• 28.11.2025, 13:16:32
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„kulturMontag“: Drohendes Prekariat für Kunstschaffende, ESC-Israel-Dilemma, Porträt Hannah Arendt zum 50. Todestag

Danach: „Rilke – Du musst dein Leben ändern!“ zum 150. Geburtstag, „Die letzten Tage der Menschlichkeit?“ – am 1. Dezember ab 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON

Wien (OTS) - 

Der von Peter Schneeberger präsentierte „kulturMontag“ am 1. Dezember 2025 um 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON befasst sich anlässlich des jüngsten Films „AMS“ von Regisseur Sebastian Brauneis mit den für 2026 angekündigten neuen Zuverdienst-Regelungen für Kulturschaffende. Außerdem widmet sich die Sendung u. a. dem Israel-Dilemma beim nächsten Eurovision Song Contest und erinnert zum 50. Todestag an die herausragende politisch-philosophische Publizistin Hannah Arendt. Anschließend an das Magazin stehen die neue Dokumentation „Rilke – Du musst dein Leben ändern!“ (23.15 Uhr) zum 150. Geburtstag des Dichters sowie der Konzertabend „Die letzten Tage der Menschlichkeit?“ mit Georg Nigl, Nicholas Ofczarek und Vladimir Jurowski aus der Wiener Staatsoper auf dem Programm.

Im Prekariat – Neue Regeln für Arbeitslosigkeit bei Kulturschaffenden

„Arbeit muss sein“ oder kurz „AMS“ nennt der Wiener Filmemacher Sebastian Brauneis sein neuestes, vom ORF im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens kofinanziertes Low-Budget-Werk, das Anfang nächsten Jahres im Kino und auf der Diagonale Premiere feiert. Brauneis, eigentlich Spezialist für No-Budget-Filme, weiß, wovon er spricht. Drei Jahre lang hat er für seine jüngste Produktion das Arbeitsmarktservice samt seinen Tücken durchleuchtet, dreht sich doch die Geschichte um eine Gruppe von Langzeitarbeitslosen, die sich verbünden und sich den Weg zurück in den Arbeitsmarkt erkämpfen. Ein ernstes Thema, das der Indie-Regisseur allerdings mit jeder Menge Scharfsinn und Humor beleuchtet. Doch angesichts der aktuellen Entwicklungen im Land könnte den Kulturschaffenden das Lachen bald im Hals stecken bleiben, denn die österreichische Bunderegierung plant eine Gesetzesänderung. Ab 1. Jänner 2026 soll kein Zuverdienst zu AMS-Bezügen mehr erlaubt sein. Diese Maßnahme soll mehr Menschen in Österreich in die Vollbeschäftigung bringen, so der Plan. Was in anderen Berufsgruppen funktionieren könnte, stellt vor allem freie Kulturschaffende vor existenzgefährdende Probleme. Denn viele von ihnen haben keinen einheitlich ablaufenden Berufsalltag. Dieser ist oft eine Mischung aus loser Aufeinanderfolge kurzer Engagements, etwa beim Film, am Theater oder im Musikbusiness – und das ist meist keine Ausnahme, sondern oft die Regel. Fixanstellungen werden in Zeiten des nationalen Sparkurses immer weniger, oft halten sich Künstler:innen durch geringfügige Zuverdienste über Wasser. Der Kulturrat, die IG Bildende Kunst, die IG Autorinnen Autoren oder die Filmszene warnen, u. a. in offenen Briefen an die Bundesregierung, an Kulturminister Andreas Babler und Sozialministerin Korinna Schumann. Der „kulturMontag“ hat bei Betroffenen und Entscheidungsträgern nachgefragt.

Durch Musik geeint? – Das ESC-Israel-Dilemma

„United by Music“ lautet das Motto des 70. Eurovision Song Contest (ESC), der im Mai 2026 in Wien ausgetragen wird. Während Kanada als neuer Teilnehmer dazustoßen könnte, erwägen andere Länder einen Boykott, sollte Israel aufgrund des Krieges in Nahost nicht ausgeschlossen werden. Auch eine Gruppe von 55 Europaangeordneten aus 15 Ländern wandte sich an die Europäische Rundfunkunion (EBU), da der anhaltende Konflikt im Gazastreifen von einer unabhängigen UN-Kommission als möglicher Völkermord eingestuft wurde. Schon im Vorfeld des diesjährigen ESC in Basel kam es zu Anti-Israel-Demos gegen den Auftritt der Sängerin und Überlebenden des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober 2023, Yuval Raphael, die schließlich Platz zwei des Bewerbs erreichte. Wochenlang tobte ein heftiger Streit, die EBU sah sich zu einer vorgezogenen Versammlung im November gezwungen und wollte ihre Mitglieder über die Teilnahme Israels abstimmen lassen. Durch den Waffenstillstand seit Anfang Oktober verschoben die Verantwortlichen den Termin auf das reguläre Treffen im Dezember. Welche Entscheidung wird die Generalversammlung fällen? Und kann die Resolution des UN-Sicherheitsrates, die den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump unterstützt, zur Beruhigung beitragen? Ist Cancel Culture bei dem Wettbewerb, der seit seiner Gründung für Völkerverständigung und Frieden durch Musik steht, eine legitime Maßnahme? Die österreichische wie die bundesdeutsche Regierung setzen sich für eine Teilnahme Israels ein. Die renommierte französisch-israelische Soziologin Eva Illouz, ausgewiesene Kritikerin der Netanjahu-Regierung, ist ein Opfer der globalen Israel-Kritik, denn sie wurde selbst erst im November von der Erasmus-Universität in Rotterdam ausgeladen. Ihren geplanten Vortrag müsse man nach interner Debatte und demokratischer Abstimmung absagen, da man sich mit ihrem Besuch sehr „unwohl fühle“. Im „kulturMontag“ spricht Illouz über das neue „Unwohlsein mit Juden“, Kritik und Hass sowie Dialog statt Dämonisierung.

Die Freiheit des Denkens – Porträt Hannah Arendt zum 50. Todestag

Wer von der „Banalität des Bösen“ spricht, zitiert damit – oft, ohne es zu wissen – die bedeutende Denkerin Hannah Arendt. Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema, ihre Aufgabe als politischer Geist sah die einflussreiche, scharfsinnige wie streitbare Zeitgenossin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Auch 50 Jahre nach ihrem Tod ist sie im öffentlichen Diskurs präsenter denn je, ihre Schriften werden nach wie vor gelesen und zitiert, neue Bücher über die politisch-philosophische Publizistin erscheinen. Als junge jüdische Frau musste sie 1933 vor den Nationalsozialisten flüchten und ihre deutsche Heimat verlassen. Die Auseinandersetzung mit dem Wesen der totalitären Diktatur ließ sie nicht mehr los. Sie war überzeugt: „Der Totalitarismus vergiftet die Gesellschaft bis ins Mark.“ Im amerikanischen Exil wurde sie zu einer der wichtigsten politischen Theoretikerinnen des 20. Jahrhunderts, dessen politische Umwälzungen ihren Lebensweg prägten. Bis zur Einbürgerung in den USA 1951 war sie staatenlos. Von der systematischen Ermordung der Juden erfuhr Arendt 1943 in ihrem New Yorker Exil. Die „konsequenteste Institution totaler Herrschaft“ sah sie in den NS-Konzentrationslagern – den „Vernichtungsfabriken“, in denen Millionen Menschen ermordet wurden. Im Jahr 1961 erhielt Arendt Gelegenheit, Adolf Eichmann, einen der Hauptverantwortlichen für die Organisation des Holocaust, aus der Nähe zu erleben. Mit ihrem Buch „Eichmann in Jerusalem“ löste sie eine Kontroverse aus. Denn Kritiker sahen darin eine Verharmlosung des NS-Täters, was aber nicht der Intention der Autorin entsprach. Ihre Analysen wirken erstaunlich aktuell, als seien ihre Überlegungen für unsere Gegenwart geschrieben.

Dokupremiere „Rilke – Du musst dein Leben ändern!“ (23.15 Uhr)

Kaum ein anderer Lyriker ist weltweit populärer als Rainer Maria Rilke. Selbst 150 Jahre nach seiner Geburt wird er kultisch gefeiert, scheint er uns doch die großen Fragen des Lebens zu offenbaren. Lady Gaga hat sich seine Verse auf den Oberarm tätowieren lassen, der K-Pop-Sänger Jimin malt sie sich auf die Brust, U2-Frontman Bono ist er ebenso Inspiration wie der mehrfachen Grammy-Preisträgerin Rosanne Cash. Was machte den Dichter zu einem Wissenden, wieso ist die Faszination, die er ausübt, ungebrochen? Thomas von Steinaecker spürt dem Rätsel Rilke in einem Roadmovie nach, das quer durch Europa, bis in die USA führt. Seinen Film, der in Zusammenarbeit mit dem ORF entstand, komponiert der Regisseur zum Bildgedicht und holt den außergewöhnlichen Künstler in die Gegenwart.

Aus der Wiener Staatsoper: „Die letzten Tage der Menschlichkeit?“ (0.10 Uhr)

Musik und Wort im Dialog: Georg Nigl, Nicholas Ofczarek und Vladimir Jurowski erkunden die Brüche der Gegenwart. Für Bariton Georg Nigl ist das Kunstlied weit mehr als reine Ästhetik – es ist ein Spiegel unserer Zeit. Auf der Bühne wird es zum Resonanzraum, in dem die Spannungen, Widersprüche und Brüche der Gegenwart hörbar werden. Gemeinsam mit Schauspieler Nicholas Ofczarek und Pianist Vladimir Jurowski begibt er sich auf eine musikalisch-literarische Expedition, die Kunst und Wirklichkeit, Vergangenheit und Gegenwart unauflöslich miteinander verwebt.
Im Zentrum dieser Begegnung – Ende Oktober 2025 aufgezeichnet in der Wiener Staatsoper – stehen drei künstlerische Stimmen, die auf je eigene Weise die Verletzlichkeit des Menschseins freilegen: jene des Schriftstellers Karl Kraus, des Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler sowie des Komponisten Hanns Eisler. In der Konfrontation dieser drei künstlerischen Welten entsteht ein intensiver Dialog über Macht und Moral, über Sprache und Schweigen – und über den Menschen im Angesicht seiner selbst.

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