- 26.11.2025, 17:15:02
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- OTS0164
Wissenschaftsausschuss spricht sich einstimmig für Maßnahmen zur Stärkung der digitalen Souveränität aus
Anträge von FPÖ zu Hochschulthemen und Forderungen der Grünen zu KI und Digitalisierung vertagt
Die Zulassung zum Medizinstudium behandelte der Wissenschaftsausschuss heute auf der Basis eines Antrags der Freiheitlichen. Sie fordern, die Zulassung mit dem Herkunftslandprinzip zu verknüpfen, damit ausreichend Studienplätze für österreichische Studierende verbleiben. Weiters fand sich die FPÖ-Forderung nach einer Opt-out Möglichkeit aus der ÖH-Pflichtmitgliedschaft erneut auf der Tagesordnung. Die beiden Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt.
Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner sagte, das Regierungsprogramm sehe keine Einführung des Herkunftslandprinzips vor. Sie betonte auch die Leistungen der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH).
Weiters diskutierte der Ausschuss mit Holzleitner über den Antrag der Grünen zur Frage, wie Social-Media-Plattformen zur Eindämmung von Deepfakes verpflichtet werden können.
Abgelehnt wurde ein Antrag der Grünen zur digitalen Souveränität, den der Ausschuss mit Staatssekretär Alexander Pröll diskutierte. Anknüpfend an diesen Antrag brachten die Koalitionsparteien aber einen eigenen Ausschussantrag ein, der auf die Wichtigkeit der Stärkung der digitalen Souveränität der österreichischen Verwaltung hinweist. Dieser Entschließungsantrag wurde einstimmig angenommen.
Weitere Forderungen der Grünen sind die Benennung einer KI-Behörde für Österreich und strengere Regeln für die Beschäftigung von Kindern als Influencerinnen und Influencer. Diskutiert wurde auch über Strategien zur Vermittlung von Medien- und Digital-Kompetenz für Menschen aller Altersstufen. Alle Anträge wurden mehrheitlich vertagt.
FPÖ: Herkunftsprinzip für Studium der Medizin
Die FPÖ-Abgeordneten Martin Graf und Manuel Litzke fordern in einem Entschließungsantrag die Einführung des Herkunftslandprinzips für Studierende der Medizin in Österreich (511/A(E)). Ausländische Studienbewerberinnen und -bewerber sollen nur dann zum Medizinstudium in Österreich zugelassen werden, wenn sie auch im Herkunftsland die entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Ziel müsse es sein, die Anzahl der für österreichische Maturantinnen und -maturanten verfügbaren Medizinstudienplätze nachhaltig zu erhöhen.
Dieser Ansatz sei nicht neu, führte Graf im Ausschuss aus und verwies auf einen "riesigen Bedarf" an medizinischem Personal. Er berichtete von langen Wartezeiten auf Termine bei Ärztinnen und Ärzten, da deren Anzahl bei steigender Einwohnerzahl stagniert sei.
Grafs Anliegen sei nachvollziehbar, setze aber nicht am "entscheidenden Punkt" an, entgegnete Rudolf Taschner (ÖVP). Der Flaschenhals für die Anzahl an praktizierenden Ärztinnen und Ärzten befinde sich nicht am Beginn, sondern am Ende des Studiums. Mit der vorherrschenden Quotenregelung für das Medizinstudium, die mit der EU ausverhandelt worden sei, könne man "gut leben", während das Herkunftsprinzip nur "die Büchse der Pandora öffnen" würde. Süleyman Zorba (Grüne) wandte sich ebenfalls gegen Grafs Antrag und hätte ihn lieber abgelehnt, anstatt ihn zu vertagen.
Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner erklärte, dass ein Herkunftsprinzip im Regierungsprogramm nicht vorgesehen sei und Österreicherinnen und Österreicher bei den Aufnahmetests für das Medizinstudium "überdurchschnittlich gut" abschneiden und ihre Quote übererfüllen würden. Grafs Bedenken bezüglich des Gesundheitssystems teilte Holzleitner.
FPÖ beharrt auf Beendigung der ÖH-Pflichtmitgliedschaft
Erneut auf der Tagesordnung stand die Forderung von Abgeordnetem Martin Graf (FPÖ), die Pflichtmitgliedschaft von Studierenden in der ÖH abzuschaffen. Graf tritt für eine Opt-out Möglichkeit aus der Mitgliedschaft ein (65/A(E)). Zuletzt hatte der Wissenschaftsausschuss den Entschließungsantrag der Freiheitlichen am 12. März 2025 behandelt und vertagt.
Im Ausschuss erklärte Manuel Litzke (FPÖ) die Wiederaufnahme des Antrags unter anderem mit dem aktuellen Anlass des Bruchs der ÖH-Koalition aufgrund "antisemitischer Ausfälle". Litzke und Martin Graf sprachen auch von Angriffen auf rechte und konservative Studierende, die mit dem ÖH-Beitrag ihre "Peiniger noch finanzieren" müssten, wie Graf formulierte.
Heinrich Himmer (SPÖ) bewertete dies als eine von vielen Begründungen, die die FPÖ immer wieder für eine Delegitimierung der ÖH vorbringe. Himmer und Wissenschaftsministerin Holzleitner hoben die Leistungen der ÖH hervor, wie etwa 5.000 jährliche Beratungen durch das Sozialreferat. Leistungen, die Katayun Pracher-Hilander (FPÖ) relativierte, da diese Anzahl ihrer Ansicht nach höher sein könnte, wenn die ÖH gute Arbeit leisten würde.
Grüne: Plattformen zu Maßnahmen gegen Deep-Fakes verpflichten
Grünen-Abgeordneter Süleyman Zorba spricht sich für ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung böswilliger Deepfakes aus (578/A(E)). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass KI-generierte Inhalte kaum mehr von echten Bildern und Videos zu unterscheiden seien, bestehe hoher Handlungsbedarf. Das Gefährdungspotenzial von irreführenden, täuschenden und betrügerischen Deepfakes habe sich vervielfacht. Daher sollten insbesondere auch verschärfte Regelungen für Online-Diensteanbieter geschaffen werden, die ihren Verpflichtungen zur Detektion, Moderation, Kennzeichnung und Löschung von böswilligen Deepfakes nicht nachkommen, fordern die Grünen.
Im Ausschuss ergänzte Zorba, dass die betroffenen Plattformen hohe Umsätze über betrügerische Werbung generierten und daher keine Gegenmaßnahmen setzten. Diesbezügliche EU-Regulierungen im Rahmen des "Digitalen Omnibus" würden auf europäischer Ebene "zerfleddert", weshalb Österreich hier "Impulse" setzen sollte.
Thomas Elian (ÖVP), Peter Manfred Harrer (SPÖ) und Ines Holzegger (NEOS) teilten Zorbas Sorge vor den Risiken von Deep-Fakes und die Kritik an den Vorgängen auf EU-Ebene. Ein österreichischer Alleingang würde jedoch trotzdem "nichts bringen", wie etwa Elian formulierte. Wissenschafts- und Frauenministerin Holzleitner sprach in diesem Zusammenhang den Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen an, der rechtliche Konsequenzen für böswillige Deep-Fakes etwa mit pornographischem Hintergrund vorsehe.
Grüne fordern Maßnahmen für digitale Souveränität
Die digitale Souveränität der EU und auch Österreichs stehe an einem Kipppunkt, warnt Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne). Die österreichische Verwaltung bezahle jährlich Millionen Euro an Tech-Konzerne außerhalb der EU für deren proprietäre Systeme und habe sich damit in eine "veritable Abhängigkeit gebracht". Zwar habe Österreich unterdessen auf EU-Ebene eine wichtige Initiative gestartet, auf nationaler Ebene vermisse er jedoch konkrete Fortschritte, sagte Zorba im Ausschuss. Seine Fraktion habe daher einen Maßnahmenkatalog zur Sicherung der digitalen Souveränität Österreichs vorgelegt (577/A(E)). So sollte etwa eine Taskforce ein konkretes Konzept zur Umsetzung der umfassenden digitalen Souveränität der österreichischen Verwaltung bei Software, Hardware, Infrastruktur und Cloud-Diensten erarbeiten.
ÖVP-Abgeordneter Joachim Schnabel wies die "scharfen Formulierungen" des Antrags der Grünen zurück. Unter Staatssekretär Pröll seien bereits sehr viele Schritte in Richtung der Stärkung der digitalen Souveränität gesetzt. Die EU habe auf Initiative Österreichs einen einheitlichen Rahmen geschaffen, nun erfolge die weitere Umsetzung auf nationaler Ebene. Das umfasse auch die österreichische Verwaltung, betonte Schnabel.
NEOS-Abgeordnete Ines Holzegger sagte, in der öffentlichen Wahrnehmung des Themas habe sich viel getan. Auch sie sei "sehr ungeduldig", was dieses Thema betreffe, betonte Holzegger. Sie sei aber zuversichtlich, dass im Rahmen der Reformpartnerschaft wichtige Impulse gesetzt worden seien. Da sich in der Zwischenzeit einiges getan habe, werde die Koalition den Antrag der Grünen zwar ablehnen, bringe aber an ihn anknüpfend einen eigenen Antrag ein, um den Handlungsbedarf im Bereich der digitalen Souveränität der österreichischen Verwaltung zu benennen.
In dem Antrag werden die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler, unter Berücksichtigung der Inhalte der europäischen Erklärung zur digitalen Souveränität ersucht, die im Ministerratsvortrag vom 12. November 2025 angeführten Maßnahmen zur Stärkung der österreichischen digitalen Souveränität zu ergreifen und mit der Umsetzung innerhalb der nächsten sechs Monate zu beginnen. Dem Nationalrat solle halbjährlich über den Fortschritt in der Umsetzung berichtet werden.
FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek sagte, die FPÖ unterstütze alle Maßnahmen zu mehr digitaler Souveränität. Bei Beschaffungen könnte man durchaus auch auf österreichische Firmen zurückgreifen, gab er zu bedenken. Bisher habe hier allerdings eine einheitliche Vorgehensweise gefehlt.
Staatssekretär Alexander Pröll betonte, das Thema sei ihm "ein Herzensanliegen". Er wertete es als Erfolg, dass die von Österreich initiierte "Declaration on European Digital Sovereignty" von allen EU-Mitgliedstaaten mitgetragen werde. Er werde sich bemühen, die notwendigen Maßnahmen rasch umzusetzen, etwa im Vergaberecht, und über Fortschritte dem Ausschuss regelmäßig zu berichten. So solle etwa eine einheitliche Plattform für Beschaffungen der Kommunen geschaffen werden. Hier sehe er auch ein großes Einsparungspotenzial.
Grüne fordern die Benennung einer KI-Behörde
Süleyman Zorba (Grüne) drängt weiters auf die Benennung einer österreichischen KI-Behörde, die nach EU-Vorgaben bereits überfällig sei (517/A(E)). Die Bundesregierung habe bisher verabsäumt, mindestens eine notifizierende Behörde für Hochrisiko-KI-Systeme sowie mindestens eine Marktüberwachungsbehörde zu benennen. Daher wolle man sie mit diesem Auftrag daran erinnern, erklärte Zorba im Ausschuss.
ÖVP-Abgeordneter Joachim Schnabel stellte einen Vertagungsantrag. Er wies darauf hin, dass das KI-Durchführungsgesetz, das auch die Benennung der zuständigen Behörden enthalten werde, noch im Dezember in Begutachtung gehen solle.
Grüne wollen strenge Regeln für Influencer-Marketing mit Kindern
Die Grünen halten mehr Schutz für Kinder-Influencerinnen und -Influencer für notwendig, erklärte Süleyman Zorba (530/A(E)). Die rechtlichen Grenzen für das Kinder-Influencer-Marketing seien nicht ausreichend geklärt. Eventuell brauche es weitere rechtliche Rahmenbedingungen zum Schutz von Kindern gegen Missbrauch in diesem Bereich.
ÖVP-Abgeordnete Juliane Bogner-Strauß stimmte zu, dass es sich um ein wichtiges Thema handelt. "Influencer" sei eigentlich ein Job, hier müssten auch die gewerberechtlichen Aspekte betrachtet werden. Die aufgeworfene Problematik sei bekannt, 2026 wolle die EU daher eine Evaluierung der Richtlinie über audiovisuelle Dienste und einen Legislativvorschlag vorlegen. Diese solle man abwarten. Ines Holzegger (NEOS) stimmte diesen Ausführungen zu und beantragte die Vertagung des Antrags.
Grüne: Resilienz gegen Hetze und Desinformation fördern
In einem weiteren Entschließungsantrag fordert Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne) von der Bundesregierung, Desinformation zu bekämpfen, die Digital-Kompetenzen der Bevölkerung zu erhöhen und die Demokratie zu sichern (515/A(E)). Wichtig sei es, den gesellschaftlichen Diskurs zu erhalten und das demokratische System, das auf Wissen und Information aufbaue, zu schützen. Zwar gebe es bereits verschiedene Maßnahmen, notwendig sei aber, eine Gesamtstrategie zum Thema Medien- und Digital-Kompetenzen zu entwickeln und umfassende Angebote für die Vermittlung von Medien- und Digital-Kompetenz für Menschen aller Altersstufen auszuarbeiten.
NEOS-Abgeordnete Martina von Künsberg Sarre meinte, sie könne dem Antrag viel abgewinnen. In den einzelnen Ministerien werde bereits sehr viel unternommen, betonte sie. Petra Oberrauner (SPÖ) betonte, dass die Bundesregierung sich einen Schwerpunkt zur Stärkung der Medienkompetenz für alle ins Programm geschrieben habe. Für die Umsetzung müsse man ihr aber etwas Zeit zugestehen, weshalb sie für die Vertagung des Antrags plädiere. (Schluss Wissenschaftsausschuss) sox/wit
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