- 04.12.2025, 06:00:34
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Steigende Arbeitslosigkeit bei schrumpfendem Budget: Inflation heißt reale Kürzungen und gefährdet Strukturen I Budget 2027 entscheidend
arbeit plus: Fehlende Indexvalorisierung gefährdet Programme und 20.000 Arbeitsplätze in Sozialen Unternehmen. Budget 2026 darf keinesfalls weiter sinken. 2027 muss gegensteuern.
Die Arbeitsmarktsituation in Österreich verschärft sich: Seit 32 Monaten steigen die Arbeitslosenzahlen durchgängig. Im November 2025 waren 399.199 Personen arbeitslos oder in Schulung gemeldet – ein Anstieg von 15.236 Menschen, also ein Plus von 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders alarmierend ist die Entwicklung bei Menschen in verfestigter Arbeitslosigkeit: Von allen arbeitslosen Personen waren 95.472 langzeitbeschäftigungslos. Ein Plus von 11.118 gegenüber dem Vorjahr oder umgerechnet +13,2 Prozent. Parallel dazu werden österreichweit Programme für arbeitsmarktintegrative Maßnahmen nicht inflationsangepasst oder gekürzt. arbeit plus gemeinsam mit dem SWÖ warnen: Die Einsparungen gefährden Jobs und jahrzehntelang erfolgreich aufgebaute Strukturen aktiver Arbeitsmarktpolitik.
Wirtschaftsflaute trifft besonders Frauen und Ältere hart
„Wir erleben seit 32 Monaten ununterbrochen steigende Arbeitslosenzahlen. Die Lage ist ernst", stellt Sabine Rehbichler, Geschäftsführerin von arbeit plus Österreich, klar. „Die angespannte wirtschaftliche Situation mit laufenden Betriebsschließungen führt dazu, dass Menschen länger arbeitslos bleiben und in verfestigte Arbeitslosigkeit abzurutschen drohen. Das ist ein Teufelskreis: Je länger Menschen arbeitslos sind, desto schwerer finden sie zurück in den Arbeitsmarkt."
Die Zahlen zeigen deutlich: Frauen sind seit etwa einem Jahr überdurchschnittlich stark vom Anstieg der Arbeitslosigkeit und Langzeitbeschäftigungslosigkeit betroffen. Außerdem steigt die Dauer der Arbeitslosigkeit dramatisch mit dem Alter: Die durchschnittliche Vormerkdauer beim AMS beträgt im November 2025 198 Tage, bei Personen ab 50 bereits 284 Tage. Noch alarmierender ist die Situation bei den rund 40.000 langzeitbeschäftigungslosen Arbeitslose ab 50. Diese sind im Schnitt 555 Tage, umgerechnet anderthalb Jahre, beim AMS vorgemerkt.
„Es ist zu kurzgegriffen zu meinen, dass die überproportional steigende Frauenarbeitslosigkeit rein auf die Erhöhung des Pensionsantrittsalters zurückzuführen ist", gibt Manuela Vollmann, Vorsitzende von arbeit plus Österreich zu bedenken. „Die Entwicklung ist Ausdruck massiver struktureller Probleme am Arbeitsmarkt. Frauen werden systematisch benachteiligt, von den Chancen auf Wiedereinstieg bis hin zu den Qualifizierungsangeboten. Es ist eine lebenslange Benachteiligung mit hohen ökonomischen Folgen für jede Einzelne.“
Mit Blick auf die bereits erfolgten Einsparungen bei Projekten für Jugendliche und junge Menschen mit Behinderung warnt SWÖ-Fachgruppenvorsitzender Walerich Berger: „Statt junge Menschen zu stärken und ihnen die Unterstützung zu geben, die sie brauchen, um überhaupt in den Arbeitsmarkt zu kommen, werden durch die öffentliche Hand derzeit die Brücken dorthin abgebrochen“, Und er stellt die Frage: „Wer erklärt jungen Menschen, dass für ihre Zukunft kein Platz mehr im Budget ist?“
Inflation nagt am Budget: Keine Indexvalorisierung bedeutet reale Kürzungen
Bei steigenden Betroffenenzahlen verschärft sich ein weiteres strukturelles Problem: Die fehlende Indexvalorisierung und Anpassung des arbeitsmarktpolitischen Investitionsbudgets auf den steigenden Bedarf. Rehbichler dazu: „Für 2026 ist angekündigt, dass das Budget am Papier stabil bleibt, von potenziellen weiteren Reduktionen ist die Rede. Bei steigenden Betroffenenzahlen und anhaltend hoher Inflation bei über 4 Prozent wird 2026 ein besonders herausforderndes Jahr für die aktive Arbeitsmarktpolitik. Denn ein nominal stabiles Budget bedeutet bei gleichbleibend hoher Inflation faktisch eine Kürzung. Und das genau jetzt, wo wir angesichts der Zahlen mehr Investitionen für den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt brauchen, nicht weniger.“
Vollmann ergänzt: „Die fehlende Indexvalorisierung ist ein massives Problem, uns erreichen täglich Hilferufe unserer Mitgliedsunternehmen im Netzwerk, die Angebote schließen müssen, weil die Mittel von Ländern und Bund nicht mehr reichen“, ergänzt Vollmann. „Während die betrieblichen Kosten mit der Inflation steigen, bleibt das Budget maximal gleich. Das bedeutet real weniger Betreuungsplätze, weniger Beratungen, weniger Unterstützung – für immer mehr Menschen, die es in Anspruch nehmen sollten, um im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Diese Rechnung kann nicht aufgehen. Wir brauchen dringend mehr Mittel, um der steigenden Arbeitslosigkeit entgegenzutreten.“
Programme werden gekürzt – regionale Auswirkungen auf Wirtschaft und Betreuung
Die realen Budgetkürzungen durch die weiterhin steigende Inflation und die laufend umgesetzten Sparmaßnahmen in Bund und Ländern, insbesondere im Sozialbereich, zwingen die Sozialen Unternehmen bereits jetzt in allen Bundesländern zu schmerzhaften Entscheidungen.
„Dabei verlangen die Rahmenbedingungen nach mehr aktiver Arbeitsmarktpolitik, nicht weniger“, so Vollmann. Die Steiermark ist jenes Bundesland, in dem die Arbeitslosigkeit im November 2025 mit plus 6,8 Prozent österreichweit am stärksten angestiegen ist. Gleichzeitig gehört die Steiermark neben Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg zu jenen Bundesländern, in denen auch die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Arbeitslosen überdurchschnittlich stark zugenommen hat: in der Steiermark um rund 20 Prozent, in den anderen Bundesländern sogar noch stärker.
„Die angespannte Wirtschaftslage mit dem angekündigten Personalabbau bei der Voestalpine in Mürzzuschlag und Kindberg lässt befürchten, dass diese Zahlen noch weiter steigen werden“, so Vollmann. „Gleichzeitig zeigt eine Umfrage in unseren Mitgliedsbetrieben eine dramatische Auswirkung der realen Budgetkürzungen.“ Sie führt an: „Ein Soziales Unternehmen in Leoben muss, um Schlüsselkräfte nicht zu verlieren, die Einsparungen bei den Transitarbeitskräften voll durchschlagen lassen. Das bedeutet: weniger Plätze für AMS-Kund:innen, reduzierte Zugänge zu Projekten, gekürzte Öffnungszeiten und Stundenreduktionen von 30 auf 27 Wochenstunden bei den Anstellungen. Das wird sich darin niederschlagen, dass mehr Personen länger arbeitslos bleiben."
Rehbichler berichtet von einem weiteren Projekt in der Steiermark, das vom Gesundheitsfonds bereits um 25 Prozent und vom Sozialministerium um weitere 5 Prozent gekürzt wurde. Weitere Kürzungen für 2026 stehen bereits im Raum.„Besonders unverständlich ist, dass die niederschwelligen Beschäftigungsprojekte (NsBA), die Menschen ermöglichen schrittweise wieder am Arbeitsmarkt teilzunehmen, in der Steiermark ab Juli 2026 eingestellt werden sollen, obwohl EU-Mittel für 40 % der Finanzierung bereitstehen."
Walerich Berger weist auf die Schließung von Produktionsschulen, Streetwork-Stellen und das Sperren von Jugendzentren hin: „Die Liste an Kürzungen Auf unserer SWÖ-Bundesländertour - unter anderem in der Steiermark oder Oberösterreich – konnten wir hautnah erleben, wie engagiert soziale Trägerorganisationen jungen Menschen Perspektiven eröffnen. Das sind genau jene Strukturen, die jetzt durch den Kahlschlag der öffentlichen Hand bedroht sind.“
Vollmann: „Was dies konkret bedeutet? Weniger individuelle Betreuung, weniger Wiedereinstiegschancen, weniger Integration und das genau in dem Moment, wo die Langzeitarbeitslosigkeit explodiert. Diese Kürzungen gefährden nicht nur die Chancen der Betroffenen auf nachhaltige Integration, sie schwächen auch die regionale Wirtschaft, wo Soziale Unternehmen wichtige Arbeitgeber, Auftraggeber und Wirtschaftsfaktoren sind."
Alleine im Netzwerk von arbeit plus sind rund 20.000 Mitarbeiter:innen österreichweit in den Sozialen Unternehmen tätig. Rehbichler dazu: „Die angespannte Budgetsituation in den rund 200 Betrieben im Netzwerk von arbeit plus führt bereits jetzt zu einem beginnenden Brain-Drain. Auf Grund des ökonomischen Drucks – auch hier Stichwort Inflation, steigende Mieten und Energiekosten – beginnen hochqualifizierte Fachkräfte mit der Jobsuche. Jahrelang aufgebautes Know-how geht also genau in jenem Moment verloren, wo wir sie mit Blick auf die nähere Zukunft besonders brauchen.“
Budget 2027: Jetzt investieren und Weichen stellen statt später teuer reparieren
„Das Budget 2026 für Arbeitsmarktpolitik muss abgesichert und 2027 vorausschauend geplant werden, um dem Trend der steigenden Arbeitslosigkeit gegenzusteuern “, werfen Vollmann und Rehbichler gemeinsam in die Diskussion ein. Mit Blick auf die Wirtschaftsprognosen weisen beide darauf hin, dass sich die Lage im kommenden Jahr 2026 nicht plötzlich verbessern wird und betonen, dass daher die Weichen jetzt zu stellen sind: „Die Kosten werden weitaus höher sein als die notwendigen Investitionen in wirksame arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Wer heute bei Qualifizierung, Betreuung und Integration spart, zahlt morgen ein Vielfaches für Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe respektive Mindestsicherung und die gesundheitlichen Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit.”
Abschließend unterstreicht Rehbichler: „Wir dürfen bei allen Zahlen, mit denen wir arbeiten nie vergessen, dass hinter jeder Zahl viele Menschen stehen, die eine persönliche und ökonomische Perspektive brauchen.“ Vollmann ergänzt: „Es geht um die soziale Stabilität, und ja auch um die Demokratie in Österreich. Die kommenden Budgetverhandlungen für das Jahr 2027 sind Chance beides zu sichern, die nicht verpasst werden sollte."
Rückfragen & Kontakt
arbeit plus - Soziale Unternehmen Österreich
Eva Winterer
Presse
Telefon: 0043 664 4313590
E-Mail: eva.winterer@arbeitplus.at
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