- 25.11.2025, 10:00:04
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16 Tage gegen Gewalt an Frauen: Alleinerzieher*innen fordern Gewaltschutz im Familienrecht

Im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen fordert der Verein Feministische Alleinerzieherinnen - FEM.A bei der heutigen Pressekonferenz Schutz vor Gewalt im Familienrecht. Obwohl es ausgedehnte Schutzrechte gibt, werden sie laut FEM.A oft nicht angewandt. Viele Überlebende von Partnergewalt sind dem Täter im Familiengericht schutzlos ausgeliefert. Die Frauen berichten von schweren Menschenrechtsverletzungen und der Missachtung des Kinderschutzes.
Eine Mutter, die sich an FEM.A gewandt hat, erzählt von ihren traumatisierenden Erlebnissen am Familiengericht. Als sie der Richterin von der schweren Gewalt durch den Vater ihres Sohnes erzählt, erwidert diese: "Das interessiert mich nicht. So schlimm kann es nicht gewesen sein." Das ist kein Einzelschicksal. Gewaltopfer wird immer noch nicht von genau jenen geglaubt, die sie schützen sollten: Richter*innen und Mitarbeiter*innen österreichischer Institutionen. Die Vereinsobfrau Andrea Czak berichtet: „Die Anzahl der Alleinerzieher*innen, die davon berichten, dass ihnen Richter*innen und Mitarbeiter*innen von Institutionen nicht geglaubt haben, wenn sie von Gewalt durch den Kindesvater berichtet haben, ist erschreckend hoch. Die Erlebnisse der Mütter werden häufig in Abrede gestellt oder verharmlost. Ob am Familiengericht, bei den Terminen bei der Familiengerichtshilfe, der Kinder- und Jugendhilfe oder sogar der Besuchsbegleitung.“
Sie weist auf die Pflicht der Mitarbeiter*innen der Institutionen hin, Opferrechte zu beachten und Richtlinien einzuhalten. „Der Schutz der Kinder und Frauen muss an erster Stelle stehen!“, fordert Obfrau Andrea Czak.
Der Verein betreibt eine Meldestelle für institutionelle Gewalt und macht sichtbar, wie strukturelle Machtverhältnisse, mangelnde Schulung, Zeitdruck und falsche Neutralität dazu führen, dass Alleinerzieher*innen und ihre Kinder an Familiengerichten, bei der Kinder- und Jugendhilfe oder gerichtlichen Sachverständigen massiven Rechtsverletzungen ausgesetzt sind. „Betroffene Frauen erzählen uns von Angst, Erschöpfung und existenzieller Bedrohung. Viele berichten, dass der gefährlichste Ort für sie nicht mehr die Wohnung des Täters, sondern der Gerichtssaal geworden ist“, so Czak.
Petition mit prominenten Mitstreiter*innen
Der Verein hat die Petition „Schützt Mütter und Kinder vor Gewalt nach der Trennung“ ins Leben gerufen, um die rasche Umsetzung der Empfehlungen des GREVIO-Komitees (ein unabhängiges Gremium von Expert*innen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention) im Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen (NAP) voranzutreiben. Die aktuelle Regierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm bereits dazu verpflichtet, doch die Umsetzung kann für Betroffene lebenswichtig sein. Wie dringlich die Anliegen des Vereins sind, zeigt die rege Beteiligung von Prominenten und Expert*innen an der Petition. Kammerschauspieler Cornelius Obonya macht deutlich: „Nach der Trennung sollten Wunden heilen, nicht neue verursacht werden.“ Die frisch gekürte Frauenpreisträgerin und Opferschutzanwältin Mag. Sonja Aziz fordert etwa: „Zum Schutz der Kinder sollten Gewaltvorwürfe immer vom Familiengericht geprüft werden, auch ohne strafrechtliche Verurteilung.“ Auch die Gewaltschutzexpertin Mag. Maria Rösslhumer, Ex-Politikerin Maria Stern und Autorin Elfriede Hammerl stellen sich an die Seite von FEM.A.
Rechtsanwältinnen bezeugen die institutionelle Gewalt im Familienrecht
In der Pressekonferenz von FEM.A berichten die Rechtsanwältinnen Mag.a Katharina Braun, Mag.a Rebecca Oberdorfer und Mag.a Sina König von der institutionellen Gewalt, die ihre Mandantinnen im Gerichtsalltag erleben. Etwa von unwissenschaftlichen und diskriminierenden Gutachten, Demütigungen und fehlendem Schutz in den Gerichtssälen selbst. Rechtsanwältin Mag.a Katharina Braun sieht die Gesetzgebung in der Pflicht: „Es braucht klare, durchdachte Gesetze, damit Täter keine Schlupflöcher finden.“
Rechtsanwältin Mag.a Rebecca Oberdorfer erinnert an die Schutzpflicht der Republik: „Viele betroffene Mütter und Kinder erleben weiterhin psychische, ökonomische oder institutionelle Gewalt, etwa durch unreflektierte Kontaktentscheidungen, fehlende Gefährdungsbeurteilungen oder mangelnde Sensibilität gegenüber Täterstrategien. Der Staat darf hier nicht neutral bleiben. Nach der Verfassung besteht eine aktive Schutzpflicht, Gefährdungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.“
Rechtsanwältin Mag.a Sina König sieht vor allem den Zeitdruck an Gerichten als Problem und plädiert für umfassende Weiterbildung: „Es braucht verpflichtende Fortbildung zu psychischer, emotionaler und struktureller Gewalt, sowie interdisziplinäre Teams aus Recht, Psychologie, Medizin und Sozialarbeit und verbindliche Qualitätsstandards für Gutachten inklusive Review und Supervision.“
Kindesabnahmen nach Partnergewalt: Kinder in Unterbringung vernachlässigt
Dass Gewalt durch Kindesväter eine Kaskade an weiterer Gewalt auslösen kann, zeigt Wissenschafterin Ass. Prof. Barbara Beclin. Sie kritisiert, dass die Kinder- und Jugendhilfe den Müttern oft ihre Kinder wegnehmen und fremdunterbringen, wenn sie die Gewalt durch den Kindesvater melden. Gesetzlich vorgesehen wäre allerdings die Wegweisung des Gewalttäters. Dies führe sogar dazu, dass Mütter aus Furcht vor einer Kindesabnahme zögern, die erlittene Gewalt bei den Behörden anzuzeigen. Sie beobachtet, dass Kinder durch die Trennung von der Mutter und durch die Unterbringung in überfüllten und personell unterbesetzten Einrichtungen Vernachlässigung und weiteren Formen von Gewalt ausgesetzt sind. Ass. Prof. Barbara Beclin fordert deshalb: „Gerade die Jugendämter müssten bei häuslicher Gewalt an der Seite der Mütter stehen und diese im Interesse der Kinder dabei unterstützen, sich und die Kinder zu schützen!“
Ein Zeichen gegen institutionelle Gewalt setzen
Mit der Pressekonferenz setzt FEM.A ein deutliches Signal gegen institutionelle Gewalt. FEM.A fordert die Bundesregierung auf, die Empfehlungen des GREVIO Komitees vollständig im Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen umzusetzen, die „Handreiche zum Umgang mit Gewalt im Zusammenhang mit Obsorge und Kontaktrecht“ des Justizministeriums im Alltag der Gerichte verbindlich in Gesetze zu gießen und die Finanzierung unabhängiger Opferschutzeinrichtungen für Mütter und Kinder auszubauen. Die Petition kann online unterzeichnet werden: https://verein-fema.at/petition-gewaltschutz/
Rückfragen & Kontakt
Verein Feministische Alleinerzieherinnen - FEM.A
Andrea Czak, MA
Geschäftsführende Obfrau
Telefon: +43 6991 9710306
E-Mail: andrea.czak@verein-fema.at
Website: https://verein-fema.at/
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