"Die Presse" Kommentar: Suizid-Tourismus erlaubt? Kann sein. von Ulrike Weiser

Wien (OTS) - Ein Mann bringt seine schwerkranke Frau in die
Schweiz, damit ihr legal Sterbehilfe geleistet wird. Daheim wird er
angeklagt. Zu Recht?

Der Fall ist einer, der (schon wieder) emotionalisiert. Erstens, weil
er an Urängsten rührt, und zweitens, weil er neu ist. Denn, es mag
wundern, aber Sterbetourismus-Fälle, die vor Gericht gehen, sind
extrem rar. Was nicht heißt, dass es keine gibt - nur eben niemanden,
der sie ausfechten will. Nicht zufällig war wohl auch die Anzeige,
die den aktuellen ins Rollen brachte, anonym.
Nicht mutig, aber Anlass, sich mutig einer unangenehmen Frage zu
stellen: Wie soll Österreich mit der Option, dass man sich im (auch
benachbarten) Ausland legal beim Selbstmord helfen lassen kann,
umgehen? Soll man Menschen (meist die Verwandten), die den Kranken
beim Transport unterstützen, nach der Heimkehr ins Gefängnis schicken
- nach allem, was sie erlebt haben? Oder sollte man solche
vorbereitenden Hilfeleistungen, wie der Strafrechtler Fuchs meint,
straflos lassen - und dem Sterbehilfetourismus eine legale Basis
schaffen? Das Klagenfurter Gericht entschied für "weder noch". Und
zog sich auf einen Freispruch aufgrund entschuldigenden Notstands
zurück. Was schlau ist, weil es - siehe oben - zwei Klippen
umschifft. Und schlampig ist, weil es potenziell Betroffenen keine
klare Antwort gibt (die aber eigentlich die Politik schuldet): Kann
sein, dass man im Gefängnis landet, kann sein, dass nicht. Kann sein,
dass es einen Unterschied macht, ob das Ganze legal in der Schweiz
oder illegal in Österreich passiert. Kann sein, dass nicht. Kann
sein, dass sehr österreichisch entschieden wurde.

Rückfragehinweis:
Die Presse
Chef v. Dienst
Tel.: (01) 514 14-445

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