- 17.12.2025, 17:02:32
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EU-Hauptausschuss debattiert Möglichkeiten einer Friedensperspektive für die Ukraine
Bundeskanzler Stocker und Europaministerin Plakolm standen Abgeordneten Rede und Antwort
Der EU-Hauptausschuss des Nationalrats beriet im Vorfeld der Sitzung des Europäischen Rates am 18. und 19. Dezember über zentrale europapolitische Themen. Bundeskanzler Christian Stocker und Europaministerin Claudia Plakolm nahmen dabei insbesondere zu den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine und den laufenden Friedensbemühungen Stellung. Zur Sprache kam auch die Frage des "eingefrorenen" russischen Vermögens in der EU und seiner etwaigen Verwendung.
Per Antrag auf Stellungnahme wollten die Grünen bewirken, dass sich Österreich im Europäischen Rat für ein "EU-Reparationsdarlehen" zur Unterstützung der Ukraine einsetzt, das die weiterhin immobilisierten Vermögenswerte der russischen Zentralbank als Grundlage nutzt, um Finanzmittel für die Ukraine zu mobilisieren. Dieser blieb jedoch ebenso in der Minderheit wie ein Antrag der FPÖ, in dem sie sich gegen jede direkte oder indirekte Haftung Österreichs im Zusammenhang mit weiteren EU-Finanzierungsmaßnahmen zugunsten der Ukraine aussprechen. Weiters thematisierten die Abgeordneten etwa die EU-Beitrittspolitik, die Plakolm als "geopolitisches Instrument" verstand, und den mehrjährigen Finanzrahmen der EU, bei dem es laut Stocker noch "erheblichen Gesprächsbedarf" gebe.
Ukraine: Austausch über "neue Dynamik" in Friedensverhandlungen
So erklärte Stocker in seinem Eingangsstatement, dass bei der Ratssitzung auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi vor Ort sein werde, um vom aktuellen Stand der laufenden Friedensverhandlungen zu berichten. Die Gesprächsrunden der letzten Tage in Berlin seien "sehr konstruktiv verlaufen" und die Friedensbemühungen hätten eine "neue Dynamik" erhalten, wie Andreas Minnich (ÖVP) und Dominik Oberhofer (NEOS) erfragten. Auch die Teilnahme Jared Kushners, der eine große Nähe zu US-Präsident Donald Trump habe, an den Gesprächen sei ein "gutes Zeichen". Der "Ball" liege nun beim russischen Präsidenten Wladimir Putin, der am Schlachtfeld jedoch "keinerlei Anstalten" mache, das Blutvergießen zu beenden, führte Stocker aus. Der Druck auf Russland müsse daher aufrecht erhalten werden. Ziel sei ein dauerhafter Frieden, der sowohl die ukrainische Souveränität als auch europäische Sicherheitsinteressen "im Auge hat". Es dürfe keinerlei Entscheidungen über die Ukraine ohne die Ukraine und keine über die europäische Sicherheit ohne Europa geben, so Stocker. Die Unterstützung der Ukraine sei dafür "essenziell" und liege im "ureigensten Interesse Europas", dessen Wirtschaft auch vom Wiederaufbau des Landes profitieren müsse.
Im Austausch mit den Abgeordneten betonte Stocker, dass es sich um einen "Angriffskrieg" Russlands gegen die Ukraine handle - da gebe es "nichts zu diskutieren". Was eine EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine, die Susanne Fürst (FPÖ) ansprach, angeht, unterscheide er sich von der Position der Freiheitlichen. Es sei richtig, die Perspektive für einen Beitritt zu schaffen, was nicht bedeute, dass die Ukraine dafür keine Voraussetzungen erfüllen müsse.
Stocker stand zum "Einfrieren" russischen Vermögens, da dieses auch ein "wesentliches Argument" für die Friedensverhandlungen darstelle. Für legitim hielt er auch Überlegungen über die Heranziehung dieser "Assets" etwa zur Unterstützung der Ukraine, wie Fürst und Christian Hafenecker (FPÖ) und Andreas Minnich (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) erfragten. Stocker sah zudem "keine Anzeichen", dass Belgien einem solchen Vorhaben nicht zustimmen würde, wie medial kolportiert wurde. Rechtlich seien diese Fragen jedoch "mehr als schwierig und sensibel" und würden zudem auch ein Risiko für Österreichische Firmen in Russland bergen, antwortete Stocker Abgeordneten Hafenecker, der spezifisch nach den Konzernen Raiffeisen und STRABAG fragte. Insgesamt seien 10 bis 15 Mrd. Ꞓ an österreichischem Vermögen in Russland angelegt.
In der von Robert Laimer (SPÖ) aufgeworfenen Frage der Korruption in der Ukraine gebe es "mehr als unerfreuliche Entwicklungen", die "so nicht zur Kenntnis zu nehmen seien", erklärte Stocker. Ob die dahingehende Kontrolle ausreiche, werde sich erst herausstellen. Die Einsetzung eines eigenen EU-Sonderbeauftragten für die Ukraine, nach der ebenfalls Laimer fragte, hielt Stocker für nicht sinnvoll. Viele Staatschefs der EU würden ihre individuellen diplomatischen Möglichkeiten nutzen.
Über eine Teilnahme Österreichs an einer "multinationalen Truppe" für die Ukraine könne man sich Gedanken machen, wenn diese Form annimmt, führte Stocker gegenüber Pia Maria Wieninger (SPÖ) aus. Klar sei, dass Österreich "am Boden der Neutralität" bleiben werde.
EU-Erweiterung als geopolitisches Instrument
Trotz aller geopolitischer Herausforderungen, dürfe Österreich "seinen Nachbarn nicht aus den Augen verlieren", betonte Stocker gegenüber Michael Hammer (ÖVP) die Bedeutung des EU-Erweiterungsprozesses am Westbalkan. Hinsichtlich Montenegro und Albanien habe die "Beitrittsdynamik" zuletzt "Fahrt aufgenommen", wobei es jedoch keine "Überholspur oder Abkürzungen" in die EU geben dürfe. Der Beitrittsprozess müsse "leistungsbasiert" bleiben, unterstrich auch Europaministerin Plakolm und verwies auf ein "volles Wartezimmer". Die Europäische Kommission liefere dazu einen jährlichen Bericht. Montenegro gehe daraus als "Frontrunner" hervor, der eine Vorbildwirkung für die gesamte Region zeitigen könne. In Hinblick auf den Kosovo habe sich Österreich wiederholt dafür eingesetzt, damit er auch formell ein Beitrittsland werde. Gerade in Zeiten wie diesen, sollte die Beitrittsperspektive "bewusst als geopolitisches Instrument" eingesetzt werden, so Plakolm, da bereits andere Mächte warten würden, Europas Platz am Westbalkan einzunehmen. Die EU müsse in dieser Hinsicht glaubwürdig bleiben. Plakolm bezeichnete es als "bedauerlich", dass es zur Erweiterungspolitik zurzeit keine Schlussfolgerungen des Rates gebe.
Wettbewerbsfähigkeit der EU
"Erheblichen Gesprächsbedarf" gebe es noch in Bezug auf den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU, erklärte Stocker gegenüber Dagmar Belakowitsch (FPÖ), Kurt Egger (ÖVP), Kai Jan Krainer (SPÖ), Ines Holzegger (NEOS) und Meri Disoski (Grüne). Österreichs Grundposition sei klar: So wie auf nationalstaatlicher Ebene müsse es auch beim EU-Haushalt deutliche Konsolidierungsbemühungen geben. Das Motto müsse laut Stocker nicht "spend more" sondern "spend better" lauten. Dazu brauche es eine "faire Lastenteilung" und der Wettbewerbsfähigkeit müsse höchste Priorität eingeräumt werden, wie auch Claudia Plakolm betonte. Österreich stehe hier etwa mit Schweden, Deutschland und den Niederlanden "nicht alleine da". Österreich habe im Rat ein Stimmgewicht von 2,02 %, weshalb eine Abstimmung mit den anderen neun "Nettozahlern" "nicht schadet". "Solidarität ist keine Einbahnstraße", so Plakolm.
Einen "enormen Sprung" für die Wettbewerbsfähigkeit der EU würde die Harmonisierung des Binnenmarkts bedeuten, wie Stocker erklärte. Dies würde aber auch Kompromisse hinsichtlich der nationalen Standards bedeuten. In die Verhandlung zum mehrjährigen Finanzrahmen werde laut Stocker auch die Frage des sogenannten "Österreich-Aufschlags" mitgenommen. Dessen Beseitigung sei ihm ein "wichtiges Anliegen".
Weitere Themen waren der Terroranschlag in Sydney, Antisemitismus und die Lage im Nahen Osten. (Schluss EU-Hauptausschuss) wit
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