- 18.11.2025, 15:35:33
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- OTS0159
7. Wiener Gemeinderat (5)
Förderung an den Verein COURAGE - Österreichisches Institut für Beziehungs- und Sexualforschung
GRin Mag. Caroline Hungerländer, MSc (ÖVP) bezichtigte den zu fördernden Verein COURAGE des Aktivismus. Sie sei der Frage nachgegangen, ob es unterschiedliche Arten von Geschlechtern gebe, und zitierte einen Professor der Universität Wien mit der Aussage, es gebe nur zwei Geschlechter und verschiedene Ausprägungen der Merkmale dieser beiden Geschlechter. Es werde oft argumentiert, so Hungerländer, dass nach einem Wechsel des Geschlechts die psychische Gesundheit junger Erwachsener gestärkt werde. Dies stellte sie in Abrede. Die gesteigerte Suizidgefahr durch Transidentität sei nicht gesichert, meinte Hungerländer. Sie zitierte aus einer englischen Studie, wonach es Personen zwei Jahre nach der Geschlechtsumwandlung nicht besser und in vielen Fällen sogar schlechter gegangen sei als vorher. Hungerländer griff als nächsten Punkt den Fall „Waltraud“ auf. Ein 60-jähriger Deutscher hatte vor dem Antritt einer dreimonatigen Haftstrafe seinen Geschlechtseintrag in den Ausweispapieren ändern lassen wollen. Der Fall zeige, wie absurd dieses System sei, da die betreffende Person vom Verein COURAGE beraten worden sei und dann durchgespielt habe, was rechtlich möglich wäre, so Hungerländer. Die Abgeordnete wies weiters darauf hin, dass der Verein nicht fair und objektiv über die Gefahren und die Irreversibilität von Hormonbehandlungen und Pubertätsblockern aufkläre. Sie halte das für gefährlich und verantwortungslos jungen Menschen gegenüber. Sie appellierte zum Schluss an die Abgeordneten, das Thema neu aufzurollen, indem Evidenzen besser wahrgenommen und auf kritische Expertinnen und Experten gehört werden sollte.
GR Leo Lugner (FPÖ) nahm wieder auf den Fall „Waltraud“ Bezug und merkte an, dass die betreffende Person vom Verein COURAGE beraten worden sei. Man hätte ihr Psychologen zugeteilt, die ein Gutachten angefertigt hätten. Er bezeichnete dieses als Scheingutachten und als Betrug. Dann stellte Lugner die Frage, wie eine Frau aussehen müsse, da Frau „Waltraud“ nicht wie eine Frau aussähe. Es gäbe dafür keine Vorgaben, so Lugner. Er appellierte an die Vernunft der Anwesenden, die Förderung für einen Verein abzulehnen, der „nur Unsinn und unproduktiven Unfug veranstaltet“. Der ÖVP erteilte Lugner abschließend den Rat, auch innerparteilich über dieses Thema zu sprechen, da sie mit dem Nationalratsabgeordneten Nico Marchetti, offenbar selbst einen “Trans-Aktivisten” in ihrer Partei habe.
GRin Mag. (FH) Susanne Haase (SPÖ) sagte: „Wien ist nicht so, wie es die Vorredner*innen gerade gezeigt haben“. Sie wunderte sich, wie viel Unverständnis und Falschinformationen über eine Minderheit verbreitet würden, die gerade einmal 0,5 bis 1% der Bevölkerung ausmache. Die Stimmungsmache gegen eine so kleine Gruppe sei ein Angriff auf queeres Leben, auf Frauenrechte und auf die Rechte von Minderheiten und ein „rechter Kulturkampf“, so Haase. Das sei gefährlich für die Demokratie. Haase stellte klar: „Es gibt mehr als zwei Geschlechter“. Dies habe der Verfassungsgerichtshof rechtlich verankert. Wer das leugne, negiere eine klare Rechtsprechung. Transsein sei keine Krankheit, sondern gelte als Variante der menschlichen Identität. Diskriminierung sei es, die Betroffene krank mache, nicht die Identität, so Haase. Weiters stellte die Abgeordnete fest, dass der Weg in eine anderes Geschlecht langer und mühsamer sei und zahlreicher Diagnosen bedürfe. An die Abgeordnete Hungerländer gewandt, betonte Haase, dass es dazu Organisationen wie des Vereins COURAGE bedürfe, die Unterstützung, Beratung und Begleitung anböten und Personen in ihrer Identität wahrnehmen würden. Zum Thema Konversionstherapien hob Haase hervor, dass dies keine Therapien sein, sondern Gewalt. Menschen würden dadurch irreversible Schäden erleiden. Sie drängte darauf, dass Konversionstherapien endlich auch in Österreich verboten würden. „Niemand darf gezwungen werden, sich selbst zu verleugnen“, so die Abgeordnete. Weiters wies Haase darauf hin, dass Transsein eine Realität sei, die es seit Jahrtausenden in allen Kulturen gebe. Den Fall „Waltraud“ stellte Haase als Fall von versuchtem Sozialbetrug dar, der zeige, dass das System funktioniere und es rechtliche Konsequenzen gebe. Die betroffene Person habe nie eine Bestätigung vom Verein COURAGE erhalten, so Haase. Sie nahm weiters Bezug auf zwei Studien zur Lebenssituation von LBTQ-Personen sowie zum Diversity Management in Betrieben. Mit der Aussage „Wir, die queere Community, fordern Rechte, Würde, Sichtbarkeit und eine Zukunft ohne Angst. Transrechte sind Menschenrechte“, schloss Haase ihren Redebeitrag.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) widersprach der Abgeordneten Hungerländer und meinte, dass Vereine wie COURAGE sehr wohl ausführliche Beratung zu den Auswirkungen von Hormonbehandlungen auf die körperliche Integrität anböten. Sie erzählte von ihren Erfahrungen mit Menschen, die sich vom Verein gut beraten fühlten. Kickert warf Hungerländer vor, das Angebot, den Verein zu besuchen und sich selbst ein Bild zu machen, nicht angenommen zu haben.
GR Thomas Weber (NEOS) betonte die Wichtigkeit von Beratungen in diesem Bereich und nennt den Verein COURAGE als Ort, an dem Fakten, Expertise und Beratung stattfänden. Allein im Jahr 2024 habe es 3.800 Beratungen geben, fast die Hälfte davon habe Trans-Menschen betroffen. Es gäbe Wartelisten bis zu vier Monaten für einen Termin im Verein. Die Qualität der Beratungen sei sehr hoch, so Weber. Er stellte fest, dass führende Fachgremien betonen würden, dass Jugendliche Respekt, Schutz und fachliche Begleitung brauchen. Die Evidenz zeige, dass nicht pathologisierende Beratung zu einer Verbesserung des psychischen Wohlbefindens beitrage. Der ÖVP warf Weber vor, in dieser Debatte eine klerikale Linie zu fahren, wissenschaftliche Evidenz zu ignorieren und queere Themen „auszuschlachten“, anstatt sich damit auseinanderzusetzen. Die Arbeit von COURAGE verdiene Unterstützung statt politischer Kampagnisierung. Die Darstellung der FPÖ und gewisser Medien zum Fall „Waltraud“ sei falsch. Die FPÖ nutze einen mutmaßlichen Missbrauchsfall, um eine ganze Gruppe zu diffamieren und Stimmung gegen eine Minderheit zu machen, so Weber.
GRin Caroline Hungerländer(ÖVP) meldete sich noch einmal zu Wort und betonte, es gäbe beim Thema Konversionstherapie und affirmative Beratung auch Experten, die anderer Meinung seien. Sie stellte klar, dass sie sich gegen die Unterstellung einer rechten, antidemokratischen Rhetorik wehre. Mit dem Satz „Frauenrechte sind für uns Rechte biologischer Frauen“ schloss Hungerländer ihren zweiten Redebeitrag.
GR Jing Hu, BA MPharm (NEOS) meldete sich für eine tatsächliche Berichtigung zu Wort. Sie führte an, dass die Homepage des Vereins COURAGE sehr wohl zeige, wie schwierig Geschlechtsumwandlungen seien.
GR Leo Lugner (FPÖ) stellte gegenüber GR Weber klar, dass nicht die FPÖ eine Kampagne gegen eine kleine Gruppe fahre, sondern die Stadt Wien führe seit längerer Zeit eine großangelegte Transgender-Kampagne. Er halte es für problematisch, wenn Männer als Frauen verkleidet Frauenschutz-Einrichtungen aufsuchen würden, so Lugner.
Abstimmung: Die Förderung an den Verein COURAGE wurde mehrstimmig beschlossen. Die eingebrachten Anträge der Opposition erhielten nicht die nötige Mehrheit. (Forts.) sir
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