• 19.11.2025, 22:11:03
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Biologische Geschlechter: FPÖ-Initiativen bleiben in der Minderheit

Hitzige Diskussion im Nationalrat über Gender-Themen und Identität

Wien (PK) - 

Mit Debatten über zwei Anträge der FPÖ zum "Schutz der biologischen Geschlechter" sowie über einen Bericht des Petitionsausschusses endete heute der erste Nationalratssitzungstag in dieser Woche. Die Forderungen der Freiheitlichen nach einer Verankerung der zwei Geschlechter Mann und Frau im Staatsgrundgesetz sowie nach einer Änderung einer Formulierung im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die im Ausschuss auf breite Ablehnung gestoßen sind, fanden auch im Plenum keine Mehrheit.

Die zentralen Inhalte der FPÖ-Anträge

Kurz vor der letzten Nationalratswahl haben ÖVP, SPÖ und Grüne im September 2024 eine Dienstrechtsnovelle beschlossen, die auch eine Änderung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes enthalten hat. Da im Zuge dessen auch die Formulierung der "Gleichbehandlung von Männern und Frauen" in "Gleichbehandlung aufgrund des Geschlechts" abgeändert wurde, treten die Freiheitlichen in einem Antrag dafür ein, dies wieder rückgängig zu machen.

Ihre zweite Initiative zielt auf eine Novellierung des Staatsgrundgesetzes ab. Laut FPÖ sollte dort verankert werden, "dass es nur zwei Geschlechter gibt", nämlich Frauen und Männer. Begründet wird das mit der Biologie, die zwei körperlich differenzierbare Geschlechter unterscheide. Abzulehnen sei daher der Begriff des sozialen Geschlechts (Gender), da ihm eine "woke und ideologisch motivierte Betrachtungsweise" zugrunde liege, heißt es im Antrag. Aus Sicht der Freiheitlichen bliebe die "Gleichheit der Staatsbürger vor dem Gesetz" mit der Änderung dennoch gewahrt. Sie würde weiterhin für "Frauen, Männer und Personen, deren körperliche Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig als weiblich oder männlich einzuordnen sind" gelten.

FPÖ warnt vor einer vollkommen falschen Entwicklung

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) erinnerte die ÖVP an ihre Zusage, wonach sie den umstrittenen Passus im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz rasch reparieren wolle. Die FPÖ-Mandatarin verwehrte sich mit Nachdruck gegen eine Abschaffung der Geschlechter und eine Entwicklung hin zu einem "woken Geschlechtsbegriff". Auch wenn es Fehlbildungen bei den Geschlechtschromosomen geben könne, so handle es sich dabei um kein eigenes Geschlecht, betonte Belakowitsch.

Wenn aber jeder sein Geschlecht frei wählen könnte, dann hätte dies massive Auswirkungen in den unterschiedlichsten Bereichen, wie man erst vor Kurzem am Beispiel des "Herrn Walter" sehen konnte. Durch solche Entwicklungen würden zudem Frauenschutzräume ausgehebelt werden, warnte Belakowitsch. Es handle sich daher um kein nebensächliches Thema, schloss sich Fraktionskollegin Susanne Fürst an, sondern um eines, das größte Aufmerksamkeit verdiene. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die EU-Kommission plane, jede Altersbeschränkung für die freie Geschlechtswahl aufheben zu wollen. Eltern dürften in der Folge dann auch ihre Kinder nicht von der Einnahme von Hormonpräparaten oder Geschlechtsoperationen abhalten dürfen, zeigte sich Fürst entrüstet. Mittlerweile gebe es sogar schon Volksschulen, wo sich Kinder eines von sechs Geschlechtern auswählen müssten, führte Lisa Schuch-Gubik (FPÖ) ins Treffen. Dies sei eine Politik, die fern ab von den Interessen der "normal denkenden Mehrheit der Österreicher" betrieben werde. Auch Markus Leinfellner und Wolfgang Zanger (beide FPÖ) zeigten sich besorgt darüber, dass schon kleine Kinder durch eine fragwürdige Gender-Ideologie indoktriniert würden.

SPÖ: Intergeschlechtliche Menschen haben ein Leben ohne Angst und Ausgrenzung verdient

Mario Lindner (SPÖ) warf den Freiheitlichen vor, Menschen gegeneinander auszuspielen, Feindbilder zu schaffen und keine Empathie für intergeschlechtliche Personen oder Transmenschen aufzubringen. Sie würden sogar so weit gehen, dieser Gruppe ihre Existenzberechtigung absprechen zu wollen, kritisierte Lindner. Die Biologie belege hingegen, dass es Menschen gebe, die weder Mann noch Frau seien. Außerdem sei es Herbert Kickl gewesen, der in seiner früheren Funktion als Innenminister, den Geschlechtseintrag "inter" und "divers" ermöglicht habe. Nicht richtig sei zudem, dass sich in Österreich jeder sein Geschlecht frei auswählen könne.

Die FPÖ versuche, einen Kulturkampf heraufzubeschwören, der keiner ist und der an den Alltagssorgen der Menschen völlig vorbeigehe, urteilte Muna Duzdar (SPÖ). Es gehe den Freiheitlichen auch nicht um eine ernst geführte Debatte, sondern nur darum, sich über Transpersonen lächerlich zu machen und eine transfeindliche Stimmung zu erzeugen.

ÖVP: Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich

Für einen pragmatischen Weg der Mitte trat Andreas Hanger (ÖVP) ein, zumal man auch die Genderdebatte übertreiben könne. Dennoch sollte auch die FPÖ zur Kenntnis nehmen, dass es intersexuelle Menschen gebe. Obgleich es sich dabei um eine Minderheit handle, gelte auch für sie der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich seien. Es sei für ihn daher das Normalste auf der Welt, dass damit auch das Recht auf einen entsprechenden Eintrag im Personenstandsregister verbunden sei.

NEOS lehnen illiberale und rückwärtsgewandete Initiativen ab

Henrike Brandstötter (NEOS) lehnte die Intention der FPÖ-Anträge, das Geschlecht wieder auf Mann und Frau zu reduzieren, ab und sprach von rückwärtsgewandten, illiberalen und unnötigen Initiativen. Es gebe nämlich drei biologische Geschlechter - Männer, Frauen und Inter. Wer Freiheit ernst nehme, der lasse die Menschen leben, wie sie wollen, argumentierte sie. Außerdem würden die Anträge kein einziges Problem lösen, sondern vielmehr neue schaffen. Statt sich mit jedem "Kinderkram" der FPÖ zu befassen, sollte man sich besser auf andere wichtige Themen wie Inflation, sinkende Wettbewerbsfähigkeit oder Klimakrise konzentrieren, plädierte Brandstötter.

Grüne sehen den "Genderwahn" in der FPÖ verortet

In Zeiten von Klimakrise, explodierenden Lebensmittel- und Energiepreisen und armutsbetroffenen Familien setze die FPÖ immer auf dieselbe Geschichte, beklagte Meri Disoski (Grüne). Keine Partei rede so viel über Geschlechter, Gender oder Identität wie die Freiheitlichen, die einen ideologischen Feldzug gegen Menschen führen würde, die nicht in ihr "enges Weltbild" passen. Wenn es irgendwo einen "Genderwahn" geben sollte, dann sitze er in den Reihen der FPÖ hier im Parlament, mutmaßte Disoski. Die Aufregung sei auch deshalb nicht nachzuvollziehen, weil das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz nach über 25 Jahren nur sprachlich an die gültige Gesetzeslage angepasst worden sei. Auch der Verfassungsgerichtshof habe klar zum Ausdruck gebracht, dass es ein Recht darauf gebe, alternative Geschlechtseinträge zu wählen.

Sammelbericht des Petitionsausschusses zu sieben Bürgeranliegen

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde schließlich noch ein Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen. Dieser informiert über den aktuellen Stand der Beratungen von insgesamt sieben Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern. Als erledigt gelten somit folgende Initiativen: die Petitionen betreffend "Keine Zustimmung zum WHO-Pandemievertrag" sowie "Steuerbefreiung für Elektroautos, die im Dienste der Allgemeinheit verwendet werden". Gleiches gilt für die Bürgerinitiativen, die Forderungen nach einer Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer Österreich, nach Konsequenzen bei Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze bei Nationalratswahlen sowie nach einer Ablehnung der Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO durch die Bundesregierung enthalten. Den jeweiligen Fachausschüssen zugewiesen wurden hingegen die Petition mit dem Titel "Bürokratieabbau für unsere Feuerwehren" sowie die Bürgerinitiative "Rettet den Wienerwald".

In einer anschließenden Nationalratssitzung, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen diente, wurde das Verlangen der Freiheitlichen, dem Wirtschaftsausschuss bezüglich der Behandlung des FPÖ-Antrags zur Einführung eines "Opting outs" von der Wirtschaftskammermitgliedschaft eine Frist bis 9. Dezember 2025 zu setzen, abgelehnt. (Schluss Nationalrat) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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