• 04.12.2025, 12:49:32
  • /
  • OTS0159

Bundesrat besiegelt AVG-Novelle zur Beschleunigung von Großverfahren

Mehrheit für Europäisches Reiseinformationssystem und Vernetzung von Sicherheitsdaten

Wien (PK) - 

Behörden werden künftig schon ab 50 Beteiligten die verfahrensrechtlichen Bestimmungen für Großverfahren anwenden können. Bisher war das erst ab 100 Beteiligten möglich. Zudem werden weitere Maßnahmen gesetzt, um aufwendige Verwaltungsverfahren zu beschleunigen. Für die von der Regierung vorgeschlagenen Anpassungen zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) gab es heute auch im Bundesrat einhellige Zustimmung. Großverfahren würden damit schneller, digitaler und günstiger gestaltet werden, hielt der zuständige Staatssekretär Alexander Pröll fest.

Mehrheitliche Zustimmung erhielt ein Gesetzespaket, mit dem unionsrechtliche Vorgaben zur Herstellung der Interoperabilität zwischen europäischen Informationssystemen sowie zur Einrichtung des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Laut Innenminister Gerhard Karner erhalten dadurch die Sicherheitsbehörden künftig "das Handwerkszeug" zur Bekämpfung von nationaler und internationaler Kriminalität, illegaler Migration sowie zur Terrorismusabwehr. Gegen das Gesetzespaket stimmte die FPÖ. Für sie verliert Österreich damit "ein weiteres Stück Selbständigkeit".

Ein in der Debatte eingebrachter FPÖ-Entschließungsantrag blieb hingegen in der Minderheit. Darin sprechen sich die Freiheitlichen gegen medial kolportierte Pläne hinsichtlich eines "zentralen EU-Geheimdienstes" aus.

Beschleunigung von Großverfahren

Die einstimmig angenommene Novelle zum AVG zielt darauf ab, Großverfahren zu beschleunigen und kostengünstiger zu machen. So wird die zuständige Behörde künftig bereits ab 50 Beteiligten die verfahrensrechtlichen Bestimmungen für Großverfahren anwenden können. Bisher war das erst ab 100 Beteiligten möglich. Zudem werden verschiedene Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung gesetzt. Dazu gehört etwa die Möglichkeit der Behörde, gleichzeitig mit der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung eine Frist für weitere Vorbringen zu setzen. Zudem wird die Behörde für Teilbereiche einer Sache den Schluss des Ermittlungsverfahrens erklären können. Auch die Kundmachung von Edikten wird neu geregelt und die sogenannte "Ediktalsperre", die derzeit Verlautbarungen während typischer Urlaubszeiten untersagt, aufgehoben. Zudem wurde eine Bestimmung in den Gesetzentwurf eingebaut, die die Heranziehung nicht-amtlicher Sachverständiger bei Verwaltungsverfahren und Verfahren vor Verwaltungsgerichten erleichtert. Auch das soll zu einer Verfahrensbeschleunigung führen.

Sebastian Stark (ÖVP/N) sprach von einem "großen Schritt für wichtige Infrastrukturprojekte", ohne den Rechtsschutz einzuschränken. Notwendige Verfahren würden künftig schneller, einfacher und digitaler gemacht, was auch zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft beitragen werde.

Dem schloss sich Sandro Beer (SPÖ/W) an. Die AVG-Novelle verstärke die Handlungsfähigkeit des Staates, indem sie "klare und verlässliche Rahmenbedingungen für wichtige Infrastrukturprojekte schafft", etwa im Bereich des Bahn- und Straßenbaus oder für den Klimaschutz. Man modernisiere die Verwaltung, ohne rechtstaatliche Prinzipien aufzugeben.

Auch Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S) begrüßte die Ziele der Verfahrensbeschleunigung und -strukturierung sowie die Kostensenkung bei Großverfahren. Es handle sich dabei um "einen Schritt in die richtige Richtung", wobei die Freiheitlichen auf weitere Verbesserungen pochen würden.

Verfahren in das digitale Zeitalter überzuführen sei "längst überfällig", betonte Elisabeth Kittl (Grüne/W). Es werde sich aber erst weisen, ob die Novelle tatsächlich verfahrensbeschleunigend wirke und gleichzeitig nicht die Beteiligungsmöglichkeiten der Bevölkerung einschränke.

Staatssekretär Alexander Pröll sprach von einem "Genehmigungsturbo für Österreich", der Verfahren modernisiere und den Standort stärke. Verwaltungsverfahren würden dadurch ab 1. Jänner 2026 schneller, digitaler und günstiger gestaltet.

Europäisches Reiseinformationssystem und Vernetzung von Sicherheitsdatenbanken

Mit dem neuen Reiseinformationssystem (ETIAS) sollen Informationslücken bei visumfreien Einreisen geschlossen werden, indem Daten von Drittstaatsangehörigen bereits vor der Einreise automatisiert mit bestehenden Sicherheitsdatenbanken abgeglichen werden. In Österreich soll dafür eine nationale ETIAS-Stelle im Innenministerium eingerichtet werden.

Parallel dazu will die Regierung die EU-Verordnungen zur Interoperabilität europäischer Informationssysteme umsetzen, die eine Vernetzung des Schengener Informationssystems (SIS), des Visa-Informationssystems (VIS), der Eurodac-Datenbank (Fingerabdruck-Identifizierungssystem für Asyl- und Migrationsverfahren), des Einreise-/Ausreisesystems (EES), des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) sowie des Strafregisterinformationssystems für Drittstaatsangehörige (ECRIS-TCN) über gemeinsame technische Komponenten - das Europäische Suchportal (ESP), den gemeinsamen biometrischen Abgleichdienst (sBMS), das gemeinsame Identitätsdaten-Repository (CIR) und den Mehrfach-Identitäts-Detektor (MID) - vorsehen. Diese sollen eine schnellere und verlässlichere Identifizierung von Personen ermöglichen und Identitätsbetrug verhindern. Zudem ist vorgesehen, dass die Visumpflicht für visumbefreite Drittstaatsangehörige, die in Österreich als Saisonarbeitskräfte bis zu 90 Tage tätig sind, entfällt.

Er habe keine Einwände gegen das Ziel des verstärkten Informationsaustauschs, jedoch würden durch ETIAS künftig Reisebewilligungen grundsätzlich ohne Einwilligung des jeweiligen Staates erteilt werden, kritisierte Andreas Guggenberger (FPÖ/W). Auch den Wegfall der Visumspflicht für drittstaatsangehörige Saisonarbeitskräfte sah der FPÖ-Mandatar kritisch. Zudem würden humanitäre Reisegenehmigungen illegale Einwanderung attraktivieren. Werner Gradwohl (FPÖ/St) argumentierte ähnlich. Österreich verliere "ein weiteres Stück Selbständigkeit", da künftig "ein Computer in Brüssel" entscheide, wer in Österreich einreisen dürfe. Zudem sprach sich Gradwohl gegen Pläne zur Einführung eines eigenen EU-Geheimdiensts aus, was er mit einem Entschließungsantrag untermauerte.

Österreich verliere keine Kompetenzen, sondern gewinne ein modernes und europäisch vernetztes Werkzeug zur Bekämpfung von Terrorismus oder organisierter Schlepperei, hielt Christoph Stillebacher (ÖVP/T) der FPÖ-Kritik entgegen. Durch den Abbau nationaler Insellösungen könnten die Behörden künftig schneller auf alle relevanten Daten zuggreifen.

Dem schloss sich Dominik Reisinger (SPÖ/O) an. Es gehe um eine umfassende und grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit. Denn auch die internationale Kriminalität würde nicht an den Grenzen Österreichs halt machen. Die Ablehnung der FPÖ sei "wenig überraschend, aber umso bezeichnender", so Reisinger.

Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) sprach von einer "modernen, europäischen und praxistauglichen Lösung" und betonte die Wichtigkeit für den heimischen Tourismus. Einerseits komme es zu reibungsloseren Einreiseprozessen für Touristinnen und Touristen, andererseits sei der Wegfall der Visumspflicht für Saisonkräfte gut für die österreichischen Tourismusbetriebe.

Für Innenminister Gerhard Karner erhalten die Polizei und die Nachrichtendienste künftig "das Handwerkszeug" zur Bekämpfung von nationaler und internationaler Kriminalität, illegaler Migration sowie zur Terrorismusabwehr. (Fortsetzung Bundesrat) med

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


Rückfragen & Kontakt

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
www.parlament.gv.at/Parlamentskorrespondenz

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

Bei Facebook teilen
Bei X teilen
Bei LinkedIn teilen
Bei Xing teilen
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel