- 20.11.2025, 14:26:06
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Nationalrat beleuchtet Reform der Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen
Bildungsminister Wiederkehr will Praxisorientierung der Ausbildung weiter erhöhen
Mit einer Debatte über die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen ging der Nationalrat heute in die Tagesordnung ein. Eine Novelle der gesetzlichen Vorgaben für die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen hat im Vorjahr grundlegende Änderungen der Curricula für die Lehramtsstudien gebracht. Der im Jahr 2013 geschaffene Qualitätssicherungsrat für Pädagoginnen- und Pädagogenbildung (QSR) begleitet die Umsetzung der Reformen und hat dazu einen Bericht vorgelegt, der von den Abgeordneten einstimmig zur Kenntnis genommen wurde.
Die FPÖ sprach in der Debatte von einem "Riesenkulturkampf" in den Klassenzimmern, die durch die "unsägliche Massenzuwanderung" verursacht worden sei. Die SPÖ trat für die Bekämpfung von Ungerechtigkeiten im Bildungssystem ein und forderte klare, österreichweit geltende Standards in der Lehrkräfteausbildung. NEOS und Grüne kritisierten den Bau neuer Sonderschulen und forderten inklusive Bildung für alle Schülerinnen und Schüler. Die ÖVP argumentierte für eine "vollwertige Inklusionspädagogik-Ausbildung", da es in diesem Bereich fachlich bestens ausgebildetes Personal brauche.
QSR-Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Curricula
Die wichtigsten Neuerungen für die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen betrafen die Dauer der Bachelor- und Masterstudien, eine flexiblere Gewichtung der einzelnen Säulen (Fachwissenschaften, Fachdidaktik, Bildungswissenschaften, pädagogisch-praktische Studien), die Gestaltung von Schwerpunkten und Fächern sowie die stärkere Verankerung pädagogischer Praxis. Zusätzlich wurden verbindliche Themenfelder und Kompetenzen definiert, die in allen Lehramtsstudien behandelt werden müssen. In seinen Empfehlungen betont der QSR, es sei zentral, dass die Ausbildung von Lehrkräften auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft basiere und an einem konsistenten akademischen Berufsbild ausgerichtet sei. Dazu brauche es autonom und kooperativ handelnde Bildungseinrichtungen. Zudem spricht er sich für einen "Paradigmenwechsel hin zu kontinuierlicher Fort- und Weiterbildung" aus. Die Auseinandersetzung mit Themen wie künstlicher Intelligenz, Digitalität, Globalisierung, Diversität und Bildungsgerechtigkeit müsse für bestehendes und zukünftiges Lehrpersonal obligatorisch sein.
Wiederkehr: Praxisorientierung der Ausbildung weiter erhöhen
Bildungsminister Christoph Wiederkehr betonte, dass der QSR in seinem Bericht festgehalten hätte, dass die Verkürzung der Studiendauer sinnvoll gewesen sei - auch um das Studium international anschlussfähig zu machen. Zudem seien in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern neue Kompetenzfelder erschlossen worden - als Antwort auf neue Herausforderungen in der Gesellschaft. Für besonders wichtig halte er Praxisorientierung schon während des Studiums, unterstrich Wiederkehr. Mit Praxiswochen in der Primarstufe während der Ausbildung sei dahingehend ein "erster Schritt" gelungen, weitere Schritte seien aus seiner Sicht jedoch notwendig, so der Bildungsminister.
FPÖ sieht "Riesenkulturkampf" an Schulen dokumentiert
Hermann Brückl (FPÖ) wies auf den "eklatanten" Lehrkräftemangel in manchen Regionen und Schulformen hin und kritisierte, dass durch eine "unsägliche Massenzuwanderung" und "gescheitere Integrationspolitik" ein Sprach- und Gewaltproblem an den Schulen bestehe. Christoph Steiner (FPÖ) sah einen "Riesenkulturkampf" in den Klassen durch Berichte von Lehrkräften, Direktorinnen und Direktoren und Eltern dokumentiert. Er forderte, dass Lehrkräfte aufgrund ihrer Vorbildwirkung kein Kopftuch in Schulen tragen dürfen, da das Kopftuch ein "religiöses Unterdrückungssymbol" wäre, das nicht in österreichische Klassenzimmer gehören würde. Lisa Schuch-Gubik (FPÖ) kritisierte, dass gesellschaftliche Probleme in den Klassenzimmern "abgeladen" würden. Ihre Fraktionskollegin Katayun Pracher-Hilander forderte eine kritische Beleuchtung der Erstellung von Schulbüchern und warnte vor einer "ideologischen Beeinflussung" von Schülerinnen und Schülern durch deren Inhalte. Auch Wendelin Mölzer (FPÖ) sprach sich für "weltanschaulich neutralen" Unterricht und Lehrkräfteausbildung aus - insbesondere beim Thema Medienkompetenz.
ÖVP für vollwertige Inklusionspädagogik-Ausbildung
Nico Marchetti (ÖVP) meinte, dass die gesellschaftliche Erwartungshaltung an Lehrkräfte zu hoch sei. Denn es werde verlangt, dass sie alle Probleme der Gesellschaft in den Klassenzimmern zu lösen hätten. Marchetti trat daher dafür ein, exakt zu überlegen, wer im Bildungssystem welche Aufgaben zu erfüllen habe und sprach sich für Entlastung der Lehrkräfte aus. Im Bereich der Inklusion und Sonderschulpädagogik sah Marchetti eine eigene Lehramtsausbildung positiv, da es in diesem Bereich "Expertise brauche". Seine Fraktionskollegin Agnes Totter (ÖVP) sagte, dass der Bericht des QSR zeigen würde, dass die Reform der Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen "richtig und notwendig" gewesen sei. Sie hob die deutlich stärkere Verankerung der pädagogischen Praxis in der Ausbildung positiv hervor und sprach sich ebenfalls für eine "vollwertige Inklusionspädagogik-Ausbildung" aus. Insbesondere in sogenannten Timeout-Klassen brauche es dringend "gut ausgebildetes Personal", so Totter.
SPÖ: Ungerechtigkeit im Bildungssystem bekämpfen
Heinrich Himmer (SPÖ) ging auf die Bedeutung von klaren, österreichweit geltenden Qualitätsstandards in der Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen ein, da diese Ausbildung niemals "zum Experimentierfeld kurzfristiger politischer Trends" werden dürften. Zudem forderte er die Auseinandersetzung mit der Frage nach künstlicher Intelligenz und der Nutzung ihrer Vorteile. Christian Oxonitsch (SPÖ) betonte, dass der Bericht des QSR aufzeige, wie wesentlich eine qualitative Pädagoginnen- und Pädagogenausbildung zur Bekämpfung von Ungerechtigkeit im Bildungssystem sei und thematisierte regionale Unterschiede bei der Lehrkräfteausbildung. Petra Tanzler (SPÖ) ging darauf ein, dass jedes fünfte Kind in Armut lebe und forderte, jedem Kind die besten Chancen zu ermöglichen. Paul Stich (SPÖ) forderte, dass sichergestellt werde, dass gut ausgebildete Lehrkräfte langfristig an den Schulen unterrichten und mit Freude dort arbeiten.
NEOS für "ergebnisoffene Diskussion" über große Veränderungen
Als wichtige Empfehlung des QSR strich Martina von Künsberg Sarre (NEOS) ständige und berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften hervor, da sich die Gesellschaft rasant verändere und vor großen Herausforderungen in Hinblick auf künstliche Intelligenz, Desinformation und der Unterwanderung demokratischer Strukturen stehe. Zentral sei die Vermittlung von Grundkompetenzen, aber auch von Resilienz, Kreativität sowie Kommunikations- und Problemlösungskompetenz. Zudem betonte die NEOS-Abgeordnete, dass ihre Fraktion gegen den Bau neuer Sonderschulen sei. Denn Ziel sei ein "modernes Bildungssystem", das "alle Kinder einbinde". Von Künsberg Sarre forderte eine "ergebnisoffene Diskussion" über große Veränderungsprozesse im Bildungssystem. Fiona Fiedler (NEOS) erinnerte daran, dass sich Österreich 2008 zur UN-Behindertenrechtskonvention bekannt habe, aber nun trotzdem neue Sonderschulen gebaut werden sollen. Es sei "beschämend", dass nicht allen Kindern inklusive Bildung ermöglicht werde und "fadenscheinige Argumente" gefunden würden, um Kinder mit Behinderungen nicht zu beschulen, so Fiedler.
Grüne: Kinder dürfen nicht in Sonderschulen "aussortiert" werden
Auch Sigrid Maurer (Grüne) nannte es "unerträglich", dass Kinder mit Behinderungen immer häufiger als schulunfähig eingestuft würden. Sie betonte, dass jedes Kind, egal wo es herkomme und egal ob es eine Behinderung habe oder nicht, das Recht habe, gemeinsam mit anderen Kindern zu lernen. Auch Maurer verwies auf die UN-Behindertenrechtskonvention, die es verbiete, Kinder in Sonderschulen "auszusortieren". Mit dem Bau neuer Sonderschulen in Österreich drohe ein "absoluter Rückschritt", denn wenn eine Sonderschule erst einmal gebaut sei, sei die Absonderung einzementiert - denn ein Umstieg in eine Regelschule sei extrem schwierig und selten, so Maurer. (Fortsetzung Nationalrat) bea
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