- 21.03.2006, 19:56:33
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Sozialausschuss: Regierungsparteien segnen Schwerarbeitspension ab 60 Lebensjahre, 10 Schwerarbeitsjahre, 1,8 % Abschlag pro Jahr
Wien (PK) - Im Mittelpunkt des Ausschusses für Arbeit und
Soziales stand das von der Regierung vorgelegte
Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 (SVÄG). Demnach können
Personen, die in den letzten 20 Jahren vor dem Pensionsstichtag
mindestens 10 Jahre Schwerarbeit geleistet haben, ab Vollendung
des 60. Lebensjahres (und bei Erfüllung der sonstigen
Voraussetzungen) mit einem Abschlag von 1,8 % pro Jahr (das sind
bei fünf Jahren 9 %) in Pension gehen. Damit werde u.a. dem
Umstand Rechnung getragen, dass die gesundheitliche Belastung der
Versicherten gerade im fortgeschrittenen Alter besonders hoch
ist, heißt es in dem Entwurf. Eine "vorzeitige Alterspension auf
Grund besonders belastender Tätigkeiten" nach dem ASVG konnte
bisher nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Hälfte der
erforderlichen Beitragsmonate als Schwerarbeit gewertet wurde.
Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzespakets ist die Ausweitung
des Beobachtungszeitraums für die Berechnung der Witwen-
/Witwerpension auf vier Jahre. In Hinkunft werden auch so
genannte Administrativpensionen bei der Einkommensermittlung
berücksichtigt. Darunter versteht man jene Leistungen des
Dienstgebers (insbesondere im Bankenbereich), die dieser im Fall
einer Arbeitgeberkündigung gewährt. Oft beträgt die
Administrativpension lediglich einen Bruchteil dessen, was zuvor
als Einkommen erzielt wurde. Der Gesetzentwurf enthält auch neue
Bestimmungen hinsichtlich der befristeten Bestellung von
leitenden Sozialversicherungsbediensteten.
In einem Abänderungsantrag wird das zusätzliche Kriterium, dass
Zeiten der Schwerarbeit im Inland erworben werden müssen,
gestrichen. Zudem wird die Bestimmung, dass ein Bediensteter, der
mit einer leitenden Funktion betraut wird, nach Ablauf der
Befristung auf einen Dienstposten versetzt werden kann, der mit
einer Verschlechterung der Entgelt- oder Arbeitsbedingungen
verbunden ist, auch für das gewerbliche Sozialversicherungsgesetz
und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz gelten.
In der Diskussion wies Abgeordneter Franz Riepl (S) darauf hin,
dass ein Arbeitnehmer, der Schwerarbeit leistet, nicht erfahre,
ob eine entsprechende Meldung durch den Arbeitgeber abgegeben
wurde. Daher trat er für mehr Rechtssicherheit ein.
Abgeordneter Karl Öllinger (G) meinte, unter den gegebenen
Rahmenbedingungen sei eine gerechte Lösung im Bereich der
Schwerarbeit kaum möglich. Auch machte er darauf aufmerksam, dass
schwer arbeitende Menschen in der Privatwirtschaft und im
öffentlichen Dienst wissen, dass sie als Voraussetzung für die
Schwerarbeitsregelung das 60. Lebensjahr nicht erreichen. Ferner
kritisierte er, dass schwer arbeitende Menschen, die 20, 30 Jahre
schwere Arbeit geleistet haben, nicht unter diese Regelung
fallen, sehr wohl aber jene, die 10 Jahre Schwerarbeit geleistet
haben. Aus diesem Grund forderte er eine saubere Lösung; sollte
es diese nicht geben, sollte die vorzeitige Alterspension wegen
geminderter Arbeitsfähigkeit wieder eingeführt werden.
Abgeordneter Walter Tancsits (V) bemängelte, dass seitens der
Opposition kein einziger konstruktiver Vorschlag gekommen sei.
Auch wies er darauf hin, dass Belastungen im Laufe eines Lebens
anders wahrgenommen werden. Abgeordnetem Riepl warf er vor, mit
seinem Vorschlag eines Bescheidverfahrens mehr Bürokratie
einführen zu wollen. Die Regierungsparteien seien für eine
praktikable Lösung.
Abgeordneter Dietmar Keck (S) strich heraus, dass erst mit der
Pensionsreform das Problem der Schwerarbeit aufgetreten sei. Auch
er meinte, dass schwer arbeitende Menschen das
Pensionsantrittsalter von 60 Jahren nicht erreichen werden. Die
Neuregelung gehe, unterstrich er, von der Formel "45
Versicherungsjahre, 60 Lebensjahre und 10 Jahre Schwerarbeit in
den letzten 20 Jahren" aus. Was ist mit den Beschäftigten, die
bereits mit dem 15. Lebensjahr mit der Schwerarbeit angefangen
haben?, fragte er die Ministerin. Auch machte er darauf
aufmerksam, dass jährlich zwischen 300 und 500 Personen bis zum
Jahr 2010 die Schwerarbeitspension in Anspruch nehmen können.
Selbst wenn alle Kriterien erfüllt sind, gibt es zusätzlich
Abschläge in der Höhe von 9 %. Zu einer solchen Regelung könne
man, so Keck, nur nein sagen.
Abgeordneter Reinhold Mitterlehner (V) sprach davon, dass es
keinen Lehrling gibt, der Schwerarbeit leistet, da
Schutzvorschriften zu beachten sind. Er sah großen
Informationsbedarf, um die Menschen bei der Pensionierung nicht
zu enttäuschen, soll es doch von den 600.000 bis 800.000
Personen, die Schwerarbeit leisten, nur 3.000 bis 4.000
Begünstigte pro Jahr geben. Auch trat er dafür ein, dass der
Mitarbeiter eine Einsichtsmöglichkeit erhält, ob er vom
Arbeitgeber gemeldet wurde oder nicht.
Abgeordneter Richard Leutner (S) strich heraus, dass mit dem
vorliegenden Gesetz die Erwartungen der Arbeiter und Angestellten
nicht erfüllt werden. Bonifikationen für Schwerarbeit lassen sich
seiner Ansicht nach nicht über Abschläge regeln, sondern nur über
höhere Steigerungsbeträge. Nicht an der Definition der
Schwerarbeit sei ein gemeinsamer Vorschlag gescheitert, sondern
vielmehr an den rigiden pensionsrechtlichen Rahmenbedingungen, so
Leutner.
Abgeordneter Maximilian Walch (F) räumte ein, dass die Wirtschaft
zusätzliche Arbeit bekomme, fügte aber hinzu, die Administration
der Meldung sei "watscheneinfach", da es einen Jahreslohnzettel
gäbe.
Nach der Lösung für zivilbehinderte Personen, die bereits vor
Beginn ihrer Berufstätigkeit behindert waren, erkundigte sich G-
Abgeordnete Theresia Haidlmayr.
Abgeordnete Marialuise Mittermüller (F) sah in der Regelung
Vorteile für die Frauen, zumal die Pflegeberufe in der
Schwerarbeiterregelung aufgenommen werden.
Abgeordneter Karl Öllinger (G) replizierte auf Reinhold
Mitterlehner und wies darauf hin, dass in den nächsten 10 Jahren
Personen in Pension gehen, die in den beginnenden siebziger
Jahren, in denen es keine Schutzbestimmungen für Lehrlinge
gegeben hat, ins Arbeitsleben eingetreten sind.
Abgeordneter Dietmar Keck (S) schnitt die Kalorienregelung an und
wies darauf hin, dass dieser Arbeitskalorienverbrauch gemessen
werden muss.
Sozialministerin Ursula Haubner sah in der Vorlage einen
sozialpolitischen Fortschritt. Man habe versucht, eine
ausgewogene und gerechte Lösung zu finden, vor allem was die
Tätigkeiten betrifft. Die Experten der AUVA haben ein Modell für
eine Kalorienmessung zu erarbeiten. Auch sie unterstrich, dass es
um Arbeitskalorien gehe. Im Zusammenhang mit der Meldepflicht
finden erste Gespräche mit dem Hauptverband statt. Auch die
Sozialpartner sollen sich in diese Verhandlungen einbringen. Im
Hinblick auf die genannten Zahlen sprach die Ressortleiterin von
Schätzungen. Sie hob auch hervor, dass das Regelpensionsalter
nicht erhöht wurde und man nur die Frühpension abgeschafft habe.
Abgeordneter Fritz Neugebauer (V) betonte im Zusammenhang mit der
neuen Bestimmung hinsichtlich der befristeten Bestellung von
leitenden Sozialversicherungsbediensteten, man wolle nicht haben,
dass ein "hoch dotierter Generaldirektor mit einer Riesengage
spazieren gehe". Bis April sollten die Sozialpartner eine Lösung
vorlegen können.
Abgeordneter Karl Donabauer (V) fügte an, dieses Gesetz sei für
die Zusammenlegung der gewerblichen mit der bäuerlichen
Sozialversicherungsanstalt nicht notwendig.
Das SVÄG wurde in Form des Abänderungsantrages mit den Stimmen
der beiden Regierungsparteien beschlossen.
Oppositionelle Anträge
Die Behandlung des S-Antrages, dem gemäß in das ASVG die
Bestimmung aufgenommen werden soll, dass die Dienstgeber jede bei
ihnen beschäftigte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen
Krankenversicherungsträger anmelden und binnen sieben Tagen nach
dem Ende der Pflichtversicherung abmelden müssen, wurde mit der
Mehrheit von ÖVP und F vertagt.
S-Abgeordnete Mag. Lapp fordert in einem Entschließungsantrag die
Enthebung von Mag. Haupt aus der Funktion des
Behindertenanwaltes. Sie argumentiert dass ein Behindertenanwalt
seine Aufgaben völlig unabhängig, insbesondere unabhängig von
politischen Parteien, zu erfüllen habe. Dies treffe auf Mag.
Haupt nicht zu, habe er doch laut "Kleiner Zeitung" angekündigt,
im kommenden NR-Wahlkampf für das BZÖ wahlkämpfen zu wollen.
In der Debatte zu diesem Antrag hielt es Abgeordneter Josef
Winkler (V) für demokratiepolitisch bedenklich, wenn jemand, der
einer Partei angehört, eine bestimmte Funktion nicht mehr
wahrnehmen dürfe. Man solle vielmehr froh sein, dass sich jemand,
der sich über viele Jahre fachlich einschlägig mit der Materie
auseinander gesetzt hat, zur Verfügung stellt.
Abgeordnete Marialuise Mittermüller (F) hob die Leistungen von
Haupt für die Behinderten hervor.
Abgeordneter Karl Öllinger (G) hielt es für angebracht, wenn eine
Person, die eine öffentliche Funktion bekleidet, parteipolitische
Tätigkeit "mit Maß und Ziel" betreibt. Haupt sei auf Grund seines
Interviews "verdächtig", dass er seine Funktion ähnlich anlegt
wie Volksanwalt Stadler, der mit politischen Äußerungen an die
Öffentlichkeit geht. Eine solche Vorgangsweise sei falsch und
nicht tragbar, so Öllinger.
Abgeordnete Christine Lapp (S) strich heraus, dass sich ein
Behindertenanwalt an die Gesetze zu halten und unabhängig von
einer politischen Partei zu agieren habe. Die Äußerung von Haupt,
er werde für das BZÖ wahlkämpfen, sei mit der Funktion des
Behindertenanwaltes nicht vereinbar.
Sozialministerin Ursula Haubner sprach von einer Unterstellung,
dass Haupt seine Funktion für parteipolitische Zwecke
missbrauche. In einem Interview sei er um seine parteipolitische
Meinung gefragt worden. "Haupt möge man an seinen Taten und nicht
an einmaligen Worten messen."
Der S-Antrag wurde von ÖVP und F abgelehnt.
In der Debatte zum G-Antrag betreffend die rechtliche Absicherung
von ArbeitnehmerInnen mit intellektueller Beeinträchtigung, die
in "Beschäftigungstherapien" tätig sind, wies Ministerin Ursula
Haubner darauf hin, dass diese Beschäftigungstherapie kein
Dienstverhältnis darstelle und es daher vom Gesetz her keine
pensionsversicherungsrechtliche Absicherung gebe. Ihrer Meinung
nach sind die Länder gefordert. Daher beabsichtige sie, dieses
Thema auf die Tagesordnung der Länder-Sozialreferentenkonferenz
zu setzen.
Mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien wurde ein
Vertagungsbeschluss gefasst. (Schluss)
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