- 20.11.2025, 22:59:32
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Livestream von U-Ausschüssen: Konkrete Lösung noch nicht in Sicht
Nationalrat beendet Plenarwoche mit der Ersten Lesung von drei FPÖ-Anträgen
Grundsätzlich sind alle fünf Parlamentsparteien dafür, zumindest Teile von Untersuchungsausschüssen mit Bild und Ton zu übertragen und so der Öffentlichkeit direkt zugänglich zu machen. Wie dieses Vorhaben konkret umgesetzt werden soll, darüber scheiden sich aber schon seit Jahren die Geister. Vor allem die Frage, wie der Schutz der Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen und von Personen, die Gegenstand der Beratungen sind, sichergestellt werden kann, sorgt für anhaltende Diskussionen. Auch aktuell ist noch keine Lösung in Sicht. FPÖ und Grüne hoffen zwar, dass sich die Fraktionen noch vor Beginn des Pilnacek-Untersuchungsausschusses einigen können, die Chance dafür sieht Grün-Abgeordnete Nina Tomaselli aber eher als gering an. Ihrer Ansicht nach ist es vor allem die ÖVP, die einer Einigung im Wege steht.
Angestoßen hatte die heutige Debatte im Nationalrat die FPÖ. Sie schlägt in ihrem Antrag (540/A) vor, Untersuchungsausschüsse auf der Parlamentswebsite live zu übertragen. Damit will sie für mehr Transparenz sorgen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern "authentische Einblicke" in die Arbeit von U-Ausschüssen ermöglichen. Derzeit haben nur Medien Zugang zu den Befragungen. Die Entscheidung, welche Befragungen - etwa aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes - nicht übertragen werden sollen, will die FPÖ der bzw. dem jeweiligen Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses überlassen.
Eine Liveübertragung wäre gut für die Qualität von Untersuchungsausschüssen, ist FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker überzeugt. Seiner Meinung nach würde das "sinnloses Filibustern" und endlose Geschäftsordnungsdebatten eindämmen und Regierungsmitgliedern ständiges Ausweichen auf Fragen erschweren. Dabei auf Persönlichkeitsrechte zu achten, hält Hafenecker für selbstverständlich: Niemand habe ein Interesse, Beamte aus den Ministerien in die Öffentlichkeit zu holen, meinte er. Nach Meinung seines Fraktionskollegen Norbert Nemeth drängt die Zeit: Seiner Einschätzung nach könnte der Verfassungsgerichtshof den Nationalrat schon bald dazu zwingen, die Öffentlichkeit von Untersuchungsausschüssen neu zu regeln.
ÖVP sieht Spannungsverhältnis zwischen Transparenz und Persönlichkeitsrechten
Wenig vom Vorschlag der FPÖ hält ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger. Dieser sei "untauglich", meinte er. Es gebe ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an einer Live-Übertragung von U-Ausschüssen, ebenso müsse man aber die Persönlichkeitsrechte beachten. Abgeordnete seien durch ihre parlamentarische Immunität geschützt und könnten weder strafrechtlich noch medienrechtlich für Aussagen in Untersuchungsausschüssen belangt werden und hätten damit Auskunftspersonen gegenüber einen gravierenden Vorteil, gab er zu bedenken. Auch solle man sich in der Frage der Übertragung "nicht der Willkür des Vorsitzenden ausliefern". Hanger will sich nun zunächst einmal das Modell in Deutschland anschauen, zeigte sich aber skeptisch, dass es gelingen wird, das von ihm skizzierte "Spannungsverhältnis" aufzulösen.
Von Seiten der SPÖ erneuerte Kai Jan Krainer seinen alten Vorschlag, die Verantwortung, welche Auskunftspersonen "in Bild und Ton gezeigt werden", den Medien zu übertragen. Diese seien tagtäglich mit der Herausforderung konfrontiert, Persönlichkeitsrechte zu schützen und wüssten am besten, welche Teile von Befragungen man gegebenenfalls "herausschneiden" oder übertönen müsse.
NEOS und Grüne drängen auf baldige Lösung
Frustriert über die jahrelange Debatte zeigte sich NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak. Es gehe um herausfordernde juristische Fragen, räumte er ein. Wenn man den Willen habe, könne man das Problem aber lösen, ist er sich sicher. Etwa durch eine zeitversetzte Übertragung. Auch der Vorschlag von SPÖ-Abgeordnetem Krainer könnte seiner Meinung nach "funktionieren". Eine Übertragung würde auf die politische Kultur im Untersuchungsausschuss jedenfalls "disziplinierend wirken", glaubt Scherak.
Auch Nina Tomaselli (Grüne) ist überzeugt, dass eine Lösung trotz der bestehenden Herausforderungen möglich ist. Es gebe viele interessierte Bürgerinnen und Bürger, die sich ein ungefiltertes Bild von Untersuchungsausschüssen machen wollten, meinte sie. Dass es bis zum Start des Pilnacek-Untersuchungsausschusses eine Einigung geben wird, hält sie aber für wenig realistisch. Zwar würden sich alle Fraktionen öffentlich zu einer Live-Übertragung bekennen, bei konkreten Verhandlungen würde eine Fraktion dann aber erst recht wieder "auf das 26. Zwergenproblem von rechts" verweisen.
Nach der Ersten Lesung wurde der Antrag der FPÖ dem Geschäftsordnungsausschuss zur weiteren Beratung zugewiesen.
"Wahrheitspflicht" bei Beantwortung parlamentarischer Anfragen
Ein weiteres Anliegen der FPÖ ist es, Regierungsmitglieder bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen - ähnlich wie bei Befragungen in Untersuchungsausschüssen - unter "Wahrheitspflicht" zu stellen (539/A). Im Falle falscher Auskünfte soll der Straftatbestand "Falsche Beweisaussage", der mit bis zu drei Jahren Haft bedroht ist, zur Anwendung gelangen. Außerdem sollen die Fristen für die Beantwortung parlamentarischer Anfragen an jene des Informationsfreiheitsgesetzes (vier plus vier Wochen) angepasst werden. Derzeit gebe es hier eine Schieflage, begründete Abgeordneter Norbert Nemeth den Vorstoß. Er kritisierte außerdem die Qualität vieler Anfragebeantwortungen und warf der Regierung vor, Abgeordneten systematisch Informationen vorzuenthalten.
Kritisch zum vorliegenden Antrag äußerten sich Wolfgang Gerstl (ÖVP), Muna Duzdar (SPÖ) und Nikolaus Scherak (NEOS). Der FPÖ gehe es nicht um die Sache, sondern darum, das Vertrauen der Bevölkerung in Institutionen zu schwächen und deren Glaubwürdigkeit zu untergraben, ist Gerstl überzeugt. Würde man dem Vorschlag der FPÖ folgen, könnte jede Anfragebeantwortung zur Prüfung bei der Staatsanwaltschaft landen, warnte er. Zudem gibt es seiner Meinung nach genügend Möglichkeiten, um Regierungsmitglieder zur Verantwortung zu ziehen.
SPÖ-Abgeordnete Duzdar wies darauf hin, dass die FPÖ die Ministerien zuletzt "mit Anfragen zugeschüttet" habe. Das habe mit seriöser parlamentarischer Arbeit nichts zu tun, sagte sie. Vielmehr wolle die FPÖ die Ministerien gezielt "lahmlegen", um dann "Empörung zu inszenieren", wenn die Antworten nicht in der gewünschten Schnelle kommen.
Auch NEOS-Abgeordneter Scherak bezweifelt, dass man mit einer "Wahrheitspflicht" weiterkommen würde. Um die Qualität von Anfragebeantwortungen zu verbessern, wäre seiner Meinung nach ein Organstreitverfahren beim Verfassungsgerichtshof nach dem Vorbild Deutschlands zielführender. Etwas abgewinnen kann Scherak hingegen der Forderung der FPÖ, die Frist zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen auf vier Wochen zu verkürzen.
Ähnlich wie Scherak argumentierte Grün-Abgeordnete Alma Zadić: Auch sie plädierte für eine kürzere Antwortfrist und ein Organstreitverfahren beim Verfassungsgerichtshof.
Auch dieser Antrag wurde dem Geschäftsordnungsausschuss zur weiteren Beratung zugewiesen.
Diskussion um Abschaffung der Flugabgabe
Über die Forderung der FPÖ nach Abschaffung der Flugabgabe (501/A) wird der Verkehrsausschuss weiter beraten. Die Flugabgabe sei de facto eine Urlaubssteuer, führe zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil für österreichische Flughäfen und mindere die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Österreich, begründen die Freiheitlichen ihren Vorstoß. Eine Abschaffung der Abgabe würde hingegen die Kostenbelastung der Passagiere reduzieren, Regionalflughäfen entlasten, die internationale Anbindung Österreichs sichern und den Wirtschafts- und Tourismusstandort stärken.
In der Debatte machte FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek geltend, dass die Flugabgabe dazu beitrage, dass Fluglinien Flüge ins benachbarte Ausland verlagerten und Passagierzahlen sinken. Als Beispiele verwies er auf den Abzug von Flugzeugen durch Wizz Air und Ryan Air aus Österreich. Die Flugabgabe sei außerdem eine "Tourismusbremse", betonte er.
Widerspruch erntete Deimek unter anderem von SPÖ-Abgeordnetem Roland Baumann und Grün-Abgeordnetem Jakob Schwarz. Ihnen zufolge würde die Abschaffung der Flugabgabe ein Loch von 190 Mio. Ꞓ bzw. 168 Mio. Ꞓ in das Budget reißen. Die Flugabgabe sei außerdem ein Instrument, um die Bahn zu unterstützen und diese gegenüber Billigfluglinien konkurrenzfähig zu halten, sagte Baumann. Überdies habe sie eine CO2-reduzierende Wirkung auf das Verkehrsverhalten. Die Abschaffung von Steuern und Abgaben führe zudem nicht automatisch zu billigeren Preisen, machte Baumann geltend.
Zum Thema Ryan Air merkte Grün-Abgeordneter Schwarz an, er verstehe nicht, warum die FPÖ das österreichische Budget zugunsten eines irischen Milliardärs in Schieflage bringen wolle. Auch Baumann und NEOS-Abgeordneter Dominik Oberhofer wandten sich dagegen, sich von Billigfluglinien, die wie Oberhofer meinte, "Milliarden Gewinne schreiben und nichts in Österreich versteuern", unter Druck setzen zu lassen.
Dass derzeit Regionalflughäfen "in ganz Europa unter Druck stehen", führt Oberhofer weniger auf Flugabgaben als auf eine bestehende "Lücke" bei kleineren Flugzeugen zurück. Er hält in diesem Sinn auch nichts davon, wenn sich Regionalflughäfen "untereinander ausspielen". Zur aktuellen Diskussion in Deutschland merkte er an, auch dort werde die Flugabgabe nicht abgeschafft, sondern nur die letzte Erhöhung zurückgenommen.
"Ein klares Bekenntnis zum Luftfahrtstandort Österreich" gab ÖVP-Abgeordneter Joachim Schnabel ab. Es sei unbestritten, dass die Luftfahrt zehntausende Arbeitsplätze schaffe und für Wohlstand sorge, sagte er. In diesem Zusammenhang verwies er nicht zuletzt auf die Luftfahrtindustrie. Wichtig seien aber auch wettbewerbsfähige Flughäfen. Zur Forderung der FPÖ hielt Schnabel fest, die Herausforderung sei es, diese mit der notwendigen Budgetkonsolidierung in Einklang zu bringen. (Schluss Nationalrat) gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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