• 19.11.2025, 11:15:35
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Tag der Kinderrechte: Inklusion scheitert nicht an Kindern, sondern am System

Behindertenanwältin mahnt, dass fehlende Unterstützungsleistungen Kinderrechte verletzen

Wien (OTS) - 

Zum internationalen Tag der Kinderrechte warnt die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, Mag.a Christine Steger, vor gravierenden Lücken in der Versorgung von Kindern mit Behinderungen. Viele Familien kämpfen oft vergeblich um Assistenz, Therapien und barrierefreie Bildung.

Kinder scheitern nicht – Systeme scheitern

„Jedes Kind hat das Recht auf Bildung und Teilhabe. Wenn Unterstützungsleistungen fehlen, wird dieses Recht verletzt“, betont Steger.

In der Beratungspraxis zeichnen sich folgende Problemlagen bundesländerübergreifend ab: fehlende Schulassistenz, lange Wartezeiten auf Therapien, nicht barrierefreie Klassenräume und Unterrichtsmaterialien, Ablehnungen wegen Personalmangel oder Finanzierungslücken.

Während jedes Kind laut Gesetz schulpflichtig ist, fehlen vielerorts die nötigen Strukturen, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Familien stehen damit vor einem oft unlösbaren Konflikt: Sie sollen der Schulpflicht nachkommen, doch das System stellt keine barrierefreien Bedingungen bereit. Damit wird die Verantwortung für strukturelles Versagen auf die Familien abgewälzt und das Recht des Kindes auf Bildung nicht wahrgenommen.

Viele Eltern berichten, dass Kinder zu Hause bleiben müssen, weil keine Assistenz bereitgestellt wird. „Ein Kind, das wegen fehlender Hilfe nicht zur Schule kann, wird ausgeschlossen. Das hat nichts mit Pädagogik zu tun, sondern mit politischer Prioritätensetzung“ so Steger.

Fehlende Unterstützung belastet ganze Familien

Die Situation trifft nicht nur die Kinder, sondern ganze Familien: Eltern müssen oftmals Arbeitszeit reduzieren oder aufgeben. Überproportional sind davon Frauen und Mütter betroffen. Diese Tendenz schlägt sich in weiterer Folge auch in Unterschieden zwischen den Geschlechtern bei Armut und Einkommen nieder. Geschlechtergerechtigkeit wird negativ beeinflusst.

Auch Geschwister müssen regelmäßig Aufgaben übernehmen, die Assistenzkräfte ausführen sollten. Die Wichtigkeit dieser Young Carer steigt stetig. Gleichzeitig ist die Verantwortung, die dadurch schon im jungen Alter auf diesen Personen lastet, oftmals zu viel. Überbeanspruchung schlägt sich dann in der generellen und schulischen Entwicklung nieder.

Familien haben regelmäßig Problem mit Anträgen, die zu bürokratisch und zu komplex sind. Zusätzlich sind Abläufe oft regional unterschiedlich. Ein Abrufen der bestehenden Unterstützungsleistungen wird so unnötig erschwert und beinahe verunmöglicht.

„Letztendlich hängen Kinderrechte oftmals vom Einkommen, dem Wohnort oder Durchhaltevermögen der Eltern ab. Das darf nicht sein. Hier zieht sich der Staat aus der Verantwortung“, so Steger.

Inklusion braucht Ausstattung und nicht Aussonderung

Während in politischen Debatten vermehrt auf Sonderschulen verwiesen wird, sieht die Behindertenanwältin die Ursache an andere Stelle:

„Eltern entscheiden sich nicht für Sonderschulen, weil sie das wollen, sondern weil im Regelschulsystem Unterstützung fehlt. Wenn Assistenz und Barrierefreiheit selbstverständlich wären, müssten Kinder nicht ausgegliedert werden.“

Forderungen zum Tag der Kinderrechte

  • Rechtsanspruch auf Assistenzleistungen und Therapien

  • Bundesweit einheitliche Standards und ein Ende der regionalen Unterschiede im Bildungsbereich

  • Barrierefreie Schulen und ausreichend qualifiziertes Personal

  • Unbürokratische Verfahren statt monatelanger Wartezeiten

„Kinder mit Behinderungen brauchen keine Sonderwege, sondern Unterstützung im Alltag. Was ihnen fehlt, ist nicht Willen oder Fähigkeit, sondern ein System, das sie ernst nimmt. Kinderrechte sind nur dann etwas wert, wenn sie gelebt werden“, betont Steger.

Rückfragen & Kontakt

Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen
Mag.a Christine Steger
Telefon: 06648482345
E-Mail: office@behindertenanwaltschaft.gv.at

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