• 17.12.2025, 15:15:02
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  • OTS0175

Familiennachzug für Asylberechtigte bleibt für weitere sechs Monate ausgesetzt

Hauptausschuss genehmigt entsprechende Verordnung der Regierung, auch Aufenthaltsquoten für 2025 wurden fixiert

Wien (PK) - 

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte dürfen auch in den nächsten sechs Monaten nur in wenigen Ausnahmefällen Familienmitglieder nach Österreich nachholen. Der Hauptausschuss des Nationalrats hat heute eine von der Regierung vorgelegte Verordnungsnovelle genehmigt. Demnach wird der Familiennachzug für weitere sechs Monate gestoppt, um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit nicht zu gefährden. Außerdem haben die Abgeordneten in der kurzfristigen einberufenen Ausschusssitzung grünes Licht für die Niederlassungsverordnung 2025 und die weitere Einbeziehung von Sozialhilfe- und Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher in die Krankenversicherung gegeben.

Aussetzung des Familiennachzugs

Die Verlängerung der Verordnung gemäß § 36 Asylgesetz (76/HA) wurde auch von der FPÖ begrüßt, wiewohl Christian Hafenecker den vorübergehenden Stopp des Familiennachzugs als nicht ausreichend erachtet. Um die Bevölkerung "nachhaltig zu schützen", brauche es zusätzlich "schnelle und nachhaltige" Abschiebungen, machte er geltend. Hafenecker brachte in diesem Zusammenhang auch das Attentat am Bondi Beach in Sydney zur Sprache, und warnte davor, dass Flüchtlinge, die in den letzten Jahren nach Österreich gekommen sind, ähnliche Taten begehen könnten. Der Antisemitismus in Österreich sei zum Großteil islamistischer Antisemitismus, ist er überzeugt.

Dem Innenminister warf Hafenecker vor, viel zu spät gehandelt zu haben und das "eigene Versagen" nun als Erfolgsmeldung "verkaufen" zu wollen. Mit einzelnen Abschiebungen sei es nicht getan, hielt er in Richtung Karner fest.

48-seitige Begründung

Warum ein weiterer Stopp des Familiennachzugs notwendig ist, legt die Regierung in einer 48-seitigen Analyse dar, die der Verordnungsnovelle angeschlossen ist. Darin wird unter anderem auf die Belastung des Bildungssystems durch die hohe Zahl an Flüchtlingen in den vergangenen Jahren und Entwicklungen bei der Jugendkriminalität verwiesen. Die Aufnahmekapazitäten Österreichs und seiner Systeme seien begrenzt, wird unter anderem festgehalten.

Konkret wird mit der Verordnung die Frist für die Bearbeitung von Anträgen auf Familiennachzug bzw. die Pflicht zur Entscheidung vorläufig gehemmt. Ausnahmen kann es zur Achtung des Privat- und Familienlebens geben, wobei im November nur eine einzige Person aufgrund humanitärer Gründe nach Österreich gekommen ist, wie Innenminister Gerhard Karner im Ausschuss erklärte. Grundsätzlich hat sich seiner Ansicht nach an der Problemstellung in den letzten Monaten nichts geändert, weshalb er die Verlängerung der Verordnung für notwendig erachtet.

Es sei nicht möglich, die Überlastung der Systeme "von heute auf morgen abzuschaffen", argumentierte auch ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl. Er hob außerdem hervor, dass Österreich eines der wenigen Länder sei, die Personen nach Syrien und nach Afghanistan abschieben würden. Hier habe man einen "Fortschritt" erzielen können, bekräftigte er.

Nachdem die ursprüngliche Verordnung am 3. Juli 2025 in Kraft getreten ist, wird sie durch die sechsmonatige Verlängerung nunmehr bis 2. Juli 2026 gelten. Grundsätzlich wäre danach laut Asylgesetz noch eine weitere Verlängerung bis Ende September 2026 möglich.

Verordnung für Grüne ungeeignetes Mittel zur Verbesserung der Situation

Kein Verständnis für die Verlängerung der Verordnung äußerte Grünen-Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. Es stehe außer Zweifel, dass manche Systeme am Rande ihrer Kapazitäten stünden, sage sie, das Aussetzen des Familiennachzugs ist ihrer Meinung nach aber nicht das geeignete Mittel, um die Situation zu verbessern. Vielmehr vermisst Prammer Maßnahmen der Regierung, um den von ihr proklamierten "Notstand" zu beenden. So hätte sie sich erwartet, dass die Regierung in der Begründung anführe, welche zusätzlichen Ressourcen beispielsweise für das Bildungssystem bereitgestellt wurden. Man könne den Familiennachzug schließlich nicht jahrelang aussetzen, betonte sie. Ein so grundlegender Eingriff in die Grund- und Menschenrechte sei nicht zu rechtfertigen.

Prammer kritisierte außerdem, dass die Abgeordneten die umfangreiche Begründung der Verordnung erst gestern Abend bekommen hätten, obwohl das Papier das Datum 17. November trage. Zudem würden die herangezogenen Zahlengrundlagen nicht stimmen. Eine falsche Tabelle in der Begründung, auf die Prammer aufmerksam machte, wird laut Innenminister Karner berichtigt nachgeliefert.

Die geänderte Verordnung wurde schließlich mit den Stimmen der Koalitionsparteien gebilligt.

Niederlassungsverordnung 2025

Ebenfalls mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS genehmigte der Hauptausschuss die von der Regierung vorgelegte Niederlassungsverordnung 2025 (75/HA). Demnach dürfen im heurigen Jahr - abseits von Schlüsselkräften im Besitz einer Rot-Weiß-Rot-Karte und EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern - höchstens 5.616 Personen nach Österreich zuwandern. Davon entfallen 4.850 Aufenthaltstitel auf Familienzusammenführungen von Drittstaatsangehörigen, 385 auf sogenannte "Privatiers", 89 auf Personen mit einem ausländischen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" und 292 auf Familienangehörige, die ihre bestehende Niederlassungsbewilligung in eine "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" umwandeln wollen. Im Vorjahr durften die Bundesländer noch 5.846 quotenpflichtige Aufenthaltstitel vergeben, im Jahr 2023 waren es 5.951.

Die Reduzierung der Gesamtzahl wird von der Regierung mit einem geringeren Bedarf an quotenpflichtigen Aufenthaltstiteln für Familienzusammenführungen in Niederösterreich und der Steiermark begründet. Zudem benötigt die Steiermark weniger Plätze für Drittstaatsangehörige, die sich ohne Erwerbsabsicht in Österreich niederlassen ("Privatiers").

Kritik an der späten Vorlage der Verordnung übte FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. Jetzt, "wo alle Leute schon da sind", würden die Zahlen festgelegt, beklagte sie. Zudem warf Belakowitsch Innenminister Gerhard Karner vor, Wünsche der Länder übergangen zu haben. So hätten etwa zwei Bundesländer beim Familiennachzug für sich "eine Quote null" beansprucht. Belakowitsch hofft, dass das nun zumindest im Jahr 2026 berücksichtigt wird.

Krankenversicherung für Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher

Bezieherinnen und Bezieher von Sozialhilfe bzw. Bedarfsorientierter Mindestsicherung sind grundsätzlich schon seit 2010 nach dem ASVG krankenversichert. Seit dem Auslaufen der Bund-Länder-Vereinbarung zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung Ende 2016 braucht es dazu allerdings eine Verordnung, die in der Vergangenheit mit dem Argument, dass der Bund im Wege der Ausfallshaftung einen nicht unwesentlichen Finanzierungsbeitrag leistet und damit eine Aufgabe der Länder übernimmt, immer nur befristet verlängert wurde. Die aktuelle Verordnung läuft Ende 2025 aus und wird nun mit Zustimmung des Hauptausschusses um ein Jahr, bis Ende 2026, verlängert (74/HA). Die Kosten für den Bund beziffert das Sozialministerium mit 87,7 Mio. Ꞓ, jene der Länder mit 86,1 Mio. Ꞓ.

Genehmigt wurde die Verordnung mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen. Laut Sozialministerin Korinna Schumann sind rund 71.000 Personen betroffen. Mit der angestrebten "Sozialhilfe NEU" soll es ihr zufolge dann eine gesetzliche Dauerregelung geben.

Seitens der Grünen bedauerte Agnes Sirkka Prammer, dass die Verlängerung der Verordnung nicht dazu genutzt wurde, um eine Härtefallregelung für jene Vertriebene aus der Ukraine zu beschließen, "die durch alle Netze durchrutschen". So würde etwa Ukrainerinnen und Ukrainern, die eine geringe Pension aus ihrer Heimat von vielleicht 300 Ꞓ oder 400 Ꞓ bekommen, keine Grundversorgung zustehen. Sie müssten von diesem Geld nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten, sondern auch Beiträge zur Sozialversicherung zahlen. Eine Härtefallregelung würde ohnehin nur eine Handvoll Personen betreffen, warb sie für eine Lösung. (Schluss) gs


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