.400 Standorten der SPAR Filialen aufgestellt. Und weiters Flugblätter an alle Haushalte mit der Aufforderung: "So wird dein Stickersammelbuch voll: Blaue Sticker-Briefchen um nur Euro 0,50 kaufen.". Eltern bekamen darüber hinaus bei jedem Einkauf ab 10 Euro ein grünes Sticker-Briefchen gratis dazu.
Die EU-Richtlinie gegen Unlautere Geschäftspraktiken enthält eine Liste von absolut verbotenen Werbemethoden. In Umsetzung der Richtlinie ist gemäß Ziffer 28 des Anhanges zum Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) eine direkte Aufforderung an Kinder in der Werbung, die beworbenen Produkte zu kaufen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene zu überreden, die beworbenen Produkte für sie zu kaufen, unter allen Umständen verboten.
SPAR wollte dem Gericht weismachen, dass sich diese Werbung an Erwachsene - insbesondere an Lehrer, Pädagogen und Eltern - und nur im "untergeordnetem Ausmaß" an Kinder richte.
Das OLG Linz urteilte nunmehr als Berufungsgericht, dass hier eine aggressive und unlautere Geschäftspraxis vorliege, die zu unterlassen sei. Die Firma SPAR spreche mit dieser Werbung vor allem Schulkinder, jedenfalls aber unmündige Minderjährige an. Da eine direkt an Kinder gerichtete Werbung jedenfalls geeignet sei, die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Marktteilnehmers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung oder durch unzulässige Beeinflussung wesentlich zu beeinträchtigen und aggressiv sei, liege zudem ein Verstoß gegen § 1a Abs 1 UWG vor.
Die von der beklagten Firma SPAR verwendete Formulierung wertete das OLG Linz als typisches Beispiel einer nach Ziffer 28 des Anhangs zum UWG verbotenen Kaufaufforderung. Das Berufungsgericht folgte zudem mit ausführlicher Begründung der Auffassung des Erstgerichtes, nach der der Begriff "Kinder" im Sinne der Ziffer 28 des Anhangs zum UWG Personen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres erfasse.
"Dieses wohlbegründete Berufungsurteil des OLG Linz ist eines der ersten zum Thema des Verbotes von Kinderwerbung in Österreich. Es begründet sehr ausführlich, weshalb hier Kinder und nicht Erwachsene die Zielgruppe der Kaufaufforderung sind. Damit wird ein wichtiges neues Kapitel für den Konsumentenschutz in der Praxis eröffnet - der Schutz der Kinder vor aggressiver Werbung", zeigt sich Dr. Julia Jungwirth, zuständige Juristin im VKI, über das Urteil erfreut. "Mit diesem Urteil sollen aber nicht nur Kinder vor gezielten, aggressiven Werbemaßnahmen geschützt werden, sondern auch Erwachsene, die Kinderwünschen nachgeben, um einen innerfamiliären Konflikt zu vermeiden."
Das Urteil ist nicht rechtskräftig; die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
Den Volltext des Urteils gibt es auf www.verbraucherrecht.at.
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Dr. Julia Jungwirth, Juristin Bereich Recht
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