• 18.11.2025, 15:45:03
  • /
  • OTS0162

Volksgruppen sollen durch breites Angebot im Parlament noch sichtbarer gemacht werden

Rosenkranz eröffnet Dialogplattform und kündigt für 2026 Ausstellung im Hohen Haus an

Wien (PK) - 

Bereits zum fünften Mal fand heute die "Dialogplattform autochthoner Volksgruppen" im Hohen Haus statt. Einen thematischen Schwerpunkt bildete dabei die Präsentation von Formaten und Aktivitäten der Parlamentsdirektion, die sich 2026 anlässlich des 50. Jahrestages des Beschlusses des Volksgruppengesetzes im Besucherzentrum des Hohen Hauses auf vielfältige Weise widerspiegeln sollen.

Ziel sei die "Sichtbarmachung autochthoner Volksgruppen im Parlament" im Rahmen eines eigenen Projekts, betonte Nationalratspräsident Walter Rosenkranz in seinen Eröffnungsworten. Eine zentrale Rolle spiele die Ausstellung "wir sind demokratie", die am 8. Jänner 2026 eröffnet werden soll, um die Volksgruppen noch stärker "vor den Vorhang" zu holen.

Durch die permanente Integration der Volksgruppen in die Angebote des Parlaments soll ein Beitrag zur demokratischen Bildung geleistet werden, erklärte der Kurator der Ausstellung Universitätsprofessor Jürgen Pirker. Es soll ein Verständnis dafür geschaffen werden, dass Volksgruppensprachen ein gesamtgesellschaftliches, ein österreichisches und europäisches Erbe darstellen.

Neben einem Einblick in das Volksgruppen-Projekt im Parlament und Vorträgen zu Bildungs- und Rechtsfragen bot das Format erneut den Bereichssprecherinnen und Bereichssprechern der Parlamentsfraktionen als auch den Vorsitzenden der Volksgruppenbeiräte im Bundeskanzleramt die Möglichkeit, sich auszutauschen. Zur Veranstaltung eingeladen haben das Nationalratspräsidium sowie der Präsident des Bundesrats.

Rosenkranz kündigt vielfältiges Angebot zum Thema Volksgruppen an

Die Dialogplattform werde heuer schon das zweite Mal abgehalten, denn "was gut ist, soll auch fortgeführt werden", unterstrich Nationalratspräsident Walter Rosenkranz. Das Parlament habe sich dem Thema schon seit einigen Jahren intensiver angenommen, was auch durch eine eigene Abteilung zum Ausdruck komme, die sich mit "großem Herzblut" um die Angelegenheiten der autochthonen Minderheiten kümmere. Da sich im nächsten Jahr der Beschluss des Volksgruppengesetzes zum 50. Mal jähre, werde es ein vielfältiges Angebot zu diesem Thema geben, das von der Ausstellung im Besucherzentrum bis zu diversen Führungsformaten reichen werde, konstatierte Rosenkranz.

Neue Parlamentsformate im Zeichen der Volksgruppen

Daran anschließend wies Parlamentsdirektor Harald Dossi darauf hin, dass im nächsten Jahr auch das 70-jährige Jubiläum der österreichischen Mitgliedschaft im Europarat gefeiert werde. Diese Institution habe mit der "Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen" sowie dem "Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten" zentrale rechtliche Standards in Bezug auf die Volksgruppen geschaffen. Generell habe sich die Parlamentsdirektion bewusst dazu entschieden, im Jahr 2026 einen nach vorne gerichteten Schwerpunkt zu setzen, der unter dem Motto "Zukunft und Jugend" stehe und der auch Bezug auf die Volksgruppen nehme.

Dabei stehe im Fokus, die Volksgruppen sowie die sie betreffenden Themen in die schon vorhandenen Angebote des Parlaments zu integrieren, erläuterte Universitätsprofessor Jürgen Pirker, der das Projekt wissenschaftlich begleitet. Im Sinne der Bewusstseinsbildung soll die Präsenz von Minderheiten und deren Sprachen als Bereicherung begriffen werden, nannte er als ein primäres Ziel. Den Besucherinnen und Besuchern soll überdies vermittelt werden, welche Volksgruppen in Österreich beheimatet sind, welche Rechte sie haben und wie sich der Minderheitenschutz seit 1848 entwickelt hat. Die Ausstellung soll aber auch Konflikte und Herausforderungen aufzeigen sowie authentische Einblicke in Lebenswirklichkeiten bieten, die von Statements von Expertinnen und Experten ergänzt werden.

Die konkreten Vorhaben und Umsetzungsschritte präsentierte Susanna Enk, die Leiterin des Dienstes "Demokratikum" der Parlamentsdirektion. Verbindendes Element sei das in sieben Sprachen gestaltete Sujet "wir sind demokratie", das sich an jeder Station der Ausstellung im Besucherzentrum wiederfinden werde. Neben zahlreichen Informationen wie zum Beispiel zu den Meilensteinen des Volksgruppenrechts soll vor allem auf niederschwellige Weise Neugierde und Interesse für das Thema geweckt werden. Spezielle Angebote für junge Menschen werde es daher auch in der Demokratiewerkstatt sowie online im Rahmen der Demokratiewebstatt geben. Enk verwies weiters auf eine geplante Publikation gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt sowie auf die Entwicklung von neuen Führungsformaten. Zudem seien im Rahmen der Reihe "Literatur am Ring" drei Veranstaltungen im nächsten Jahr geplant, die sich jeweils zwei Volksgruppen widmen werden.

Parlamentarischer Abstimmungsprozess zu Volksgruppenschule in Wien

NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard informierte über den aktuellen Diskussionsstand bezüglich einer Volksgruppenschule in Wien - neben der bereits bestehenden Komenský-Privatschule. Bereits im Vorjahr hätten die Beratungen innerhalb einer Arbeitsgruppe im Bildungsministerium ergeben, dass es auch abseits der traditionellen Siedlungsgebiete der Volksgruppen Angebote für eine durchgängige Sprachbildung - vom Kindergarten bis zur Matura - brauche. Bezüglich der konkreten Ausgestaltung hätten sich die Vertreterinnen und Vertreter der Volksgruppen klar für das privatschulgesetzliche Modell nach dem Vorbild der Komenský-Schule entschieden, so Bernhard.

Von Seiten der Regierungsfraktionen würden nun alle Möglichkeiten evaluiert, wobei es den Wunsch nach einem breiten Konsens mit der Opposition gebe, erklärte Bernhard. Außerdem sei man mit der Stadt Wien und dem Bildungsministerium im Austausch. Angestrebt werde, dass es bis nächsten Sommer, also im Jubiläumsjahr des Volksgruppengesetzes, "politische Klarheit" dazu geben solle. Die Vision sei, dass ab übernächstem Schuljahr Kinder der Volksgruppen in Wien in ein erstes Volksschuljahr starten können. Bernhard fügte hinzu, dass die budgetäre Situation jedoch "einschränkend" wirke.

Durchgängige Sprachbildung in der Volksgruppensprache als Ziel

Mit einem ähnlichen Thema befasste sich Sektionschefin Doris Wagner vom Bildungsministerium, die pädagogische Projekte zur Förderung der Volksgruppen vorstellte. Sie betonte in ihrem Vortrag, dass die Volksgruppen und ihre Sprachen ein wesentlicher Bestandteil des demokratischen Selbstverständnisses und des vielfältigen kulturellen Erbes in Österreich seien. Das Bildungsministerium investiere daher im Jahr 2025 rund 16,8 Mio. Ꞓ in Personal, Sachmittel und pädagogische Projekte zur Förderung der Volksgruppen. Trotz Budgetdrucks habe es in diesem Bereich keine Kürzungen gegeben, hob Wagner hervor. Als Beispiele für Fortschritte führte sie die Etablierung neuer Lehrpläne für alle Schultypen des Minderheitenschulwesens in Kärnten und im Burgenland, die Erstellung von Kompetenzrastern sowie die Übersetzung des Schuleingangsscreenings in die Sprachen Burgenlandkroatisch, Slowenisch und Ungarisch an.

Eine im Vorjahr eingerichtete Arbeitsgruppe beschäftige sich mit Maßnahmen zur Realisierung einer "durchgängigen Sprachbildung in der Volksgruppensprache" vom Kindergarten bis zur Matura, berichtete Wagner. Sie verwies auf einen ersten Schulversuch an der Mittelschule Bleiburg, wo der Start einer zweisprachigen Klasse Deutsch/Slowenisch geplant sei. Wagner berichtete zudem über das Pilotprojekt einer "Alpen-Adria-Klasse" am BG/BRG St. Martin Villach. In dieser sei Slowenisch als verbindliche Übung und Arbeitssprache in ausgewählten Fächern vorgesehen. Damit handle es sich um die erste Schule mit Slowenisch-Angebot in der Bildungsregion West außerhalb des Geltungsbereichs des Minderheitenschulgesetzes.

Gesetzlicher Rahmen als "Unterkante"

In einem Impulsvortrag zum Volksgruppengesetz ging Universitätsprofessor und Verfassungsrichter Georg Lienbacher auf den rechtlichen Rahmen ein. Dieser gebe lediglich, "die Unterkante" dessen vor, was der Staat zur Verfügung zu stellen habe, betonte er und verwies auf die zahlreichen Projekte zur Förderung der Volksgruppen, die über diese Unterkante hinausgehen würden.

In seinem Vortrag gab er einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, beginnend bei den im Staatsvertrag enthaltenen Bestimmungen. Er erläuterte das Volksgruppengesetz, dessen 50-jähriges Jubiläum im kommenden Jahr gefeiert werde und befasste sich mit den maßgeblichen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs im Zusammenhang mit dem Minderheitenschutz.

Abschließend thematisierte er Forderungen der Volksgruppen und kritische Fragestellungen aus der Wissenschaft. Unter anderem machte er darauf aufmerksam, dass im Programm der letzten Bundesregierung eine Neukodifikation der verfassungsrechtlichen Bestimmungen zu Volksgruppen in Aussicht genommen worden war, zu der es nicht gekommen sei. Zudem führte er aus, dass von Seiten der Wissenschaft immer öfter die Frage gestellt werde, wie mit "neuen Minderheiten" umzugehen sei. (Fortsetzung Dialogplattform) sue/bea

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.


Rückfragen & Kontakt

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
www.parlament.gv.at/Parlamentskorrespondenz

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

Bei Facebook teilen
Bei X teilen
Bei LinkedIn teilen
Bei Xing teilen
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel