• 27.11.2025, 17:15:02
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  • OTS0181

Verteidigungsausschuss debattiert über Neutralität, Rüstungsexporte, Transparenz und sexuelle Übergriffe

Oppositionsanträge vertagt bzw. abgelehnt, Koalition bringt eigene Anträge zu Sicherheitspolitik und Rüstungsexporten ein

Wien (PK) - 

Einer Reihe von Oppositionsanliegen widmeten sich die Abgeordneten im zweiten Teil der heutigen Sitzung des Landesverteidigungsausschusses. So spricht sich die FPÖ für die Einführung einer Verwendungsgruppe Militärberufscharge aus. Sie wendet sich auch gegen Pläne, einen EU-weiten Nachrichtendienst zu gründen. Diese Anträge wurden mehrheitlich vertagt.

Von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen abgelehnt wurde ein FPÖ-Vorstoß zu einem "5-Punkte-Plan zum Schutz der Neutralität". Die Koalitionsfraktionen brachten dazu einen eigenen Ausschussantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ihre Prioritäten für Österreichs Sicherheitspolitik rasch in die Überarbeitung der österreichischen Sicherheitsstrategie zu integrieren. Dieser Ausschussantrag wurde mit der Koalitionsmehrheit von ÖVP, SPÖ und NEOS angenommen.

Anknüpfend an die Forderung der Freiheitlichen nach einer Entbürokratisierung von Rüstungsexporten brachten die Koalitionsfraktionen einen weiteren Ausschussantrag ein, in dem sie sich für eine Evaluierung des Kriegsmaterialgesetzes aussprechen. Während der Antrag der FPÖ abgelehnt wurde, erhielt der Ausschussantrag die Mehrheit der Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS. Die Grünen konnten weder dem FPÖ-Antrag noch dem Antrag der Koalition etwas abgewinnen.

Die Grünen fordern eine eigene Kontrollkommission für die militärischen Nachrichtendienste sowie eine Meldestelle für sexuelle Übergriffe im Verteidigungsressort. Zudem pochen sie auf die Beendigung langfristiger Assistenzeinsätze des Bundesheeres. Diese Anträge wurden vertagt. Von den Koalitionsfraktionen abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der Grünen, in dem sie auf die Vorlage der neuen Sicherheitsstrategie bis Jahresende drängen.

FPÖ setzt sich für Verwendungsgruppe Militärberufscharge ein

Das Berufsbild des Soldaten bzw. der Soldatin müsse angesichts des Personalmangels beim Bundesheer attraktiver werden, fordert die FPÖ. Sie unterstützt daher die Einführung der Verwendungsgruppe Militärberufscharge (551/A(E)). Diese solle insbesondere jene Soldatinnen und Soldaten adressieren, die keine Kaderlaufbahn anstreben, aber qualifizierte Aufgaben wahrnehmen, für die keine Unteroffiziersausbildung erforderlich ist, erläuterte Michael Gmeindl (FPÖ). Mit der Einführung dieser Karrieremöglichkeit solle zudem eine Verbesserung der Besoldung und eine Erhöhung des Planstellenkontingents einhergehen. Auch die FPÖ-Abgeordneten Gerhard Kaniak und Volker Reifenberger unterstützten die Forderungen, deren Sinnhaftigkeit sie auch bei den anderen Fraktionen außer Streit gestellt sahen. SPÖ-Abgeordneter Robert Laimer betonte, die Einführung der genannten Laufbahn im Bundesheer sei seit Jahren auch eine gewerkschaftliche Forderung. Allerdings müsse dafür erst noch eine rechtliche Grundlage geschaffen werden, weshalb eine Vertagung des Antrags angebracht sei.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner betonte, dass sie das Ziel der Schaffung von Militärberufschargen unterstütze. Die Entscheidung darüber könne ihr Ministerium aber nicht alleine treffen. Hierzu erfuhren die Abgeordneten von einer Ressortvertreterin, dass das Thema prioritär behandelt werde und intensive Verhandlungen im Laufen seien. Die notwendigen Planstellen seien auch für die Umsetzung des Aufbauplans 2032+ des Bundesheeres wichtig. Aufgrund der Gespräche sei man zuversichtlich, dass die erforderliche gesetzliche Regelung bald geschaffen werden könne.

FPÖ: "5-Punkte-Plan zum Schutz der Neutralität"

In einem weiteren Entschließungsantrag legt die FPÖ einen "5-Punkte-Plan zum Schutz der Neutralität" vor (568/A(E)). Wie der FPÖ-Abgeordnete Gerhard Kaniak ausführte, solle sich Österreich als "Plattform für den Dialog" zur Konfliktbeilegung positionieren, kein "EU-Anhängsel" sein und keine Transporte von Truppen oder Waffen in Kriegsgebiete durch Österreich mehr erlauben. Österreich solle auch nicht am Sanktionsregime gegen Russland teilnehmen. Das Verteidigungsbudget sei auf 2 % des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, der Grundwehrdienst zu verlängern und verpflichtende Truppenübungen für die Miliz wiedereinzuführen, fordern die Freiheitlichen.

In einem Ausschussantrag der Koalition, den NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff einbrachte, wird die Bundesregierung aufgefordert, die Prioritäten für Österreichs Sicherheitspolitik, die im Ministerratsvortrag "Ausrichtung Österreichs in gemeinsamen außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen" vom 9. April dieses Jahres genannt worden seien, schnellstmöglich umzusetzen. Sie seien auch in die Überarbeitung der österreichischen Sicherheitsstrategie zu integrieren.

In der Frage der Neutralität vor dem Hintergrund des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine warf Hoyos-Trauttmansdorff den Freiheitlichen "Doppelmoral" vor, die sich auch in ihrem Antrag widerspiegle. Dieser Argumentation schloss sich David Stögmüller (Grüne) an. Er übte zugleich Kritik am Antrag der Koalition. Diese solle endlich Gesetze und die überfällige neue Sicherheitsstrategie vorlegen, meinte Stögmüller. Der SPÖ-Abgeordnete Bernhard Herzog betonte, dass die Neutralitätspolitik ständig weiterentwickelt werden müsse.

Bundesministerin Tanner unterstrich, dass die österreichische Neutralität auch aktive Beiträge zu friedenerhaltenden Maßnahmen umfasse.

FPÖ will Rüstungsexporte entbürokratisieren

Der Export von Rüstungsgütern sei in Österreich "äußerst bürokratisch und vielschichtig geregelt", bemängelt die FPÖ in einem weiteren Entschließungsantrag (569/A(E)). Vier Ministerien seien an einer Bewilligungserteilung nach dem Kriegsmaterialgesetz beteiligt, wobei es keine nachvollziehbare und transparente Entscheidungsgrundlage gebe, führte Gerhard Kaniak (FPÖ) im Ausschuss aus. Wichtig sei, Planungssicherheit für die betroffenen Unternehmen zu schaffen, sagte er. Kaniak forderte die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Rüstungsexporte durch eine Befristung. Erhebe die zuständige Behörde innerhalb von sechs Wochen keinen Einspruch, solle das Exportvorhaben als genehmigt gelten. FPÖ-Abgeordneter Reifenberger betonte, am Genehmigungsverfahren selbst sollte nichts geändert werden, es müsse aber im Sinne der Unternehmen beschleunigt werden.

Abgeordneter Friedrich Ofenauer (ÖVP) brachte einen Entschließungsantrag der Koalition ein, der die Bundesregierung ersucht, das Kriegsmaterialgesetz in Hinblick auf zügige und effiziente Genehmigungsverfahren für den Export von Rüstungsgütern zu evaluieren. Robert Laimer (SPÖ) sprach sich ebenfalls für schnellere Verfahren aus, betonte aber, dass die Genehmigungspflicht für kritisches Rüstungsmaterial nicht aufgeweicht werden sollte. In ähnlicher Weise argumentierte auch NEOS-Abgeordneter Christoph Pramhofer.

David Stögmüller (Grüne) sah es nicht als richtigen Zugang, ein Schnellverfahren bei heiklen Exporten zu schaffen. Hier müsse die Aufsicht der Behörden weiterhin bestehen bleiben. Daher könne er auch der geforderten Evaluierung des Kriegsmaterialgesetzes wenig abgewinnen.

Bundesminister Tanner sagte, sie verstehe das Interesse der Unternehmen an raschen Verfahren. Sie betonte, dass seitens des Ressorts die notwendigen Anhörungen sehr rasch abgewickelt würden.

FPÖ gegen "EU-Geheimdienstpläne"

In einem weiteren Entschließungsantrag wenden sich die Freiheitlichen gegen medial kolportierte Pläne von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, einen eigenen EU-weiten Nachrichtendienst zu gründen (609/A(E)). Die Bundesregierung solle die österreichische Souveränität im Auge behalten und daher im Rahmen der EU-Institutionen gegen den "Plan eines zentralen EU-Geheimdienstes" auftreten, meinte Kaniak.

Stögmüller (Grüne) kritisierte, dass die FPÖ mit dem Antrag die notwendige Kooperation der Nachrichtendienste insgesamt in Frage stelle. Diese Sicht vertrat auch NEOS-Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff, der sich für die Vertagung des Antrags aussprach.

Bundesministerin Tanner war es wichtig, auf den grundlegenden Unterschied zwischen Nachrichten- und Geheimdiensten hinzuweisen. Österreich verfüge nur über Nachrichtendienste, die gute Arbeit leisten und mit anderen Nachrichtendiensten in einem guten Austausch stehen würden.

Grüne fordern Kontrollkommission für militärische Nachrichtendienste

Nach der jüngsten Ausweitung der Befugnisse der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) im Rahmen der Messenger-Überwachung sei es grundsätzlich verständlich, dass auch Heeresnachrichtenamt (HNaA) und Abwehramt (AbwA) zusätzliche Kompetenzen erhalten, meinte Grünen-Abgeordneter David Stögmüller. Er warnte aber vor neuen Risiken durch erweiterte Datenabfragen und KI-gestützte Auswertungen. Die Grünen fordern daher die Einrichtung einer unabhängigen Kontrollkommission nach dem Vorbild der DSN, um künftige Reformschritte im Militärbefugnisgesetz zu begleiten (600/A(E)). Volker Reifenberger (FPÖ) meinte, er sehe die Kontrollen in diesem Bereich als "noch ausbaufähig an". Manfred Hofinger (ÖVP) zeigte sich hingegen skeptisch gegenüber einer weiteren Kommission, und beantragte die Vertagung.

Bundesministerin Tanner wies auf notwendige Änderungen im Militärbefugnisgesetz hin, für die sie auf breite Unterstützung hoffe. Sie sei offen für Kontrollen, diese sollten aber aus ihrer Sicht keine Doppelstrukturen schaffen.

Grüne fordern Meldestelle für sexuelle Übergriffe im Verteidigungsministerium

Untersuchungen hätten gezeigt, dass nur sehr wenige Betroffene sexuelle Übergriffe anzeigen würden, merkte Grünen-Abgeordneter David Stögmüller an. Handlungsbedarf sah er besonders im militärischen Umfeld (603/A(E)). Hürden für Betroffene müssten durch ein mehrstufiges Meldesystem im Verteidigungsministerium abgebaut werden. Wichtig ist für Stögmüller eine verfahrensunabhängige Dokumentation nach dem Vorbild der Gewaltambulanzen und ein besserer Schutz für Betroffene.

Mario Lindner (SPÖ) stimmte der Einschätzung von Stögmüller zwar zu, stellte aber "mit Bedauern" einen Vertagungsantrag. Er hoffe, dass die Vertagung für weitere Diskussionen über Lösungen für die Problematik genützt werde, sagte der SPÖ-Abgeordnete.

Bundesministerin Tanner betonte, dass das Bundesheer in den letzten Jahren Erfolge dabei erzielt habe, Meldungen von sexuellen Übergriffen niederschwellig möglich zu machen. Im Übrigen müsse bereits jetzt auch der bloße Verdacht eines solchen Vorfalls gemeldet werden.

Grüne drängen auf Vorlage von neuer Sicherheitsstrategie bis Jahresende

In einem weiteren Entschließungsantrag fordert Stögmüller, dass die Bundesregierung vor dem Hintergrund einer veränderten Sicherheitslage die im April angekündigte neue Sicherheitsstrategie bis Jahresende 2025 vorlegen solle (605/A(E)). Um demokratische Legitimität sicherzustellen, sei die Öffentlichkeit umfassend einzubinden, argumentierte Stögmüller. Er habe unterdessen aber den Eindruck, dass eine offene Diskussion politisch gar nicht gewünscht sei. Volker Reifenberger (FPÖ) sagte, seine Fraktion halte zwar die Begründung des Antrags nicht für zutreffend, die Forderung der Entschließung selbst könne sie aber unterstützten. Bei der Einbindung des Parlaments sei eher ein Rückschritt zu verzeichnen.

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) und Robert Laimer (SPÖ) wiesen den Vorwurf vehement zurück, dass keine öffentliche Diskussion gewünscht sei. Das Parlament sei in den Diskussionsprozess umfassender denn je zuvor eingebunden, betonten die beiden Abgeordneten. Er erwarte sich erste Ergebnisse für das erste Quartal 2026, sagte Laimer.

Grüne fordern Ende langfristiger Assistenzeinsätze des Bundesheeres

Die Grünen sprechen sich in einem Entschließungsantrag (304/A(E)), der erneut auf der Tagesordnung des Landesverteidigungsausschusses stand, für die Beendigung der seit Jahren laufenden Assistenzeinsätze aus. Angesichts rückläufiger Einreisen und des personellen Ausbaus der Polizei sei die Fortführung der Einsätze nicht mehr gerechtfertigt, argumentierte Stögmüller (Grüne). Reifenberger (FPÖ) unterstützte die Forderung der Grünen, da Assistenzeinsätze des Bundesheeres nicht zu einer Dauereinrichtung werden sollten. Laimer (SPÖ) begründete mit dem Hinweis, das bereits ein neues Grenzschutzmanagement in Ausarbeitung sei, seinen Vertagungsantrag.

Bundesministerin Tanner informierte die Abgeordneten, dass sie mit dem Innenminister bereits in Gesprächen über das geordnete Auslaufen der Einsätze sei. (Schluss Landesverteidigungsausschuss) sox


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