- 25.11.2025, 12:59:03
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Trendforum: Was Österreich aus dem iberischen Blackout lernen kann

Es sind Bilder, die in Erinnerung bleiben: liegengebliebene U-Bahnen, geschlossene Geschäfte, dunkle Straßen. Der Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel hat gezeigt, wie fragil moderne Energiesysteme sein können. Im Zuge des Trendforums von Oesterreichs Energie wurde deutlich: Versorgungssicherheit ist kein Zufall, sondern das Ergebnis klarer Regeln, robuster Netze – und kontinuierlicher Investitionen.
Es ist der 28. April 2025, ein warmer Frühlingstag, als um 12:33 und 16 Sekunden die Lichter in Spanien und schließlich auf der gesamten Iberischen Halbinsel ausgehen. Das erste Mal überhaupt hat ein sogenannter Überspannungskollaps dazu geführt, dass sich in kurzer Zeit viele Stromerzeuger vom Netz getrennt haben und damit einen vollständigen Zusammenbruch des Systems ausgelöst haben. Lange war der Hergang dieses Blackouts ein Rätsel. Im Zuge des gestrigen Oesterreichs Energie Trendforums präsentierte der Leiter der Europäischen Untersuchungskommission erste Ergebnisse – und zog Schlüsse für die österreichische Versorgungssicherheit.
Iberischer Blackout war „first of its kind“
„Den einen klaren Auslöser gibt es nicht, es war eine Verkettung von mehreren nachteiligen Umständen“, sagt Klaus Kaschnitz, Betriebsdirektor Austrian Power Grid AG (APG) und Leiter der Untersuchungskommission zum Iberian Blackout bei ENTSO-E, dem Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber. Aus dem spanischen Blackout – als „First of its kind“ – könne man viel lernen: „Jedes Stromsystem braucht Sicherheitsreserven. Dazu gehört ausreichend Netzkapazität und konsequenter Netzausbau. Wir sehen auch, dass die Blindleistung als physikalische Größe deutlich mehr Aufmerksamkeit braucht. Es ist ein Gebot der Stunde, alle Möglichkeiten zur Netzstabilisierung zu nutzen. Auch kleine Anlagen können einen Beitrag leisten. Dafür brauchen wir klare, zeitgerecht etablierte Regelwerke.“
Wenige Stunden mit fatalen Folgen für die Wirtschaft
Wenn denn der Ernstfall eintritt, kann das rasch sehr teuer werden. „Der Blackout hat Spanien rund eine Milliarde Euro gekostet. Das sind etwa 0,1 Prozent des BIP. Direkt sichtbar waren Schäden von 300 bis 500 Millionen Euro, der Rest sind länger anhaltende Ausfälle und zusätzliche Kosten, wenn etwa Anlagen komplett zerstört wurden“, sagt Monika Köppl-Turyna, Direktorin EcoAustria, Institut für Wirtschaftsforschung.
Lehren für Österreich
Was es braucht, um einen solchen Komplettausfall möglichst zu verhindern, weiß Bernd Klöckl, Universitätsprofessor für Energiesysteme und Netze an der Technischen Universität Wien: „Die Großstörung vom 28. April dieses Jahres wird nach jener vom 4. November 2006 die zweite sein, an die wir noch Jahrzehnte zurückdenken werden, weil sie uns viel über das richtige Design von Netzanschlussregeln und Systemschutzplänen gelehrt haben wird.“ Österreich ist diesbezüglich zwar keine Insel der Seligen, im Vergleich zu Spanien aber in einer besseren Situation, ergänzt Klöckl: „Wir sind viel stärker an die Nachbarn angebunden und haben durch den hohen Anteil der Wasserkraft bessere Möglichkeiten zum Versorgungswiederaufbau. Trotzdem müssen auch wir die technischen Herausforderungen der Energiewende ernst nehmen.“
Robuste Netze bieten Sicherheit
Ansatzpunkte zur Optimierung gibt es. „Alle im iberischen Blackout beobachteten Phänomene sind durch Netzausbau und robuste Systemschutzpläne verbesserbar. Der Ablauf der Störung war ein eindeutiger Beweis dafür, dass sich Investitionen in ein technisch hervorragendes Netz immer auszahlen“, sagt Klöckl. Wirtschaftsforscherin Köppl-Turyna empfiehlt, die richtigen Marktanreize zu setzen: „Etwa für mehr grundlastfähige Erzeugung und zusätzliche Speicherkapazitäten oder durch langfristige Verträge zwischen Energiewirtschaft und Unternehmen, die Investitionssicherheit schaffen. Am Ende ist Resilienz ein harter ökonomischer Standortfaktor: Ein robustes, krisenfestes Energiesystem ist ein Wettbewerbsvorteil für Europa und für Österreich.“
Technik ist nicht das einzige Risiko
Thomas Starlinger, sicherheitspolitischer Berater der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, bringt einen weiteren Aspekt in die Aufarbeitung ein: „Aus sicherheitspolitischer Sicht stellt sich die Frage, ob derartige Szenarien ausschließlich technische Ursachen haben oder auch durch externes Eingreifen ausgelöst werden könnten.“ Die Lehren für Österreich liegen auf der Hand: „Wir müssen uns fragen, ob wir wirklich ausreichend Reserven im System haben. Technisch, organisatorisch und sicherheitspolitisch. Und wir müssen alles daransetzen, zu verhindern, dass jemand von außen in unsere Netze und Steuerungssysteme eingreifen kann. Das betrifft sowohl den physischen Schutz kritischer Infrastruktur als auch die Cybersicherheit.“
Energiesicherheit sei daher längst auch eine Frage der nationalen und europäischen Sicherheit. Starlinger: „Je robuster, redundanter und besser geschützt unsere Systeme sind, desto widerstandsfähiger ist unser Land in Krisen und desto glaubwürdiger können wir sagen, dass wir auf den Ernstfall vorbereitet sind. Fakt ist, Resilienz ist wichtig und wird uns auch etwas kosten.“
Wert und Preis der Resilienz
Dessen ist sich die heimische E-Wirtschaft bewusst, und arbeitet jeden Tag mit voller Kraft an der Versorgungssicherheit, betont Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie: „Österreich liegt europaweit an der Spitze. Unsere Netze sind stabil, die Ausfallzeiten im internationalen Vergleich sehr gering, und wir haben eine starke Basis aus Wasserkraft, Speicherkapazitäten und gut eingespielten Abläufen. Für den Wirtschaftsstandort Österreich ist das entscheidend. Ohne sichere Stromversorgung gibt es keine wettbewerbsfähige Industrie, keine Digitalisierung und auch die Energiewende wird nicht funktionieren.“ Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie, bringt es auf den Punkt: „All das gibt es nicht zum Nulltarif. Hohe Versorgungssicherheit ist kein Selbstläufer. Sie erfordert kontinuierliche, große Investitionen in Netze, Kraftwerke und Digitalisierung sowie eine enge Zusammenarbeit aller Akteure. Wenn wir das hohe Niveau halten wollen, müssen wir auch in Zukunft bereit sein, entsprechend zu investieren.“
Rückfragen & Kontakt
Österreichs E-Wirtschaft
Christian Zwittnig
Telefon: 0676845019260
E-Mail: c.zwittnig@oesterreichsenergie.at
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