- 16.06.2005, 09:44:33
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Prammer lädt zur Diskussionsveranstaltung "Österreich : Jelinek. Eine Auseinandersetzung"
Muttonen: Rahmenbedingungen für KünstlerInnen schaffen
Wien(SK) "Die heutige Veranstaltung versucht, sich vor allem
mit den politischen und kulturpolitischen Äußerungen Jelineks
auseinanderzusetzen", betonte die Zweite Nationalratspräsidentin,
Barbara Prammer, am Mittwoch im Rahmen einer
Diskussionsveranstaltung des Elfriede Jelinek-Forschungszentrum zum
Thema "Österreich : Jelinek. Eine Auseinandersetzung". Jelinek habe
wie kaum eine andere Autorin dieses Landes, auf aktuelle politische
Ereignisse reagiert und Prammer ist ein - oft vermiedener -
inhaltlicher Diskurs mit Jelineks Texten ein Anliegen. Nach einer
einleitenden Lesung von Babett Arens brachte SPÖ-Kultursprecherin
Christine Muttonen in die Diskussion ein, dass es besonders wichtig
sei, kulturpolitische Rahmenbedingungen zu schaffen, "denn
KünstlerInnen sollen nicht als Bittsteller kommen müssen". Es müsse
in den Bereich Kultur genauso wie in andere Infrastrukturbereiche
investiert werden, denn dies würde auch "zum Gemeinwohl des Staates
beitragen". ****
"Es braucht Mut, als Frau und Künstlerin gegen männliche
Vorherrschaften anzukämpfen und gesellschaftliche Konventionen zu
unterlaufen", so Prammer weiter. In öffentlichen Diskussionen sei
Jelinek als Staatsfeindin oder Staatskünstlerin diffamiert worden,
inhaltliche Auseinandersetzungen seien jedoch vermieden worden. Der
Begriff "Radikalfeministin", der als Herabsetzung Jelineks gedacht
sei, ist für die Zweite Nationalratspräsidenten jedoch positiv
besetzt und mit "einer mutigen Frau, die seit 30 Jahren gegen
frauenfeindliche Strukturen ankämpft" verbunden. Da Jelineks Texte
auch von Österreichs Umgang mit seiner Vergangenheit handeln,
begrüßt Prammer "gerade im Gedankenjahr" diese Initiative des
Elfriede Jelinek-Forschungszentrums unter der Leitung von Pia Janke.
Elfriede Jelinek habe im Laufe ihrer Karriere schon viele Preise
erhalten, es scheine jedoch so, dass Jelineks Werk im Ausland mehr
Anerkennung finde als in Österreich. In Jelineks Heimat habe erst
der Nobelpreis zu einer "Feststimmung" geführt und Prammer drückte
ihre Anerkennung gegenüber Jelinek aus und betonte gleichzeitig,
dass "diese sicher nicht als Vereinnahmung gemeint ist". Prammer
schätzt Jelineks "künstlerisches Werk und ihren kritischen Geist"
und wünschte abschließend - im Sinne Jelineks Hauptforderung an
PolitikerInnen - eine Diskussion "mit zivilisierter Streitkultur".
Muttonen: Kunst zeigt Problemfelder auf
"Eine wichtige Funktion von Kunst und besonders von zeitgenössischer
Kunst, ist das Aufzeigen von Problemfeldern", unterstrich Muttonen,
denn der Diskurs sei eine Möglichkeit, eine Gesellschaft
weiterzubringen. Auch im Gedankenjahr würden uns immer wieder
Bereiche einholen, die Jelinek immer wieder thematisiert. Der
Kulturpolitik müsse es ein Anliegen sein, Rahmenbedingungen zu
schaffen, "damit solche Texte und Bücher entstehen können". Die
SPÖ-Kultursprecherin ist der Meinung, dass Rahmenbedingungen für
KünstlerInnen wichtig seien, um sich zurechtzufinden und um "ihre
Arbeit machen zu können".
Angesichts der Wahlkampfplakate der FPÖ aus dem Jahr 1995 vermutet
die SPÖ-Kultursprecherin, dass "hier eine Strategie dahinter steht".
Es werde ein Bereich gesucht, auf den sich der Zorn richten könne,
ein Bereich, bei dem es um Vergangenheit, Machtstrukturen und auch
um die Frage des Geschlechts gehe. Der Zorn werde gegen
KünstlerInnen gerichtet, die bestehende Ordnungen hinterfragen, "und
das macht Angst". Muttonen glaubt, dass die Diffamierungen mit dem
Wunsch nach einem Wir-Gefühl Hand in Hand gehen. Es werde versucht,
die Menschen in die "Wir-Gruppe" zu holen und alle anderen
abzuwerten. In diesem Zusammenhang empfand Muttonen das "stolze
Wir-Gefühl" nach der Nobelpreisverleihung als besonders interessant.
Abschließend merkte Muttonen an, auf eine stärkere
Auseinandersetzung mit Jelineks Texten zu hoffen. Denn die
SPÖ-Kultursprecherin glaubt nicht, dass der Nobelpreis zu einem
enormen Aufschwung führe. Jelinek werde dadurch zwar bekannt gemacht
und vereinnahmt, ihre Werke würden zwar mehr gekauft werden, aber
"ob ihre Texte deswegen auch mehr gelesen werden, ist die Frage".
(Schluss) sf
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