- 02.12.2025, 07:30:32
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Massenabfertigung und Missstände: DOSSIER-Recherche zeigt Systemversagen in Österreichs Erwachsenenvertretung
Mangel an geeigneten Vertreter·innen und ein strukturelles Kontrollversagen der Gerichte ermöglicht Missbrauch auf Kosten schutzbedürftiger Menschen
Eine Recherche der Investigativplattform DOSSIER zeigt erhebliche Missstände im österreichischen Erwachsenenschutz: Massenabfertigung, zunehmende Ökonomisierung, Kontrollversagen sowie fehlende Beschwerdemöglichkeiten für Betroffene.
Massenabfertigung und Subunternehmen
Wegen knapper Ressourcen bestellen Gerichte immer häufiger Anwält·innen als gerichtliche Erwachsenenvertreter·innen. Eine DOSSIER-Auswertung zeigt, dass ihr Anteil österreichweit inzwischen bei rund 40 Prozent liegt, in Wien sogar bei 71 Prozent. Obwohl das Gesetz einen monatlichen persönlichen Kontakt vorsieht, übernehmen einzelne Anwält·innen hunderte Vertretungen – in Wien führen vier Anwält·innen gleichzeitig jeweils über 200 gerichtliche Erwachsenenvertretungen, sechs sogar über 300. Wie DOSSIER-Recherchen erstmals dokumentieren, lagern solche Kanzleien den persönlichen Kontakt zu ihren Klient·innen an Sub- und Subsubunternehmer·innen aus – ein System, das man aus prekären Branchen wie der Paketzustellung kennt.
Kontrollversagen und fehlende Rechte für Menschen mit Behinderungen
DOSSIER deckt auch Missstände bei der gerichtlichen Kontrolle auf. So zeigen die Recherchen Versäumnisse im Fall eines Steirers, der ab 2019 in seiner Rolle als gerichtlicher Erwachsenenvertreter und Vorsorgebevollmächtigter rund 713.000 Euro von mindestens 37 Schutzbefohlenen veruntreute: Obwohl der Mann bereits 2022 weit über der gesetzlich erlaubten Obergrenze von 15 Vertretungen lag, bestellten ihn Gerichte weiterhin – zeitweise betreute er wohl bis zu 60 Fälle gleichzeitig. Auch eine Anzeige wegen unrechtmäßiger Geldverwendung im Jahr 2023 blieb zunächst folgenlos; erst rund ein Jahr später wurde er festgenommen.
DOSSIER dokumentierte auch Versäumnisse im Umgang mit Beschwerden: In Niederösterreich ignorierte ein Bezirksgericht wiederholt die Anträge einer mehrfach behinderten Frau, die ihren gerichtlichen Erwachsenenvertreter wechseln wollte. Das Landesgericht St. Pölten begründet dies damit, dass die Frau aufgrund ihrer »schweren Behinderung« nicht in der Lage sei, Anträge zu stellen oder sich zu äußern – eine Begründung, die im Widerspruch zum Ziel der Selbstbestimmung laut Erwachsenenschutzgesetz steht.
Diese und weitere Rechercheergebnisse finden Sie im neuen DOSSIER-Magazin »Ob sie wollen oder nicht: Brennpunkt Erwachsenenvertretung«, erhältlich unter dossier.at oder als Teil der DOSSIER-Mitgliedschaft.
Rückfragen & Kontakt
DOSSIER-Chefredakteur Georg Eckelsberger
Telefon: 0676844430555
E-Mail: georg.eckelsberger@dossier.at
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