- 03.12.2025, 16:45:02
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Städtebund begrüßt Rechtsgrundlage für automationsunterstützte Zufahrtskontrolle
Begutachtungsentwurf zur 36. StVO-Novelle geeignet für verfassungs- und datenschutzrechtskonforme Umsetzung
Michael Kögl, Vizebürgermeister von St. Pölten und Vorsitzender des Städtebund-Verkehrsausschusses: „Eine verfassungskonforme und datenschutzrechtlich einwandfrei gesetzliche Regelung der automationsunterstützten Zufahrtskontrolle ist ein lang gehegter Wunsch der Städte, die so die Sicherheit in den Innenstädten und in sensiblen Verkehrsbereichen einfacher, kostengünstiger und effizienter sicherstellen können. Oberstes Gebot muss immer die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer:innen sein, daher begrüßen wir die 36. StVO-Novelle als Verkehrsausschuss des Städtebundes und hoffen auf einen zeitnahen Beschluss im Nationalrat.“
„Im Namen des Städtebundes möchte ich mich dafür bedanken, dass der langjährigen, fraktionsübergreifenden Forderung der österreichischen Städte, automationsunterstützte Zufahrtskontrollen in verkehrsberuhigten Bereichen durchführen zu dürfen mit der gegenständlichen 36. Novelle der Straßenverkehrsordnung Rechnung getragen wird,“ so Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.
Die österreichischen Städte setzen schon seit vielen Jahrzehnten Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung der Innenstädte. Trotz diverser Bemühungen werden Fahrverbote, Fußgängerzonen und andere Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung vom motorisierten Individualverkehr oftmals missachtet. Das hat negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, wie Auswertungen von Unfällen mit Personenschaden in den Innenstädten von Wien, Graz und Salzburg belegen.
Eine mögliche Lösung, die auch international praktiziert wird, ist die Erfassung unberechtigter Einfahrten in speziell definierte Bereiche mittels bildgebender Verfahren („automationsunterstützte Zufahrtskontrolle“). Mit dem Entwurf zur 36. Novelle der Straßenverkehrsordnung wird dafür nun die erforderliche gesetzliche Grundlage geschaffen.
Universitätsprofessor Dr. Nikolaus Forgó, Verfasser des Städtebund-Rechtsgutachtens aus 2022, das datenschutzrechtliche Bedenken ausräumt: „Es ist wichtig, datenschutzrechtliche Fragen umfassend und im Vorfeld zu analysieren und zu klären, um - berechtigten - Bedenken Rechnung zu tragen. Die automatisierte Verkehrsüberwachung speziell definierter Bereiche durch ein automatisiertes Zonen-Zufahrtsmanagement dient der Verkehrssicherheit, der körperlichen Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit, der Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe sowie dem Schutz der Bevölkerung und der Umwelt, und ist geeignet, diese Ziele zu erreichen, indem das jeweilige Stadt- und Gemeindezentrum vom unberechtigten Autoverkehr entlastet und somit aufgewertet wird. Der Einsatz von bildverarbeitenden technischen Einrichtungen entspricht daher dem Sachlichkeitsgebot und ist verhältnismäßig.“
Ulli Sima, Wiener Mobilitätsstadträtin: „Wir haben fast fünf Jahre auf einen solchen Gesetzesentwurf gewartet, der in Wien eine verkehrsberuhigte Innere Stadt via kamerabasierter Zufahrtskontrolle ermöglicht, eines der größten Verkehrsberuhigungsprojekte Österreichs. Bis zu 15.700 Einfahrten in den 1. Bezirk könnten mit unserem Modell täglich verhindert werden. Der Datenschutz war dabei nie Gefahr, das bestätigt auch das gemeinsame Datenschutzgutachten von Städtebund und Klimaministerium, das bereits 2022 grünes Licht für eine kamerabasierte Zufahrtskontrolle gegeben hat, wie sie in vielen anderen europäischen Städten und auch bei der Section Control und den Mautstellen seit vielen Jahren Praxis sind.“
Judith Schwentner, Vizebürgermeisterin von Graz, zuständig für Mobilität und stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Städtebundes: „Beim Zufahrtsmanagement geht es uns vor allem um die Sicherheit der Fußgänger:innen. In Graz kommt es immer wieder zu unerlaubten Einfahrten in die Fußgängerzonen – das müssen wir besser schützen. Dass ein datenschutzkonformes Zufahrtsmanagement möglich ist, hat bereits der Entwurf gezeigt, der unter der Federführung der ehemaligen Bundesministerin Leonore Gewessler erarbeitet wurde. Eine überarbeitete Novelle könnte ohne Videoaufnahmen auskommen, lediglich Fotos nutzen und eine Weitergabe der Daten an die Polizei ausschließen.“ Der Städtebund hat diese Punkte (Einschränkung auf Fotoaufnahmen, Ausschluss der Verwendung nach dem Sicherheitspolizeigesetz) auch in seiner Stellungnahme zur 36. StVO-Novelle offiziell an das Ministerium übermittelt.
Johannes Zangerl, Mobilitätsstadtrat in Dornbirn: "Als Mobilitätsstadtrat der Stadt Dornbirn begrüße ich innovative Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und Verkehrslenkung ausdrücklich. Die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen für den Einsatz automationsunterstützter Zufahrtskontrollen stellt dabei ein wichtiges Instrument dar, um sensible Gebiete und Ortsteile wirksam vor unnötigen Verkehrsbelastungen zu schützen. Sowohl bei innerstädtischen Verkehrsprojekten als auch bei Straßenbauvorhaben in Zusammenarbeit mit dem Land Vorarlberg erscheint der Einsatz solcher Systeme – insbesondere zur gezielten Lenkung des Schwerverkehrs – als sinnvoll und zukunftsweisend."
Kurt Wallner, Bürgermeister von Leoben und Vorsitzender des Städtebund-Landesgruppe Steiermark: „Die geplante StVO-Novelle ist ein wichtiger Schritt, um innerstädtische Verkehrszonen wirksam zu beruhigen und moderne, digitale Zufahrtskontrollen rechtlich abzusichern. Für Städte ist das entscheidend, weil wir sensible Bereiche gezielt schützen können – datensparsam, transparent und vollkommen datenschutzkonform. In Leoben sind wir derzeit mitten in der Vorbereitung eines automatisierten Zufahrtsmanagements. Schon jetzt zeigt sich, welche Vorteile solche Systeme bringen: weniger Durchzugsverkehr, mehr Sicherheit für Fußgänger:innen, klar geregelte Lieferzeiten und eine höhere Aufenthaltsqualität im Zentrum. Gerade in dieser Phase braucht es klare, rechtssichere Rahmenbedingungen. Die StVO-Novelle unterstützt Städte dabei, diesen Weg konsequent zu verfolgen und ihre Innenstädte attraktiv, ruhig und lebenswert zu gestalten.“
Grundrechts- und datenschutzkonforme, verhältnismäßige
Datenspeicherung von Fotos ausreichend
Der Ministerialentwurf der 36. StVO-Novelle wahrt die Grundsätze des Datenschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Die gesetzliche Grundlage des § 98h StVO ist hinreichend determiniert und entspricht der Rechtsprechung des VfGH für grundrechtskonforme Datenerhebungen bei automatisierter Verkehrsüberwachung in speziell definierten Bereichen (Erkenntnis zur „Section Control“).
Der Gesetzgeber könnte vorgeben, dass die erfassten Fotoaufnahmen nicht für Ermittlungen nach dem Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) verwendet werden dürfen, um die Akzeptanz der Systeme zu erhöhen.
Auch könnte eine Einschränkung der Datenaufzeichnung auf „reine“ Fotoaufnahmen (anstelle von Videoaufzeichnungen) erfolgen, da die Städte für den Datenabgleich keine Videos, sondern nur Fotoaufnahmen benötigen.
Erweiterung um einspurige Fahrzeuge, Radwege, Fahrradstraßen, Gehwege - Fußgängerzonen auch als „stand alone-Lösung“
In seiner Stellungnahme zur 36. StVO-Novelle regt der Österreichische Städtebund folgende Adaptierungen aus Sicht der praktischen Anwendung an:
Im Sinne der Gleichbehandlung sollen nicht nur mehrspurige, sondern auch einspurige Fahrzeuge erfasst werden dürfen (Motorräder wären vom Begutachtungsentwurf ausgenommen gewesen).
Auch Fußgängerzonen, die in Österreichs Städten seit vielen Jahren zur Verkehrsberuhigung zum Einsatz kommen und flächenmäßig durchaus große Ausdehnung haben, sollen auch als „stand alone“-Lösung von der Kontrolle umfasst sein dürfen (nicht nur als Teilgebiet eines örtlich darüber hinaus gehenden definierten Bereichs – wie derzeit im Gesetzesentwurf vorgesehen).
Die Möglichkeit, unberechtigte Einfahrten zu erfassen, soll auf Radwege, Gehwege und Fahrradstraßen erweitert werden.
Den Prüfmaßstab der „dringenden“ Erforderlichkeit vor Einsatz derartiger Systeme kennt weder die Rechtsprechung des VfGH noch wird eine „dringende“ Erforderlichkeit in der Datenschutzgrundverordnung vorgegeben. Vergleichbare Datenverarbeitungen im Zuge von Radarfotos finden auf Österreichs Straßen schon seit Jahrzehnten statt, ohne dass die StVO dafür den Nachweis einer „dringenden“ Erforderlichkeit vorsehen würde. Da der Begriff „dringende Erforderlichkeit“ unspezifisch ist, soll im Sinne der Rechtssicherheit mit dem Nachweis der „Erforderlichkeit“ das Auslangen gefunden werden.
Link zur Stellungnahme des Österreichischen Städtebundes zur 36. StVO-Novelle in Langfassung: https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/aa399835-bf29-4c4f-bfa4-0f7c5294af88
Link zum Gutachten betreffend datenschutzrechtliche Fragestellungen: https://www.staedtebund.gv.at/fileadmin/USERDATA/Service/publikationen/Studien/2022_GA_auto._ZZM_v16_final_NF.pdf
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