- 03.12.2025, 18:32:02
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Kündigungsfristen für Arbeiterinnen und Arbeiter: Gesetzesnovelle soll für Rechtssicherheit sorgen
Sozialausschuss schickt außerdem ergänzende Gesetzesbestimmung zur Umsetzung der EU-Mindestlohnrichtlinie ins Plenum
Im Jahr 2017 hat der Nationalrat beschlossen, die Kündigungsfristen von Arbeiterinnen und Arbeitern an jene der Angestellten anzugleichen, wobei die Bestimmungen nach mehreren Verschiebungen letztendlich am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten sind. Für Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, können per Kollektivvertrag jedoch abweichende Regelungen festgelegt werden. In der Praxis kam es allerdings des Öfteren zu Auslegungsproblemen, welche Branchen unter diese Ausnahmebestimmung fallen. Außerdem gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung neue Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Sozialpartnern notwendig sind, oder ob alte kollektivvertragliche Regelungen weitergelten, wie letztlich der OGH geurteilt hat.
Nun soll eine von der Regierung bereits im Sommer vorgelegte Gesetzesnovelle (187 d.B.) Klarheit schaffen. Sie hat heute unter Berücksichtigung eines umfangreichen Abänderungsantrags mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen den Sozialausschuss des Nationalrats passiert. Demnach sollen ausschließlich Branchen, für die zwischen dem 1. Jänner 2018 und dem 30. Juni 2025 entsprechende kollektivvertragliche Regelungen vereinbart wurden, von den im ABGB verankerten allgemeinen Kündigungsfristen ausgenommen sein. Das betrifft laut Erläuterungen 29 Kollektivverträge, wobei neben der Bauindustrie und dem Baugewerbe unter anderem Dachdecker, Spengler, Maler und Glaser genannt werden. Auch Wachorgane im Bewachungsgewerbe sowie Beschäftigte in privaten Busunternehmen und im Kleintransportgewerbe sind umfasst. Ältere kollektivvertragliche Vereinbarungen werden damit automatisch hinfällig. Gleichzeitig entfällt die Vorgabe, dass es sich um Saisonbranchen handeln muss.
Neu ist außerdem, dass per Kollektivvertrag festgelegte Kündigungsfristen eine Woche nicht unterschreiten dürfen. Sollten die von der Ausnahmebestimmung umfassten Kollektivverträge später geändert werden, darf es nur zu günstigeren Regeln für Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern, aber zu keinen Verschlechterungen kommen.
Mit einer Änderung des Landarbeitsgesetzes werden die neuen Bestimmungen auch für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft nachvollzogen, mit der Maßgabe, dass in diesem Bereich eine mindestens zweiwöchige Kündigungsfrist vorgesehen ist. Keine Unterscheidungen mehr werden gemäß dem Abänderungsantrag hingegen beim möglichen Zeitfenster für spezielle kollektivvertragliche Kündigungsfristen - 1. Jänner 2018 bis 30. Juni 2025 - vorgenommen.
EU-Mindestlohnrichtlinie bringt besseren Kündigungsschutz bei Unterzahlung
Mit dem von den Koalitionsparteien eingebrachten Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage wird in Umsetzung der EU-Mindestlohnrichtlinie außerdem ein besserer Kündigungsschutz für Beschäftigte verankert, die sich gegen eine Bezahlung unter dem Kollektivvertrag zur Wehr setzen. Die Rechtslage in Österreich entspreche zwar im Wesentlichen den EU-Vorgaben, in diesem einen Punkt sehen ÖVP, SPÖ und NEOS aber Nachbesserungsbedarf. Laut Erläuterungen sind derzeit nämlich nur Beschäftigte in betriebsratspflichtigen Betrieben, also in Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern, durch das Arbeitsverfassungsgesetz ausreichend geschützt. Nun wird ergänzend auch im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz ein Benachteiligungsverbot verankert. Demnach dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich wegen einer Unterzahlung beschweren oder vor Gericht ziehen, weder gekündigt, noch entlassen oder auf andere Weise - zum Beispiel bei Beförderungen - benachteiligt werden.
FPÖ stimmt gegen Gesetzesnovelle
SPÖ-Abgeordneter Michael Seemayer erläuterte, die Definition von "Saisonbetrieben" habe immer wieder zur Unklarheiten geführt. Mit der Novellierung werde nun Rechtssicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschaffen, unabhängig davon, in welcher Art von Betrieb sie arbeiten. Der Abänderungsantrag solle außerdem sicherstellen, dass die Mindestlohnrichtlinie der EU auch von Österreich vollständig umgesetzt wird.
Seitens der FPÖ kündigte Andrea Schartel an, dass ihre Fraktion der Novelle vorerst nicht zustimmen werde. So sei etwa die Gastronomie in den Regelungen nicht berücksichtigt, obwohl es auch dort Saisonbetriebe gebe.
Eine weitere in der Novelle verankerte Änderung betrifft ebenfalls das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz: Demnach werden ab Juli 2026 die jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger für die Einhebung jener Beiträge zuständig sein, die Unternehmen im Bereich des Reinigungs- und Bewachungsgewerbes laut Kollektivvertrag an einen Sozialfonds zu leisten haben. Gemäß den Erläuterungen sollen diese Fonds - ähnlich wie im Bereich der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter - dazu dienen, den Beschäftigten Weiterbildung zu ermöglichen bzw. zu ihrer sozialen Absicherung beitragen. (Fortsetzung Sozialausschuss) gs/sox
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