Ärztekammer warnt vor Durchpeitschen von ELGA
Noch Dutzende von Punkten offen - Steinhart: "Parlamentarische Behandlung zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverantwortlich gegenüber der Bevölkerung"
Wien (OTS) - Die Ärztekammer warnt eindringlich davor, die
geplante Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) mit aller Gewalt durchzupeitschen. Zwar finden laufend Gespräche zwischen der Ärztekammer und dem Ministerium statt, man sei aber noch "meilenweit von einer Einigung entfernt", betont der Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Johannes Steinhart. ****
Bei allen zentralen Themen und auch in vielen Details bestünden noch vollkommene Unklarheit sowie ein breiter Dissens. Diese Lösungen in einigen wenigen Tagen finden zu wollen, sei für die Bevölkerung "unzumutbar und bei dieser heiklen Materie unverantwortlich".
Vor allem die Fragen hinsichtlich der Haftung, der Kosten und des Datenschutzes seien "völlig ungelöst". Steinhart kritisiert, dass es weder eine nachvollziehbare Kosten-Nutzen-Rechnung für ELGA gebe noch ein Konzept, wie der Gefahr eines möglichen Datenmissbrauchs effizient entgegengetreten werden könne. "Nach unseren Berechnungen wird ELGA mehrere Hundert Millionen Euro Kosten. Und die erst vor Kurzem erfolgte Hackerattacke auf Daten der Tiroler Gebietskrankenkasse hat gezeigt, wie brüchig Sicherungssysteme speziell bei heiklen Patientendaten sind." In beiden Fällen werde vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, aber auch vom Gesundheitsministerium, eine Beschwichtigungspolitik gefahren, die jeder realen Grundlage entbehre.
Seit Langem schon fordert die Ärztekammer statt der Opting-out-eine sogenannte Opting-in-Variante. Steinhart: "Es kann nicht sein, dass Patienten erst aktiv werden müssen, um aus ELGA herauszukommen, sondern sie sollen, ganz im Gegenteil, selbst aktiv werden, wenn sie wirklich mit ihren Daten in ELGA aufscheinen wollen." Dasselbe gelte im Übrigen auch für die Ärzteschaft: "Wenn sich ein Arzt entschließt, dass er an ELGA teilnehmen will, dann soll er das tun. Ärztinnen und Ärzte aber zu ELGA zwangszuverpflichten, kommt für uns nicht in Frage."
Jedenfalls werde die Ärztekammer keiner Lösung zustimmen, die die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in ihrer medizinischen Entscheidungsfreiheit einschränke und zudem viel Geld koste, "das anderswo viel besser eingesetzt werden könnte". Steinhart nennt hier vor allem den Ausbau von neuen medizinischen Leistungen im extramuralen Bereich, vor allem die Forcierung von Gruppenpraxen und der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung, sowie die Schaffung dringend benötigter zusätzlicher Pflegeplätze in Österreich.
Die Ärztekammer werde jedenfalls in den nächsten Wochen die Bevölkerung darüber informieren, welche Gefahren auf sie zukämen, sollte ELGA in dieser Form Realität werden, nämlich: "Eine Kostenlawine ohne Nutzen sowie die Gefahr, als gläserner Patienten jederzeit mit heiklen Gesundheitsdaten in der Öffentlichkeit bloßgestellt zu werden", so Steinhart. (hpp)
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