- 02.12.2025, 16:57:02
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Rechte von Menschen mit Behinderungen dürfen nicht an Zuständigkeiten scheitern
Reformpartnerschaft: Behindertenanwältin empfiehlt Überarbeitung der Zuständigkeiten im Bereich der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, Mag.a Christine Steger, fordert anlässlich der laufenden Reformpartnerschaft von Bund, Ländern und Gemeinden eine tiefgreifende Neuordnung der klassischen „Behindertenhilfe,“ also der Zuständigkeiten im Bereich der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Der derzeitige Zustand ist für Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen unübersichtlich, belastend und führt häufig dazu, dass notwendige Leistungen verspätet gewährt oder überhaupt nicht in Anspruch genommen werden können.
Zersplitterte Zuständigkeiten verhindern wirksame Unterstützung
Die Behindertenanwältin kritisiert, dass die Verantwortung für Leistungen der Teilhabe und Inklusion in Österreich zwischen Bund, Ländern, Sozialversicherungsträgern und weiteren Stellen aufgeteilt ist. Diese Fragmentierung führt dazu, dass Menschen mit Behinderungen im System „verlorengehen“ und ihre Rechte nicht konsequent umgesetzt werden. Viel zu oft hören Menschen mit Behinderungen: „Dafür sind wir leider nicht zuständig.“
„Die Unterstützung eines Menschen mit Behinderungen darf nicht davon abhängen, welche Stelle zuständig ist“, betont Steger. „Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erfordert klare, koordinierte und barrierefrei zugängliche Strukturen.“
Mehrfache Begutachtungen als belastende Hürden
Für Pflegegeld, berufliche Teilhabe, Rehabilitationsmaßnahmen, Mobilitätshilfen oder Unterstützungsleistungen müssen Menschen mit Behinderungen oft unterschiedliche Stellen durchlaufen. Jede Stelle sieht dann eigene Begutachtungen und Verfahrensstandards vor. Diese Wiederholungen führen zu vermeidbaren Belastungen und Verzögerungen. Es kann nicht sein, dass Menschen mit Behinderungen für völkerrechtlich garantierte Leistungen des Staats ein System durchlaufen müssen, das selbst für Expert:innen oft unübersichtlich und nicht nachvollziehbar ist.
„Menschen mit Behinderungen müssen dieselben Informationen und Nachweise häufig mehrfach erbringen. Das ist ineffizient und für viele gesundheitlich wie emotional schwer zu bewältigen“, so Steger. Sie fordert daher einheitliche, gegenseitig anerkannte Begutachtungen sowie digital optimierte Verfahrenswege.
Intransparenz und Komplexität erschweren den Zugang zu Leistungen
Das aktuelle System stellt Menschen mit Behinderungen vor erhebliche Herausforderungen. Viele wissen nicht, wo bestimmte Unterstützungen beantragt werden können oder welche Rechte ihnen zustehen. Auch Beratungsstellen berichten regelmäßig von Fällen, in denen Menschen aufgrund der unübersichtlichen Zuständigkeitslage auf Leistungen verzichten. In der Praxis werden Menschen mit Behinderungen dann regelmäßig so lange im Kreis geschickt, bis sie aufgeben und familiäre Unterstützung ihr letzter Ausweg ist.
„Ein System, das seine eigenen Abläufe nicht verständlich erklären kann und oft selbst nicht mehr weiß, wer eigentlich wofür zuständig ist, muss reformiert werden“, so Steger. „Leistungen der Teilhabe und Inklusion müssen sich am Bedarf der Menschen orientieren, nicht an verwaltungsorganisatorischen Grenzen. Leider haben wir heute eine Situation, wo sich Menschen an einem bürokratischen System orientieren müssen anstatt das System an ihnen.“
Reformbedarf auch im Bildungsbereich: Geteilte Zuständigkeiten verstärken Segregation
Im Bildungsbereich zeigt sich eine ähnliche Problematik der geteilten Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern. Die Kompetenztrennung erschwert eine kohärente inklusive Schulpolitik und führt zu erheblichen Unterschieden in den Angeboten und Entscheidungswegen zwischen den Bundesländern. Obwohl der Bundesminister für Bildung bereits öffentlich Reformwillen bekundet hat, findet sich ein Bekenntnis zur Segregation noch in zahlreichen Regierungsprogrammen der Länder.
Kinder mit Behinderungen werden zudem weiterhin zu oft in segregierte Schulformen verwiesen, obwohl inklusive Bildung sowohl internationaler Standard als auch rechtlich geboten ist. „Solange Bund und Länder einander im Bildungsbereich Zuständigkeiten zuschieben, bleibt eine wirksame Umsetzung inklusiver Strukturen blockiert“, betont Steger. Es brauche bundeseinheitliche Vorgaben und harmonisierte Umsetzungsschritte, um allen Kindern gleiche Chancen zu ermöglichen. Auch hier könnte die Reformpartnerschaft wesentlich zur Verbesserung der Situation beitragen.
Rückfragen & Kontakt
Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen
Mag.a Christine Steger
Telefon: 0171100862222
E-Mail: office@behindertenanwaltschaft.gv.at
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