- 03.12.2025, 18:15:02
- /
- OTS0198
Sozialausschuss billigt Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht
NS-Opfern, die erst Anfang der 50er-Jahre aus Österreich ausgewandert sind, wird Nachkauf von Pensionsversicherungszeiten ermöglicht
Der Sozialausschuss des Nationalrats hat zum Auftakt seiner heutigen Sitzung Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht gebilligt. Dabei geht es unter anderem um die Mitversicherung einer Lebensgefährtin bzw. eines Lebensgefährten, kleinere Nachbesserungen bei der neuen Teilpension und die knappschaftliche Pensionsversicherung. Zudem spricht sich der Ausschuss für sozialrechtliche Verbesserungen für Überlebende des Holocaust in Zusammenhang mit dem Nachkauf von Pensionsversicherungszeiten und dem Bezug von Pflegegeld im Ausland aus. Betroffen davon sind Personen, die Österreich erst in den späten 1940er- bzw. frühen 1950er-Jahren verlassen haben. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen, die anderen Änderungen haben den Ausschuss gegen die Stimmen der FPÖ passiert.
Vertagt wurden die Beratungen über mehrere Oppositionsanträge: Sie haben die Wiedereinführung der abschlagsfreien Frühpension bei 45 Arbeitsjahren (sogenannte "Hacklerregelung"), eine stärkere Begrenzung von "Luxuspensionen" sowie Erleichterungen für Selbstständige bei der Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen im Insolvenzfall zum Ziel.
Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht
Basis für die Beschlüsse im Ausschuss bildeten zum einen eine Regierungsvorlage (299 d.B.) und zum anderen ein Fünf-Parteien-Antrag (Details dazu siehe weiter unten). So ist etwa geplant, einzelne Klarstellungen und Nachbesserungen in Bezug auf die neue Teilpension vorzunehmen. Demnach soll es beispielsweise nicht nötig sein, die mit dem Dienstgeber vereinbarte Arbeitszeitreduktion auf ganze Arbeitsstunden zu runden. Zudem soll sichergestellt werden, dass Bezieherinnen und Bezieher einer Teilpension, die nach Erreichen des Regelpensionsalters weiterarbeiten, in Bezug auf den damit verbundenen Pensionsbonus nicht benachteiligt werden.
Darüber hinaus wird eine Bestimmung betreffend die Mitversicherung einer Lebensgefährtin bzw. eines Lebensgefährten adaptiert. Nach der geltenden Rechtslage ist eine solche Mitversicherung in der Krankenversicherung nur dann möglich, wenn seit zehn Monaten eine Hausgemeinschaft besteht und die betreffende Person in dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt geführt hat. Diese Vorgaben können laut Sozialministerium bei einer abwechselnden Elternkarenz nach Auslaufen des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld zu einem Problem werden. Daher soll nun auch dann eine Mitversicherung ermöglicht werden, wenn sich der Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder widmet, wobei die Voraussetzung einer mindestens zehnmonatigen Hausgemeinschaft weiterhin bestehen bleibt.
Mit einem von den Koalitionsparteien eingebrachten Abänderungsantrag wurde außerdem eine Günstigkeitsklausel für Personen, die nach 1954 geboren wurden und der knappschaftlichen Pensionsversicherung zugehörig sind, um zehn Jahre - bis Ende 2035 - verlängert. Es handle sich um nur sehr wenige Einzelfälle, ein Auslaufen der Übergangsbestimmung könnte für die individuell betroffenen Personen aber erhebliche Nachteile bringen, wird diese Maßnahme begründet. Stimmberechtigten Funktionärinnen und Funktionären der Verwaltungskörper der Sozialversicherungsträger wird mit der Gesetzesnovelle die Video-Teilnahme an Sitzungen erleichtert.
Ausdrücklich begrüßt wurden die Regierungsvorschläge von Michael Hammer (ÖVP) und Fiona Fiedler (NEOS). Es handle sich in Summe um gute Präzisierungen und Anpassungen, sagte Hammer. Auch FPÖ-Abgeordnete Andrea Michaela Schartel konnte einzelnen Bestimmungen wie jener zur Mitversicherung von Lebensgefährtinnen bzw. Lebensgefährten etwas abgewinnen. Allerdings habe die FPÖ die Teilpension abgelehnt und könne daher auch die vorgesehenen Änderungen nicht mittragen, betonte sie. Auch die Bestimmung betreffend die Video-Teilnahme von Funktionärinnen und Funktionären an Sitzungen sieht sie kritisch.
Sozialrechtliche Verbesserungen für Überlebende des Holocaust
Personen, die während des "Ständestaates" bzw. der NS-Herrschaft in Österreich politisch verfolgt wurden oder aus religiösen Gründen bzw. wegen ihrer Abstammung ihre Heimat verlassen mussten, wird nach bestehender Rechtslage die Möglichkeit eingeräumt, Pensionsversicherungszeiten begünstigt nachzukaufen. Für jeden Monat der Auswanderung können demnach Beiträge von 44,22 Ꞓ (Wert 2025) nachentrichtet werden, wobei die Nachkaufmöglichkeit für den Zeitraum bis zum 31. März 1959 besteht. Diese Bestimmung kann auch von Personen in Anspruch genommen werden, die erst in den unmittelbaren Nachkriegsjahren ausgewandert sind, etwa weil sie KZ-Häftlinge waren oder sich in der NS-Zeit vor Verfolgung verstecken mussten.
Nun wird der Stichtag für diese Sonderregelung gemäß einem gemeinsamen Antrag der fünf Parlamentsparteien (587/A) vom 31. Dezember 1949 auf den 15. Mai 1955 verlegt. Das Zentralkomitee der Juden aus Österreich in Israel habe darauf hingewiesen, dass eine nicht unbeträchtliche Zahl von Holocaust-Überlebenden erst zu Beginn der 1950er-Jahre aus Österreich ausgewandert ist, wird dieser Schritt von den Abgeordneten Michael Hammer (ÖVP), Josef Muchitsch (SPÖ), Fiona Fiedler (NEOS), Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und Markus Koza (Grüne) begründet. Sie sollen gegenüber jenen Verfolgten, die Österreich zwischen dem 4. März 1933 und dem 9. Mai 1945 dauerhaft verlassen haben, nicht benachteiligt werden. Ausgezahlt werden etwaige neue bzw. höhere Pensionsansprüche ab Jänner 2026.
Eine analoge Stichtagsregelung sieht der Gesetzesantrag überdies für den Bezug von Pflegegeld außerhalb Österreichs vor: Demnach steht künftig auch Personen, die Österreich aus den oben genannten Gründen nach dem 9. Mai 1945 und vor dem 15. Mai 1955 verlassen haben, Pflegegeld ohne Wohnsitz in Österreich zu, sofern sie die anderen Kriterien erfüllen.
In der Debatte wies Verena Nussbaum (SPÖ) darauf hin, dass es nur noch wenige Personen gibt, denen die Gesetzesnovelle zugutekommt. Dennoch zeigte sie sich wie Michael Hammer (ÖVP), Fiona Fiedler (NEOS) und Markus Koza (Grüne) darüber erfreut, dass es gelungen sei, alle Parteien ins Boot zu holen. Koza hob hervor, dass der Staat Israel erst 1948 gegründet wurde und viele Holocaust-Überlebende erst danach ausgewandert seien.
FPÖ pocht auf Wiedereinführung der "Hacklerregelung"
Neuerlich vom Ausschuss vertagt wurden die Beratungen über einen Entschließungsantrag der FPÖ (351/A(E)), der darauf abzielt, die abschlagsfreie Frühpension bei 45 Arbeitsjahren, bekannt als "Hacklerregelung", wieder einzuführen. Ihrer Rechnung nach würde diese Maßnahme "gut 500 Mio. Ꞓ pro Jahr kosten", das sei angesichts der Budgetlage nicht umsetzbar, erklärte Heike Eder (ÖVP). Sie wies zudem darauf hin, dass vor allem Männer mit überdurchschnittlich hohen Pensionen von der "Hacklerregelung" profitieren würden, während der als Ersatz beschlossene Frühstarterbonus viel mehr Personen zugutekomme. Fiona Fiedler (NEOS) geht sogar von doppelt so hohen Kosten wie Eder aus. Kritik an der Vertagung des Antrags übte FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm: Leistung müsse sich lohnen, 45 Arbeitsjahre seien genug, machte er geltend.
Grüne wollen "Luxuspensionen" stärker begrenzen
Auch eine Gesetzesinitiative der Grünen zur stärkeren Begrenzung von "Luxuspensionen" (462/A) wurde erneut in die Warteschleife geschickt. Geht es nach Abgeordnetem Koza soll die gesetzliche Obergrenze für Pensionen von Funktionären und Bediensteten staatsnaher Rechtsträger bis zum Jahr 2030 schrittweise auf das Siebenfache der Ausgleichszulage gesenkt werden. Derzeit knüpft das Gesetz an der zweifachen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage an, was rund dem Zehnfachen der Ausgleichszulage entspricht. Es sei ein gewisser Aufwand, das System zu reformieren, räumte Koza im Ausschuss ein, es brauche aber eine gerechtere Regelung, zumal nach dem jetzigen System die von den Betroffenen zu leistenden Pensionssicherungsbeiträge mit höheren Pensionen sinken. Die Grünen seien bereit, der Koalition für eine Reform die nötige Zweidrittelmehrheit zu liefern, sagte er.
Heike Eder (ÖVP) zeigte sich vom Antrag allerdings nicht überzeugt. Die Ausgleichszulage sei in den letzten Jahren überproportional angehoben worden, darauf abzustellen, könnte zu Verzerrungen führen. Demgegenüber sieht auch FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm in Bezug auf "Luxuspensionen" Handlungsbedarf.
Grüne fordern "echte zweite Chance" für Selbstständige
Ein weiteres Anliegen ist den Grünen, Selbstständigen, die in die Insolvenz schlittern, eine "echte zweite Chance" zu geben. Derzeit könnten ausstehende Sozialversicherungsbeiträge im Insolvenzfall zum Teil jahre- und sogar jahrzehntelang gegen Pensionszahlungen oder andere Leistungen der Sozialversicherung aufgerechnet werden, beklagt Abgeordnete Elisabeth Götze. Sogar eine Aufrechnung unter das Existenzminimum ist ihr zufolge möglich. Sie fordert daher eine Angleichung der einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen an die Insolvenzordnung (491/A(E)). Schulden und Rückstände bei Sozialversicherungsträgern sollten nicht dazu führen, dass Menschen "in Armut geführt" würden und bis ins hohe Alter alte Beitragsrückstände in Raten abzahlen müssten, argumentiert sie.
Während FPÖ-Abgeordnete Andrea Michaela Schartel dem Antrag etwas abgewinnen konnte und darauf verwies, dass das Problem vor allem Ein-Personen-Unternehmen betreffe, zeigte sich Reinhold Binder (SPÖ) skeptisch. Man müsste sich das "größer anschauen", sagte er. Es gehe nicht nur um den Schutz der Betroffenen, sondern auch um die Finanzierung des Sozialversicherungssystems. Auch dieser Entschließungsantrag wurde schließlich vertagt. (Fortsetzung Sozialausschuss) gs
Rückfragen & Kontakt
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
www.parlament.gv.at/Parlamentskorrespondenz
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA






