• 25.02.2010, 11:45:08
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Ergebnisse der Armutskonferenz: Soziale Investitionen zahlen sich aus, für alle!

Es gibt genügend Instrumente und Möglichkeiten im Vollzug der Sozialhilfe, in der Schule, beim Wohnen und mit sozialen Dienstleistungen gegenzusteuern. Armut ist kein Naturereignis.

Wien (OTS) - Den sozialen Verteilungskämpfen im Gefolge der
Wirtschaftskrise widmete sich die 8. Österreichische Armutskonferenz,
die unter dem Titel "Geld. Macht. Glücklich." am 23./24. Februar in
Salzburg stattfand. Dabei lag der Fokus nicht nur auf der Verteilung
von Geld, sondern auch auf sozialer Balance, Lebensqualität,
Wohlbefinden, Chancen, Anerkennung, Gesundheit, Lebenserwartung und
Verwirklichungschancen.

"Das Ende der Krise ist nicht mit dem Steigen der Aktienkurse
anzusetzen, sondern mit dem Sinken der Armut." betont die
Armutskonferenz. "Die Krise ist dann vorbei, wenn die Armut sinkt."

"Und wir können viel tun," so die Botschaft der Armutskonferenz.
"Armut ist kein Naturereignis, das es mit jeder frischen Statistik
neu zu bestaunen gilt. Es gibt genügend Instrumente und Möglichkeiten
im Vollzug der Sozialhilfe, in der Schule, beim Wohnen und mit
sozialen Dienstleistungen gegenzusteuern. "Grundsätzlich helfen
Einkommensarmen Investitionen in Dienstleistungen, die sie im Alltag
unterstützen: von der Kinderbetreuung über Qualifizierung am
Arbeitsmarkt bis hin zu Pflegehilfen. Hier entstehen
Win-win-Situationen zwischen Fraueneinkommen, Arbeitsplätzen,
Frühförderung von Kindern und Pflegeentlastung Angehöriger. Auch ein
Bildungssystem, das den sozialen Aufstieg fördert und nicht sozial
selektiert, wirkt. Auf die neuen sozialen Risken wie prekäre Jobs,
psychischen Erkrankungen oder Migration muss angemessen
sozialpolitisch reagiert werden. Und nicht zuletzt helfen Jobs, von
denen man leben kann", so die Armutskonferenz.

Die Armutskonferenz fasst ihre Diskussionen in vier Ergebnissen
zusammen:

1. Die soziale Schere bringt mehr Gewalt, mehr Stress, weniger Leben
und weniger Vertrauen.

Noch mehr soziale Ungleichheit heißt noch mehr Krankheiten und
noch geringere Lebenserwartung, mehr Teenager-Schwangerschaften, mehr
Status-Stress, weniger Vertrauen, mehr Gewalt und mehr soziale
Ghettos. Eine sozial polarisierte Gesellschaft bringt Nachteile nicht
nur für die Ärmsten, sondern auch für die Mitte. Es stehen nicht nur
die unterprivilegierten Mitglieder schlechter da, sondern auch die
Wohlhabenderen. Es konnte aber ein erstaunlich hoher Zusammenhang
zwischen Lebenserwartung und dem Anteil am Volkseinkommen, welchen
die ärmeren Haushalte beziehen, nachgewiesen werden. Die
Ausgewogenheit von Einkommensverhältnissen und Statusunterschieden
wurde als jener Faktor identifiziert, der am stärksten die höhere
Erkrankung Ärmerer erklärt. Der Anstieg der Lebenserwartung in einem
Zeitraum fiel umso größer aus, je größer der relative Zuwachs an
Einkommen der ärmeren Haushalte war. Nicht wie reich wir insgesamt
sind, ist hier der entscheidende Punkt, sondern wie die Unterschiede
zwischen uns sind.

Wer arm ist und sich materiell verbessert, erhält einen deutlichen
Anstieg der Zufriedenheit. Die Effekte sind bei Ärmeren besonders
stark. Insgesamt sind Menschen mit höherem Einkommen zufriedener und
äußern höheres Wohlbefinden. Allerdings erfolgt ab einem gewissen
Einkommen keine Steigerung mehr (Sättigung). Anders bei Gesundheit
und Lebenserwartung: Gesundheit und Lebenserwartung steigt mit
höherem Einkommen und sozialen Status linear.
LEBENSQUALITÄT: http://www.ots.at/redirect/lebensqualitaet-1

2. Die soziale Schere ist teuer und verursacht Kosten für alle

Mehr chronische Krankheiten, mehr Schulabbrecher, mehr
Gefängnisinsassen, mehr Gewalt, mehr soziale Probleme verursachen
volkswirtschaftliche Kosten anderswo. Mehr Armut und soziale
Ungleichheit ist teuer und schadet (fast) allen. Eine höhere
Schulabbrecher-Quote beispielsweise verursacht durch steigende
Sozialausgaben, höhere Gesundheitskosten und entgangene
Steuereinnamen Kosten: 3 Milliarden Euro bei 10.000 Drop-Outs in
Österreich.

3. Soziale Investitionen zahlen sich aus. Für alle

Investition in Zukunftssektoren, zu denen Schenk Kinder, Schule
und Bildung sowie die Pflege am Lebensende rechnet, zahlen sich aus.
Soziale Dienstleistungen sind eine Produktivkraft. Die Hilfen für die
Pflege der Oma und der Betreuung des kleinen Sohns sorgen für
Wachstum, stabilisieren die Wirtschaft und stiften sozialen
Ausgleich. Sie haben Wachstumsfunktion bei Beschäftigung. Sie haben
stabilisierende Funktion, weil sie Teilhabe sichern und Nachfrage
über den Konjunkturzyklus bereitstellen. Und sie erfüllen die
Funktion des sozialen Ausgleichs. Besonders die Dienstleistungen in
Pflege, Kinderbetreuung und Bildung reduzieren das Armutsrisiko und
verteilen zu den Schwächeren um. Österreich liegt mit seinen
Sozialdienstleistungen unter dem EU-Durchschnitt. Hier gibt es viel
ungenütztes Potential, das brach liegen gelassen wird.

4. Die soziale Schere droht nach Krisen weiter auseinander zu gehen -
deshalb müssen wir gegensteuern

Die soziale Ungleichheit wird in und nach Wirtschaftskrisen
größer, wie der renommierte britische Sozialwissenschafter Tony
Atkinson anhand von vierzig Wirtschaftskrisen beobachtet hat. Wir
sehen eine zunehmende Ungleichheit innerhalb der Arbeitseinkommen und
gleichzeitig eine wachsende Schere durch wieder steigende
Vermögenseinkommen bei wenigen ganz oben. Bei Reichtum ist vorrangig
nicht Einkommen das Thema, sondern Vermögen. Der Gini-Koeffizient,
ein Maß für Ungleichheit zwischen 0 und 1 (0 heißt alle haben genau
gleich viel, 1 heißt einer hat alles) beträgt bei den
Haushalteinkommen europaweit geringe 0,33, Da schlagen sich die
sozialstaatlichen Sozial- und Dienstleistungen nieder. Bei den
Geldvermögen springt der Gini-Koeffizient auf hohe 0,66 hinauf, bei
Immobilienvermögen auf 0,76, bei Unternehmensbeteiligungen auf 0,88
und bei der angeblichen Mittelschichtssache "Erbschaften" auf 0,94.
Vererben tun ganz wenige fast alles an ganz wenige.

Wer Leistung belohnen will, muss Vermögen stärker besteuern, und
den Faktor Arbeit entlasten. Wer sozialer Polarisierung mit all ihren
negativen Folgen für die ganze Gesellschaft gegensteuern will, muss
nicht nur für die Stabilisierung des Finanz- und Bankensektors
eintreten, sondern auch für die Stabilisierung des sozialen
Ausgleichs.

Was jedenfalls nicht hilft: Die Opfer der Wirtschaftskrise und der
Arbeitslosigkeit zu Schuldigen ihres Schicksals zu stempeln. Was
nicht hilft für eine Gesellschaft mit sozialer Balance ist die
untersten Einkommensschichten aufeinander zu hetzen", warnt die
Armutskonferenz davor, die Verteilungsdebatte gegen die Ärmsten zu
richten.
VERTEILUNGSKÄMPFE: http://www.ots.at/redirect/verteilungskaempfe

Armut ist nicht nur ein Mangel an Geld und Gütern, sondern auch an
Freiheiten und Möglichkeiten, die diese Güter in unserer Gesellschaft
verschaffen. Armut ist ein Mangel an Verwirklichungschancen.", so die
Armutskonferenz abschließend.
VERWIRKLICHUNGSCHANCEN:
http://www.ots.at/redirect/verwirklichungschancen

Rückfragehinweis:
Die Armutskonferenz
www.armutskonferenz.at
0664/ 544 55 54 oder 01/ 409 80 01
Koordinationsbüro: 01/ 402 69 44

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/641

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