• 20.11.2025, 18:53:02
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  • OTS0197

Nationalrat bekennt sich einhellig zu Drohnenschutz-Strategie

Mehrheit für Europäisches Reiseinformationssystem und Vernetzung von Sicherheitsdaten

Wien (PK) - 

Angesichts der zunehmenden Bedrohung der kritischen Infrastruktur und der inneren Sicherheit durch Drohnen, sprach sich der Nationalrat heute einstimmig für die Ausarbeitung und Umsetzung einer nationalen Drohnenschutz-Strategie aus. Basis dafür war ein dementsprechender Entschließungsantrag der Grünen.

Mehrheitliche Zustimmung erhielt ein Gesetzespaket, mit dem unionsrechtliche Vorgaben zur Herstellung der Interoperabilität zwischen europäischen Informationssystemen sowie zur Einrichtung des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Innenminister Gerhard Karner, die Koalitionsparteien und die Grünen sahen darin eine notwendige Maßnahme zur Bekämpfung illegaler Migration und grenzüberschreitender Kriminalität. Die FPÖ kritisierte, dass damit aus ihrer Sicht sicherheitspolitische nationale Kompetenzen an die EU "ausgelagert" würden.

Überparteiliche Einigkeit über Drohnenschutz-Strategie

Von "umfassenden und komplexen Bedrohungen" sprach Staatssekretär Jörg Leichtfried mit Hinblick auf die europaweiten Vorfälle mit Drohnen in den letzten Monaten. Es sei "nur mehr eine Frage der Zeit" bis auch Österreich betroffen sein werde. Drohnen würden als Teil hybrider Angriffe eingesetzt um Länder zu destabilisieren und Unsicherheit zu schüren. Dabei stellten sie keine abstrakten Bedrohungen dar, sondern beeinträchtigten das gesellschaftliche Leben ganz konkret, so Leichtfried. Dieser Gefahr müsse gesamtstaatlich begegnet werden.

Volker Reifenberger (FPÖ) beschrieb die "schnelllebige" Entwicklung von Drohnen, wie sie in der Ukraine ersichtlich werde. Vom Einsatz einer neuen Technologie bis zur Entwicklung einer Gegenmaßnahme dauere es dort in der Regel drei Monate. Dies stehe im Widerspruch zu den eher lange andauernden Beschaffungsvorgängen. Reifenberger betonte weiter, dass es für verschiede Arten von Drohnen auch verschiedene Weisen der Abwehr gebe - hier stecke das österreichische Bundesheer noch "in den Kinderschuhen". So seien die Technologie der European Sky Shield Initiative (ESSI) für die Drohnenabwehr "vollkommen ungeeignet". Sinnvolle Ansätze sah er hingegen etwa in der Anschaffung des Flugabwehrsystems Skyranger. Sowohl Reifenberger als auch sein Fraktionskollege Michael Schilchegger pochten auf die Klärung der diesbezüglichen Zuständigkeiten zwischen Verteidigungs- und Innenministerium. Dass der Antrag auf eine nationale Drohnenschutz-Strategie "ausgerechnet" von den Grünen komme, bewertete Reifenberger als "Ausrutscher" - in ihren nächsten Anträgen würden diese "schon wieder EU- und NATO-Programmen das Wort reden".

Der Ukraine-Krieg markiere für den Einsatz von Drohnen eine "Zeitenwende", da sie dort zum ersten Mal massenhaft zum Einsatz kämen und Gefechtsfelder neu definierten, führte Ernst Gödl (ÖVP) aus. Drohnen könnten, weil sie so kostengünstig seien, nicht nur von Staaten, sondern auch von terroristischen Organisationen oder einzelnen Akteuren eingesetzt werden. Auch wenn bereits Maßnahmen gesetzt worden seien, wie die Einrichtung eines Kontrollzentrums für Drohnen bei der Austro Control, brauche es laut Gödl jetzt eine umfassende Strategie. Diese müsse ein System zur Bedrohungsanalyse, die Stärkung kritischer Infrastruktur, die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Erfassung eines gemeinsamen Luftlagebildes umfassen. Es brauche standardisierte, beschleunigte und rechtssichere Abläufe zur Drohnenabwehr, erklärte auch Friedrich Ofenauer (ÖVP). Zudem investiere man bereits in eine eigene "Drohnenflotte" - über 300 Stück seien kürzlich beschafft worden. Auch das im September beschlossene Resilienz kritischer Einrichtungen-Gesetz (RKEG) sei ein wesentlicher Schritt gewesen, ergänzte Margreth Falkner (ÖVP). Auf verschiedene technische Möglichkeiten der Drohnenabwehr ging Manfred Hofinger (ÖVP) ein.

Europa habe die Auswirkungen "komplexer Gefährdungslagen" durch den vermehrten Einsatz noch nicht realisiert und "hinke" hinsichtlich der Abwehr technologisch "hinterher", diagnostizierte SPÖ-Abgeordneter Robert Laimer. "Masse schlägt Technik", verwies er auf die Auswirkungen der kostengünstigen Produktion von Drohnen. Nun sei eine gesamtstaatliche Lösung gefordert, die klare Zuständigkeiten, moderne Einsatzfähigkeit und europäische Zusammenarbeit umfassen müsse, so Laimer. Investiert werden müsse sowohl technologisch als auch personell und legistisch. "Neue Bedrohungen brauchen neue Antworten", befand auch Sabine Schatz (SPÖ). Eine ressortübergreifende Drohnenabwehrstrategie habe der Ministerrat bereits Ende Oktober beschlossen.

Die vermehrten Vorfälle mit Drohnen in ganz Europa seien eine Auswirkung des hybriden Krieges und müssten als solche erkannt werden, konstatierte Christoph Pramhofer (NEOS). Auch er unterstrich die Gefahr, die sich aus der günstigen Drohnenproduktion sowie aus ihrer vielseitigen Einsetzbarkeit ergebe und betonte die Notwendigkeit europäischer Zusammenarbeit bei der Abwehr.

Antragstellerin Agnes Sirkka Prammer (Grüne) zeigte sich erfreut darüber, dass ihr Antrag einstimmig angenommen wurde. Gleichzeitig gab sie zu bedenken, dass die Drohnenschutz-Strategie lediglich einen Plan darstelle. Österreich müsse jedoch "ins Handeln kommen". Daher gelte es, die Strategie möglichst schnell fertigzustellen, weil "die Gegenseite ist schon weiter als wir", so Prammer. Ihr Fraktionskollege Werner Kogler unterstrich ebenfalls die Notwendigkeit einer eindeutigen Kompetenzaufteilung unter den Ressorts.

Europäisches Reiseinformationssystem und Vernetzung von Sicherheitsdatenbanken

Mit dem neuen Reiseinformationssystem (ETIAS) sollen Informationslücken bei visumfreien Einreisen geschlossen werden, indem Daten von Drittstaatsangehörigen bereits vor der Einreise automatisiert mit bestehenden Sicherheitsdatenbanken abgeglichen werden. In Österreich soll dafür eine nationale ETIAS-Stelle im Innenministerium eingerichtet werden.

Parallel dazu will die Regierung die EU-Verordnungen zur Interoperabilität europäischer Informationssysteme umsetzen, die eine Vernetzung des Schengener Informationssystems (SIS), des Visa-Informationssystems (VIS), der Eurodac-Datenbank (Fingerabdruck-Identifizierungssystem für Asyl- und Migrationsverfahren), des Einreise-/Ausreisesystems (EES), des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) sowie des Strafregisterinformationssystems für Drittstaatsangehörige (ECRIS-TCN) über gemeinsame technische Komponenten - das Europäische Suchportal (ESP), den gemeinsamen biometrischen Abgleichdienst (sBMS), das gemeinsame Identitätsdaten-Repository (CIR) und den Mehrfach-Identitäts-Detektor (MID) - vorsehen. Diese sollen eine schnellere und verlässlichere Identifizierung von Personen ermöglichen und Identitätsbetrug verhindern. Zudem ist vorgesehen, dass die Visumpflicht für visumbefreite Drittstaatsangehörige, die in Österreich als Saisonarbeitskräfte bis zu 90 Tage tätig sind, entfällt.

FPÖ kritisiert Abgabe nationaler Kompetenzen

Das Gesetzespaket "klingt unverfänglich", berge jedoch "sicherheitspolitische Sprengkraft", begründete FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann die Ablehnung seiner Fraktion. Die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit werde mit ETIAS an die EU "ausgelagert", da Österreichs Behörden erst dann informiert würden, wenn das europäische System eine Gefährdung feststelle. Wer eine Gefährdung darstellt, entschieden aber zunächst Organe der EU, kritisierte Darmann. Zudem betreibe Österreich bei der innerstaatlichen Umsetzung der EU-Vorgaben "Gold-Plating", was die Bewilligung von Reisegenehmigungen aus humanitären Gründen betreffe. In der entsprechenden EU-Verordnung stelle diese Regelung lediglich eine Kann-Bestimmung dar, wie Michael Schilchegger (FPÖ) ergänzte. Österreich werde damit als "Asylstandort" noch attraktiver, als es ohnehin schon sei. An einer Auslagerung nationalstaatlicher Kompetenzen an Brüssel stießen sich auch die freiheitlichen Abgeordneten Markus Leinfellner und Reinhold Maier.

Um europäische Zentralisierungstendenzen "sorgt" sich Darmann auch im Bereich der Nachrichtendienste. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem sich die FPÖ gegen die medial kolportierten Pläne hinsichtlich eines "zentralen EU-Geheimdienstes" ausspricht und die Bundesregierung auffordert, auf europäischer Ebene dagegen aufzutreten. Der Antrag blieb in der Minderheit.

Karner, Koalition und Grüne sehen wesentlichen sicherheitspolitischen Schritt

Innenminister Gerhard Karner zeigte sich "überrascht" von der Ablehnung der FPÖ, da die Bekämpfung illegaler Migration ein zentrales Ziel des Gesetzespakets sei. Es sei "das logischste auf der Welt", dass Europa sich in dieser Frage und generell bei der Kriminalitätsbekämpfung vernetze, da auch Kriminelle grenzüberschreitend agierten. Zudem bekämen mit der Vernetzung der europäischen Informationssysteme auch die heimischen Sicherheitsbehörden ein zeitgemäßes "Handwerkszeug", so Karner.

Auch ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl drückte sein Unverständnis für die Haltung der FPÖ aus. Diese kritisiere, dass die EU etwa beim Grenzschutz "zu wenig aktiv" sei, stimme dann jedoch gegen Verbesserungen in diesem Bereich. Ebenso hätten sich die Freiheitlichen bei der Gefährderüberwachung oder der Pausierung des Familiennachzugs verhalten, so Gödl. Thomas Elian (ÖVP) sieht das Gesetzespaket als einen "wesentlichen Sicherheitspolitischen Schritt", der seit Jahrzehnten bestehende Informationslücken schließen und etwa Identitätsmissbrauch entgegenwirken werde.

Seitens der SPÖ wandte sich Christian Oxonitsch gegen die FPÖ, die bei konkreten sicherheitspolitischen Maßnahmen "immer kalte Füße" bekomme. Sicherheit entstehe nicht durch "Schlagwörter" und die Freiheitlichen verwechselten nationale Souveränität, zu der auch die SPÖ stehe, mit nationaler Isolation, meinte Oxonitsch. Für Maximilian Köllner (SPÖ) ist das Gesetzespaket notwendig, damit die Exekutive ihren immer komplexer werdenden Aufgaben nachkommen könne. Köllner plädierte auch für eine "konsequente" Fortsetzung der Personaloffensive bei der Polizei.

Es gehe nicht um eine Abgabe von Sicherheitskompetenzen an Brüssel, sondern um einen Abgleich von Daten innerhalb der EU, erklärte Sophie Marie Wotschke (NEOS). Positiv sieht sie auch den Wegfall der Visumpflicht für Saisonarbeitskräfte. Die FPÖ differenziere laut Wotschke nicht zwischen aus ihrer Sichte notwendiger Migration von Fachkräften und Asyl.

Auch Grünen-Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer hielt der FPÖ entgegen, dass sie das Gesetzespaket "verquer interpretiert", da die Letztentscheidung über eine Einreisegenehmigung immer noch dem Mitgliedstaat vorbehalten bleibe. Zudem sei das von den Freiheitlichen gezeichnete Bild eines "EU-Geheimdienstes" nicht real und diene nur dem "Schüren von Ängsten". (Fortsetzung Nationalrat) wit

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